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Stellenabbau bei H&M
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Stellenabbau bei H&M durch Umsatzeinbruch in der Coronakrise

Bereits 2020 begann das schwedische Modeunternehmen Hennes & Mauritz in Deutschland an einem Freiwilligenprogramm zu arbeiten, mit dem Stellen abgebaut werden sollen. Es richtet sich vor allem an Arbeitnehmer, die nicht zu allen Öffnungszeiten arbeiten können. Der Druck, das Programm anzunehmen, scheint bei den Arbeitnehmern hoch zu sein. Von Gewerkschaften und Arbeitsrechtlern erhält das Unternehmen deshalb viel Kritik.

Stellenabbau bei H&M als Folge der Corona-Maßnahmen

Im Lockdown darf auch H&M seine Geschäfte in Deutschland nicht öffnen. So konnte das Unternehmen in der umsatzstarken Weihnachtszeit weniger Gewinne machen. Der Nettoumsatz der H&M-Gruppe sank weltweit im Geschäftsjahr von Dezember 2019 bis November 2020 um 18 Prozent auf rund 187 Milliarden schwedische Kronen (etwa 18,3 Milliarden Euro). Diesem Umsatzeinbruch begegnet H&M mit Stellenabbau. Insgesamt sollen in Deutschland 800 Stellen gestrichen werden, was rund fünf Prozent aller Beschäftigten in Deutschland ausmacht. Große Kritik gibt es vor allem für die Herangehensweise des Unternehmens.

Wer wird mit dem Freiwilligenprogramm von H&M angesprochen?

Bereits im vergangenen Jahr wurde dem Gesamtbetriebsrat ein Freiwilligenprogramm vorgelegt, mit dessen Hilfe der Stellenabbau bei H&M vorangetrieben werden soll. Was heraussticht, sind die speziellen Personengruppen, die mit dem Programm angesprochen werden. Nachdem es zunächst hieß, dass junge Mütter durch das Freiwilligenprogramm angesprochen werden, was H&M dementierte, wurde klar: Die Zielgruppe sind tatsächlich vor allem um junge Mütter, aber auch „langzeitkranke Mitarbeiter“ und „Schwerbehinderte“. Diese Mitarbeiter können oftmals weniger oder gar nicht zu Abendschichten oder an Samstagen eingesetzt werden.

Vor allem, dass junge Mütter über das Freiwilligenprogramm ihre Arbeitsstelle verlieren sollen, war von großem medialen Interesse. Zwar haben Mütter und Väter einen Kündigungsschutz, solange sie in Elternzeit sind. Kehren sie jedoch anschließend an ihren Arbeitsplatz zurück, können sie betriebsbedingt gekündigt werden.

Wie freiwillig ist das Programm tatsächlich?

Wer an dem Freiwilligenprogramm von H&M teilnimmt und einschlägt, erhält eine geringe Abfindung. Laut Business Insider sollen unter 60-Jährige ein Brutto-Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr erhalten. Eltern sollen für jedes unterhaltsberechtigte Kind zusätzlich 1.000 Euro, Schwerbehinderte 2.500 Euro bekommen. Scheiden Mitarbeiter vor dem Ende der Kündigungsfrist aus, erhalten sie eine zusätzliche Ausgleichszahlung.

Neben der speziellen Zielgruppe dieses Programms wird auch kritisiert, dass die Teilnahme nicht so freiwillig ist, wie es den Anschein haben könnte. Es sind interne Mails im Umlauf, in denen die Konsequenzen aufgezeigt werden, sollten sich nicht genügend Freiwillige finden: „Sollte über dieses Angebot nicht ausreichend Kolleg*innen erreicht werden, ist die betriebsbedingte Kündigung der nächste Schritt“. Bis zum 7. Februar konnten Mitarbeiter sich für das Programm entscheiden. Einige Angestellte bestätigten diese Unternehmenspolitik.

Die Kritik kommt nicht nur aus der Gesellschaft, auch die Gewerkschaft Ver.di äußert sich kritisch zum Stellenabbau bei H&M.

Was können Betroffene tun?

Ein solches Freiwilligenprogramm wie von H&M ist in größeren Unternehmen ein gängiges Mittel, um Stellen abzubauen. Der Vorteil aus arbeitsrechtlicher Sicht ist hier auf Seiten des Unternehmens: Die Aufhebung eines Arbeitsverhältnisses ist einvernehmlich. Gegen eine Kündigung kann hingegen rechtlich vorgegangen werden.

Die Frage ist nun, inwiefern H&M den vom Freiwilligenprogramm betroffenen Mitarbeiter überhaupt rechtswirksam kündigen darf. Sollten sich nicht genügend Freiwillige finden, die dem Aufhebungsvertrag zustimmen, droht H&M mit betriebsbedingten Kündigungen. Nun könnte aber jeder der 800 betroffenen Angestellten vor Gericht eine Kündigungsschutzklage einreichen. Dann wäre das Unternehmen in der Pflicht, den Grund der Kündigung in jedem Einzelfall nachzuweisen. Sowohl Schwerbehinderte wie auch Mitarbeiter in Elternzeit verfügen über einen Sonderkündigungsschutz. Für Langzeiterkrankte gibt es diesen Sonderkündigungsschutz nicht.

Trotzdem gilt hier der allgemeine Kündigungsschutz und das Unternehmen muss darlegen, warum mit einem weiteren Ausfall des Mitarbeiters zu rechnen ist und warum sich dies negativ auf den Betrieb auswirkt. Ein solcher Rechtsprozess – im Höchstfall 800 davon – ist für das Unternehmen mit einem immensen Aufwand an Kosten und Zeit verbunden. Deshalb ist es fraglich, wie H&M weiter vorgehen wird, wenn das Freiwilligenprogramm nicht wie gewünscht anschlägt. Der Einzelfall entscheidet, ob ein Aufhebungsvertrag empfehlenswert ist oder es ratsam ist, den weiteren Verlauf abzuwarten. Denn es ist nicht zu vergessen: Die Abfindung muss versteuert werden und es gibt eine Sperrzeit für den Bezug von Arbeitslosengeld.

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