Heutzutage lässt sich beinahe alles online bestellen und nach Hause liefern – von Sofas über Kühlschränke, Matratzen und Fahrradträger bis hin zu Surfbrettern und Rollrasen. Angekommen und ausgepackt, offenbaren sich jedoch nicht selten Mängel, die eine Reklamation rechtfertigen. Bei der Rückgabe von Waren muss der Käufer einiges beachten. Das im Mai 2019 gefällte Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) klärt darüber auf, welche Maßnahmen zulässig sind.
Die Rückgabe beschädigter Waren erweist sich für den Verbraucher meist als kompliziertes Unterfangen. Vor allem bei sperriger Ware bedeutet eine Reklamation Logistikprobleme. Doch muss der Verbraucher die Pakete mit mangelhafter Ware überhaupt zurückschicken und ist es rechtens, dass er die Versandkosten hierfür selbst tragen muss? Dies fragte sich im vergangenen Jahr auch der Käufer eines telefonisch bestellten Partyzelts, das mit Mängeln geliefert wurde. Statt den fünf mal sechs Meter großen Artikel zurückzuschicken oder dies anzubieten, sprach er eine Mängelrüge aus und forderte, die Erstellung des vertragsgemäßen Zustands direkt vor Ort, also an seinem Wohnort, vornehmen zu lassen.
Der Warenanbieter bestritt daraufhin die Mängel. Er forderte den Käufer weder zur Rücksendung der Ware auf, noch bot er an, einen Transportkostenvorschuss zu zahlen. Der Käufer erklärte in der Folge, dass er vom Kaufvertrag zurücktrete. Er verlangte im Gegenzug der Warenrückgabe die Erstattung des Kaufpreises. Nachdem das Unternehmen hierauf nicht reagierte, reichte er Klage ein. Das Amtsgericht befasste sich in erster Instanz mit dem Fall und erklärte, dass der Verbraucher Pakete mit mangelhafter Ware grundsätzlich an den Geschäftssitz des Anbieters zurückschicken müsse. Dort sei dann der vertragsgemäße Zustand der Ware herzustellen.
Das Gericht berief sich hierbei auf § 269 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Demnach ist die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands an dem Ort vorzunehmen, an dem sich die gewerbliche Niederlassung bzw. der Wohnsitz des Schuldners befindet – es sei denn, der Kaufvertrag beinhaltet hiervon abweichende Regelungen. Dem war im vorliegenden Fall jedoch nicht so. Auch andere Abreden wurden nicht getroffen. Folglich hielt das Amtsgericht fest, dass der Verbraucher verpflichtet sei, die im Fernabsatz erworbene Ware zurückzuschicken, um dem Verkäufer die Möglichkeit zu geben, Nachbesserungen vorzunehmen oder für Ersatz zu sorgen. Geschehe dies nicht innerhalb einer angemessenen Frist, könne der Käufer vom Vertrag zurücktreten.
Zweifel bestanden seitens des Amtsgerichts allerdings darin, ob sich die vorgenannte Auslegung von § 269 BGB mit Art. 3 Abs. 3 der RiLi 1999/44/EG vereinbaren lässt. Letzterer nennt klare Vorschriften hinsichtlich des Gebrauchsgüterkaufs, dessen Ablauf und bestehender Garantien zum Verbraucherschutz, weshalb er von Bedeutung für die Urteilsfindung war. Das Amtsgericht setzte das Verfahren also vorerst aus und legte dem Europäischen Gerichtshof fallbezogene Fragen zur Vorabentscheidung vor.
Dass Art. 3 Abs. 3 der RiLi 1999/44/EG unentgeltliche Nachbesserungen und Ersatzlieferungen vorsieht, die keine Unannehmlichkeiten für den Verbraucher bedeuten dürfen, widerspricht der verbraucherseitigen, auf § 269 BGB basierenden Verpflichtung, den Rücktransport sperriger Waren zu organisieren, so der EuGH. Vor allem die nicht unerheblichen Kosten, die hierbei entstehen, seien eine unzumutbare Belastung, die der Geltendmachung der verbraucherseitigen Ansprüche im Weg stünden. Der EuGH urteilte folglich, dass Käufer, die sperrige Pakete zurückschicken, nicht für die Transportkosten aufkommen müssen.
Liegt der Ware kein Retourenaufkleber bei, muss der Verbraucher die Transportkosten zunächst bezahlen und somit in Vorleistung gehen. Die aufgewandten Kosten können im Anschluss zurückverlangt werden. Es ist grundsätzlich jedoch nicht möglich, Vorschusszahlungen vom Verkäufer zu verlangen. Ergeben sich im Einzelfall aber dermaßen hohe Kosten für den Rücktransport, dass der Verbraucher diese nicht ohne Weiteres stemmen kann, so besteht unter Umständen eine Vorschusspflicht. Hierüber muss im Zweifelsfall aber ein nationales Gericht entscheiden.
Vom Kaufvertrag zurücktreten kann der Verbraucher nur, wenn Abhilfemaßnahmen, also eine unentgeltliche Nachbesserung der Ware oder eine – ebenfalls unentgeltliche – Ersatzlieferung, ausbleiben. Auch wenn diese unverhältnismäßig lange auf sich warten lassen oder bedingen, dass der Verbraucher kaum tragbare Unannehmlichkeiten in Kauf nimmt, ist eine Vertragsauflösung rechtens. Dieser Weg stellt allerdings stets die Ultima Ratio, das letzte geeignete Mittel, dar.
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