Noch gibt es keinen Corona-Impfstoff für Kinder und Jugendliche, aber sollte es soweit kommen, steht die Frage im Raum: Was passiert, wenn Eltern sich nicht einig sind, ob das eigene Kind eine Corona-Impfung erhalten soll? Ein aktuelles Urteil zur Impfentscheidung könnte richtungsweisend sein.
Eltern, die das gemeinsame Sorgerecht haben, entscheiden grundsätzlich gemeinsam über wichtige Themen wie Schutzimpfungen oder andere ärztliche Behandlungen. In den meisten Fällen sind Eltern sich einig oder können sich zum Wohle des Kindes einigen.
Schutzimpfungen wie die MMR-Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln und Impfungen gegen Hepatitis B und Tetanus werden von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlen, weshalb viele Eltern ihre Kinder in frühesten Jahren gegen solche Erkrankungen impfen lassen. Grundsätzlich treffen sorgeberechtigte Eltern die Impfentscheidung gemeinsam, zur Impfung ist die Einverständniserklärung beider Elternteile notwendig.
Was aber passiert, wenn Eltern – zusammenlebend oder getrenntlebend, aber gemeinsam sorgeberechtigt – sich nicht einig sind? Können sie sich nicht einigen, haben beide Elternteile gemäß § 1628 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) das Recht, beim zuständigen Familiengericht einen Antrag darauf zu stellen, für die jeweilige Entscheidung die alleinige Entscheidungsbefugnis, ggf. mit Beschränkungen oder mit Auflagen, zu erhalten.
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hat in Bezug auf die Frage der Schutzimpfung eine detaillierte Begründung abgegeben, wie in solchen Fällen zu entscheiden ist (OLG Frankfurt, 08.03.2021; Az.: 6 UF 3/21).
In dem konkreten Fall konnten sich die Mutter und der Vater eines dreijährigen Kindes nicht darauf einigen, ob das Kind die gängigen Schutzimpfungen, die auch von der STIKO empfohlen werden, erhält. Die Mutter befürwortete das, der Vater verweigerte die Zustimmung zur Impfung.
Die Mutter beantragte vor dem Amtsgericht als Familiengericht die Übertragung der alleinigen Entscheidungsbefugnis, um in diesem konkreten Fall eine Entscheidung zu treffen. Dem Antrag wurde stattgegeben.
Daraufhin legte der Vater vor dem OLG Frankfurt Beschwerde ein. Er forderte wiederum die alleinige Entscheidungsbefugnis, außerdem forderte er vom OLG, ihm zu erklären, inwiefern sein Kind „impffähig“ sei. Das OLG bestätigte die Entscheidung des Familiengerichts und sprach der Mutter die Entscheidungsbefugnis im Hinblick auf die Impfung des Kindes zu.
Gemäß dem Urteil habe die Mutter nämlich das im Hinblick auf das Kindeswohl bessere Konzept. „Bei der Abwägung zwischen Risiken im Fall einer Impfung und Risiken bei unterbleibender Impfung könne die Entscheidung auf den Elternteil übertragen werden, der den fachlichen Empfehlungen der STIKO folge“, heißt es im Urteil, „diesen Empfehlungen komme die Funktion eines antizipierten Sachverständigengutachtens zu.“ Hinsichtlich der zweiten Forderung des Vaters, die Impffähigkeit seines Kindes zu beurteilen, verwies das Gericht darauf, dass dies die Aufgabe des jeweiligen Arztes sei.
Interessant wird es, wenn die Corona-Impfung für Kinder diskutiert wird. Es wird höchstwahrscheinlich Elternteile geben, die eine solche Impfung gegen Corona für sich und ihre Kinder nicht wünschen. Es wird bereits jetzt davon ausgegangen, dass es 2021 mehrerer solcher Fälle vor Gericht geben wird. Wie werden die Gerichte urteilen? Spricht sich die STIKO für eine Corona-Schutzimpfung für Kinder aus, wird das Gericht – gemäß der Begründung des aktuellen Impfurteils – die Entscheidungsbefugnis dem Elternteil zusprechen, der sich für die Impfung ausspricht.
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