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gefälschter Impfnachweis
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Impfpass fälschen: Welche Strafe droht?

Das gelbe Impfheft ist zu einer goldenen Eintrittskarte geworden: Wer seine Doppelimpfung gegen das Corona-Virus nachweisen kann, hat viele Privilegien, die Ungeimpfte nicht haben. Aus dieser Situation hat sich ein Schwarzmarkt für Impfnachweise entwickelt, der kaum zu überblicken ist. Das Schwierige: Die Strafe für das Fälschen von Impfpässen ist nicht so klar definiert, wie man denken könnte.

Das Wichtigste in Kürze

  • Aktuell können gefälschte Impfpässe als Urkundenfälschung oder als Fälschen eines Gesundheitszeugnisses betrachtet werden.
  • Das Vorzeigen eines gefälschten Impfpasses steht nur unter Strafe, wenn er in einer Behörde oder Versicherung vorgezeigt wird.
  • Die neue Regierung möchte das Infektionsschutzgesetz anpassen, um die Strafbarkeitslücke zu schließen.

Zwei Rechtsgrundlagen: Strafen für gefälschte Impfpässe

Der Impfausweis ist ein Gesundheitszeugnis, das etwas über den gesundheitlichen Zustand seines Besitzers aussagt. Mit dem Fälschen eines solches Zeugnisses wird also auch über den Gesundheitszustand der Person gelogen, fälscht man die Unterschrift eines Arztes, handelt es sich um Urkundenfälschung. Welche Strafe auf das Fälschen des Impfpasses steht – und ob das Nutzen eines solchen Ausweises überhaupt strafbar ist, bestimmt jedoch der jeweilige Umstand.

Wann handelt es sich beim falschen Impfpass um Urkundenfälschung?

Eine Urkunde wie etwa ein Testament, ein Vertrag oder eben der Impfpass ist dann gefälscht, wenn die Unterschrift, der Stempel oder das Siegel nicht von der Person stammt, die als Aussteller genannt wurde. Wird nun ein Impfpass gefälscht und die Unterschrift eines echten Arztes gefälscht oder ein Arzt frei erfunden, handelt es sich gem. § 267 StGB um Urkundenfälschung.

Wann handelt sich um die Fälschung eines Gesundheitszeugnisses?

Stellt ein Arzt einen Impfnachweis aus, ohne die Person tatsächlich geimpft zu haben, handelt es sich hingegen gem. § 277 StGB um die Fälschung eines Gesundheitszeugnisses. Nutzt diese Person den gefälschten Impfausweis gegenüber Behörden oder Versicherungen, macht auch sie sich strafbar.

Auf die Fälschung von Gesundheitszeugnissen steht eine Geld- oder Freiheitsstrafe von maximal einem Jahr. Das Problem: Aktuell gibt es eine Strafbarkeitslücke. Wer den gefälschten Impfausweis beispielsweise in einem privatwirtschaftlichen Betrieb wie etwa einer Apotheke vorlegt, macht sich nach § 277 StGB nicht strafbar.

Gerichte bestätigen Strafbarkeitslücke für gefälschte Impfpässe?

So entschied das Landgericht Osnabrück in einem aktuellen Fall (Beschl. v. 26.10.2021). Der Beschuldigte zeigte in einer Apotheke in Nordhorn einen gefälschten Ausweis vor, um ein digitales Impfzertifikat zu erhalten. Da § 277 StGB nur für das Vorzeigen bei Behörden und Versicherungen gilt, greifen diese Bestimmungen nicht.

Zudem greift auch § 75a Abs. 2 Nr. 1 Infektionsschutzgesetz nicht, nach dem die unrichtige Dokumentation zur Täuschung im Rechtsverkehr strafbar ist. Der Grund: Dieser Straftatbestand kann nur durch eine zur Durchführung der Schutzimpfung berechtigten Person begangen werden, also zum Beispiel durch einen Arzt.

Reaktion: Anpassung des Infektionsschutzgesetzes

Die Problematik dieser Strafbarkeitslücke ist nun auch Thema in den Gesprächen um die geplanten Änderungen des Gesetzentwurfs zum Infektionsschutzgesetz gewesen (BT-Drs. 20/15). SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die FDP möchten die Lücke mit einem neuen § 275 Abs. 1a StGB schließen. Demnach soll die „Vorbereitung der Herstellung von unrichtigen Impfausweisen“ unter Strafe gesetzt werden:

„Wer die Herstellung eines unrichtigen Impfausweises vorbereitet, indem er in einem Blankett-Impfausweis eine nicht durchgeführte Schutzimpfung dokumentiert oder einen auf derartige Weise ergänzten Blankett-Impfausweis sich oder einem anderen verschafft, feilhält, verwahrt, einem anderen überlässt oder einzuführen oder auszuführen unternimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Zudem werden die §§ 277 bis 279 StGB neu formuliert. Somit werden die Strafen für das Fälschen von Impfpässen in Zukunft schärfer ausfallen. Die Änderungen, die Teil des neuen Infektionsschutzgesetzes sind, sind am 24.11.2021 in Kraft getreten. Der neu formulierte § 277 StGB stellt künftig die Vorlage eines gefälschten Impfpasses immer unter Strafe, unabhängig davon, gegenüber welcher Stelle er vorgezeigt wird. So macht sich beispielsweise bereits diejenige Person strafbar, die beim Besuch des Weihnachtsmarktes einen gefälschten Impfnachweis vorlegt. Als Strafe kommt eine Geldstrafe oder bis zu ein Jahr Gefängnis in Betracht. Auch Ärzte oder Apotheker, die gefälschte Gesundheitszeugnisse ausstellen, müssen nach dem neu gefassten § 278 StGB mit einer Strafe von bis zu zwei Jahren Haft rechnen.

Update: Erste Freiheitsstrafe nach Gesetzesänderung

Nach der Gesetzesänderung vom 24.11.2021 ist die erste Freiheitsstrafe vom Amtsgericht Landstuhl (AG Landstuhl, Urt. v. 25.01.2022 – 2 Cs 4106 Js) wegen Urkundenfälschung verhängt worden. Hintergrund des Urteils: In der Absicht einen digitalen Impfausweis zu erhalten, betrat der Angeklagte eine Apotheke. Dort legte er seinen gefälschten Impfpass vor, was bei Überprüfung der abgelaufenen Chargennummern auffiel. Indem der Angeklagte seinen gefälschten Impfpass vorlegte, gebrauchte er im Sinne des § 267 Abs. 1 StGB eine unechte Urkunde, so dass er den Tatbestand der Urkundenfälschung nach § 267 StGB erfüllt hat. Er wurde zu einer Freiheitsstrafe zu drei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.

Keine Verletzung der Verschwiegenheit von Apothekern

Apotheker oder deren Personal machen sich nicht wegen einer Verschwiegenheitsverletzung gem. § 203 StGB strafbar, wenn sie bei Verdacht auf gefälschte Impfausweise die Strafverfolgungsbehörden kontaktieren. Dieses Vorgehen ist durch § 34 StGB gerechtfertigt, wenn Anhaltspunkte für ein strafrechtlich relevantes Verhalten vorliegen.

Was das Urteil für die Zukunft bedeutet

Das Urteil zeigt, dass das Gebrauchen von gefälschten Impfnachweisen effektiv verfolgt, zur Anklage und auch zu Freiheitsstrafen führen kann. Das hohe Strafmaß in dem geschilderten Fall soll generalpräventiv und damit abschreckend wirken.

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