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VW Abgasskandal: Urteil vom OLG Oldenburg stärkt massiv Verbraucherrechte

Das neue verbraucherfreundliche Urteile vom Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg bringt eine längst erwartete Wendung in den Dieselskandal. Es entscheidet, dass VW auch dann Schadensersatz leisten muss, wenn der Käufer beim Kauf von den Manipulationsvorwürfen Kenntnis hatte. Zusätzlich gingen Autohersteller und auch einige Gerichte bisher davon aus, die Ansprüche der Dieselhalter seien drei Jahre nach Kenntnis der Manipulation verjährt. Das wäre Ende 2018, bzw. spätestens Ende 2019 der Fall gewesen.

OLG Oldenburg zur Verjährung im Abgasskandal

Das OLG Oldenburg entscheidet als erstes Gericht, dass selbst, wenn der klagende Käufer über den Diesel-Abgasskandal bei VW informiert gewesen sein sollte, sich die VW AG nicht aus der Verantwortung ziehen kann. Der VW Konzern wurde auf Grundlage des Urteile auf Rückzahlung des Kaufpreises und der Zinsen verurteilt. Die Nutzungsentschädigung wurde davon abgezogen. Das mögliche Wissen des Verbrauchers zum Kaufzeitpunkt um den Dieselskandal hat entgegen der bisherigen Rechtsprechung, nicht zur Ablehnung der Klage geführt.

Mit diesem bahnbrechenden Urteil, könnte auch Schwung in die derzeitig geführte Verjährungsdebatte kommen. Über den Beginn der Verjährung und die Verjährungsfrist wird letztendlich erst der BGH entscheiden. Denkbar ist das die dreijährige, reguläre Verjährungsfrist nicht ausschlaggebend ist. Vielmehr könnten die Ansprüche auf Geldzahlungen gemäß § 852 BGB erst nach zehn Jahren verjähren. Wer sittenwidrig die Verbraucher austrickst, darf sich keine Hoffnungen auf die übliche schnelle Verjährung machen.

Worum geht es in dem Urteil vom 16. Januar 2020?

Entgegen der bisherigen Rechtsprechungen im Dieselskandal hat das OLG Oldenburg am 16. Januar 2020 ein Sensationsurteil gefällt (14 U 166/19). Damit werden die Rechte betroffener Dieselbesitzer direkt in mehrfacher Hinsicht gestärkt. Die Rechtsprechung war bisher nicht einig über den Zeitpunkt des Verjährungseintritts und die Länge der Verjährung. Viele Gerichte gingen von der regulären dreijährigen Verjährung aus. Das OLG Oldenburg ist das erste Gericht, wonach das mögliche Wissen des Verbrauchers zum Kaufzeitpunkt von dem Dieselskandal nicht zur Ablehnung der Klage führt.

Zusätzlich ist das OLG Oldenburg das erste Gericht, was nicht als Anspruchsvoraussetzung verlangt, dass der Geschädigte beim Kauf nichts vom Dieselskandal wusste. Viele Gerichte urteilen bisher so, dass die Ansprüche Geschädigter als unbegründet abgewiesen wurden, weil die Geschädigten zum Kauf vom Dieselskandal wussten.

Letztendlich muss der BGH verbindlich entscheiden, welche Verjährungsregelung ausschlaggebend ist und ob es unerheblich ist, wenn der Geschädigte um den Dieselskandal wusste.

Im vorliegenden Fall hatte der betroffene Kläger fünf Monate nach Bekanntwerden des VW Abgasskandals einen VW Caddy gekauft. Durch die mit dem Abgasskandal notwendig gewordenen Updates wurde auch bei dem Kläger die Software des Autos aktualisiert. Der VW Konzern hatte sich gegen die im Dezember 2018 eingereichte Klage gewehrt, indem er sich auf die Kenntnis des Käufers verwies: Immerhin hatte der Autobauer selbst im September 2015 die Manipulationen öffentlich gestanden.

Dem OLG Oldenburg ist das egal: Es sieht in der Kenntnis über die Manipulationen bei der zivilrechtlichen Haftung kein Hindernis. Nach wie vor sind die Manipulationen an den Dieselfahrzeugen als sittenwidrige Handlung nach § 826 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu bewerten – der Umstand, dass der Täter sein Handeln öffentlich macht, darf nach Ansicht der Oldenburger Richter gerade nicht dazu führen, dass dieser im Ergebnis straflos ausgeht und die Geschädigten auf dem Schaden "sitzen" bleiben. Konsequenterweise fiel dann auch das Urteil des OLG Oldenburg aus: Es verurteilte den VW-Konzern auf Rückzahlung des Kaufpreises – abzüglich der Nutzungsentschädigung – an den Dieselkäufer.

Welche Vorteile bringt das Urteil tausend anderen Klägern?

Das Urteil reiht sich in die Diskussion um die Frage nach der möglichen Verjährung von Ansprüchen ein – auch hier ist noch offen, wann die Verjährung im Dieselskandal beginnt und wann sie endet. Immerhin unterliegen Ansprüche aus unerlaubter Handlung nach § 823 BGB sowie Ansprüche aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB der Regelverjährung von drei Jahren – das wird explizit durch § 195 BGB bestimmt.

Insbesondere die Verjährungsfrage ist momentan von großer Bedeutung, denn: Sollte tatsächlich die VW-Veröffentlichung am 22.09.2015 allein ausschlaggebend sein, dann wäre tatsächlich das Jahresende 2018 das Ende der Verjährungsfrist gewesen. Das ist auch Ansicht vieler Gerichte – so zum Beispiel auch die des OLG München. Im Gegensatz zum OLG Oldenburg hatte man sich hier auf ganz im Sinne von VW entschieden: Alle Ansprüche seien zum Jahresende 2018 verjährt.

So uneinheitlich die Urteile auch ausfallen: Für rund 45.000 weitere Kläger, die erst im Laufe des Jahres 2019 Klage gegen den Autobauer eingereicht hatten, bietet die aktuelle Entscheidung aus Oldenburg Anlass zur Hoffnung – ihre Ansprüche sind nämlich nur dann durchsetzbar, wenn eine Verjährung zum Jahresende 2018 gerade nicht einschlägig ist.

Warum könnten Dieselfahrer von dem Urteil profitieren?

Zur finalen Klärung ist jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe gefragt. Er wird voraussichtlich am 5. Mai grundsätzliche Fragen beantworten und damit auch zur Klärung bei der Verjährung im Dieselskandal beitragen. Folgt der BGH der Ansicht des OLG Oldenburg, reicht die Kenntnis von Schaden und Schädiger nicht aus – hierzu bedürfe es vielmehr der Kenntnis von weiteren Tatsachen. Insbesondere im Dieselskandal war das Gesamtausmaß der Manipulationen erst im Laufe des Jahres 2016 deutlich geworden – die betroffenen Verbraucher wussten damit auch erst zu diesem Zeitpunkt, dass ihnen Schadensersatzansprüche aufgrund der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung durch den VW Konzern zustehen.

Was ändert sich jetzt durch das Urteil?

Das Urteil könnte richtungsweisend sein – immerhin hat das OLG Oldenburg die Revision zum BGH zugelassen, um das Thema final abzuschließen.

Als betroffener Dieselfahrer sollten Sie eine juristische Beratung in Erwägung ziehen – das gilt auch für allgemeine Fragen zum Dieselskandal. Wir helfen Ihnen im Rahmen einer Erstberatung. Dabei erhalten Ratsuchende bei KLUGO alle notwendigen Informationen und individuelle Tipps für den individuellen Beratungsbedarf. Treten Sie mit uns in Kontakt!

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