Das Coronavirus zeigt arbeitsrechtliche Folgen: Nicht nur die Umstellung auf Kurzarbeit ist in vielen Betrieben derzeit ein Thema, sondern auch die Verlegung der Arbeitsplätze ins Homeoffice. Möglich sind auch Kündigungen – wenig erstaunlich also, dass gerade Arbeitnehmer arbeitsrechtliche Fragen haben, die unter Umständen sogar von existenzieller Bedeutung sind.
Das Homeoffice ist in diesen Tagen so gefragt wie nie: Anstelle des Arbeitsplatzes im Betrieb arbeiten immer mehr Arbeitnehmer von zu Hause aus. Dies ist insbesondere in digitalen Berufen unproblematisch möglich – notwendig ist hierbei lediglich die entsprechende Technik.
Natürlich ist nicht in allen Berufen ein Umstieg aufs Homeoffice denkbar: Gerade in handwerklichen Berufen ist es regelmäßig sogar ausgeschlossen, dass von zu Hause aus gearbeitet werden kann. Bestes Beispiel ist dabei auch die Verkäuferin im Einzelhandel: Sie kann tatsächlich nur vor Ort arbeiten und kann daher auch in Zeiten des Coronavirus nicht auf Heimarbeit ausweichen.
Trotz der praktischen Vorteile sind jedoch nicht alle Arbeitnehmer daran interessiert, ins Homeoffice zu wechseln. Hier stellt sich dann die Frage, ob der Arbeitgeber den Wechsel einseitig und gegen den Willen des Arbeitnehmers anordnen darf – oder ob dies möglicherweise aus rechtlichen Gründen als unzulässig erachtet werden kann.
Grundsätzlich steht dem Arbeitgeber ein örtliches Weisungsrecht zu. Dieses ergibt sich aus § 106 Satz (1) der Gewerbeordnung (kurz: GewO). Damit hat der Arbeitnehmer grundsätzlich hinzunehmen, dass er nicht an seinem gewohnten Arbeitsplatz tätig wird, sondern seine durch den Arbeitsvertrag festgelegten Pflichten auch an einem anderen Ort ausführt. Voraussetzung dafür ist aber, dass sich lediglich der Tätigkeitsort ändert, nicht aber die Art der Arbeit selbst. Das gilt insbesondere dann, wenn sich die Arbeit im Homeoffice wesentlich von der Arbeit im Betrieb des Arbeitgebers unterscheidet.
Hierzu gibt es bereits Urteile aus der Rechtsprechung; das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hielt hierzu in einem Urteil vom 14.11.2018 fest,
"dass diese Form der Arbeit einem Arbeitnehmer in aller Regel nicht einseitig von dem Arbeitgeber zugewiesen werden kann."
Wichtig zu wissen: Sollte sich ein Arbeitnehmer auf dem Weg zur Arbeit oder auch bei der Arbeit mit dem Coronavirus infiziert haben, liegt kein Arbeitsunfall vor. Dadurch, dass die Weltgesundheitsorganisation den Virus zu einer Pandemie erklärt hat, stellt das Coronavirus eine Gefahr für die Allgemeinheit dar, welche nicht in einem spezifischen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht. Die Ansteckungsgefahr auf der Arbeit oder auf dem Weg zur Arbeit ergibt sich zufällig. Die Arbeitsunfallversicherung greift deshalb nicht.
Mobiles Arbeiten und Homeoffice sind nur dann möglich, wenn die passende Ausrüstung vorhanden ist. Auch, wenn allgemein angenommen wird, dass dafür ein Sofa oder an warmen Tagen ein Liegestuhl im Garten ausreichend sind – rechtlich gesehen ist die Ausstattung im Homeoffice durchaus an Bedingungen geknüpft.
Die Arbeitsstättenverordnung (kurz: ArbStättV) hat auch im Homeoffice uneingeschränkte Gültigkeit. Das ist für den Arbeitnehmer von Vorteil denn: Auch die Heimarbeit soll die Sicherheit und die Gesundheit des Arbeitnehmers gewährleisten.
Zusätzlich ergibt sich für den Arbeitgeber aus seiner Fürsorgepflicht nach § 618 Abs. (1) des Bürgerlichen Gesetzbuches (kurz: BGB) die Aufgabe, den eigenen Arbeitnehmer auch im Homeoffice umfassend vor Gefahren zu schützen, die sich aus der Arbeit ergeben. Dementsprechend muss der Arbeitgeber dafür sorgen, dass die einschlägigen Standards auch im Homeoffice gegeben sind. Dies kann er zum Beispiel in Form von Anweisungen sicherstellen, aber auch durch Checklisten und Vorgaben.
Von Relevanz ist das unter anderem in Bezug auf
Probleme erwachsen natürlich aus dem Umstand, dass eine Kontrolle der Arbeitsbedingungen nicht so ohne weiteres möglich ist. Der Arbeitgeber hat in der Regel keinen freien Zutritt zum Homeoffice des Arbeitnehmers – und kann diesen auch nicht fordern, denn: Dem Arbeitnehmer garantiert Artikel 13 Abs. (1) des Grundgesetzes (kurz: GG) die prinzipielle Unverletzlichkeit seiner Wohnung.
In der arbeitsrechtlichen Praxis ist es üblich, dass zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine schriftliche Vereinbarung getroffen wird. In dieser verpflichtet sich der Arbeitnehmer, auch im Homeoffice Maßnahmen zum erforderlichen Arbeits- und Gesundheitsschutz umzusetzen.
Was grundlegendes Werkzeug im Homeoffice betrifft, so übernimmt die Kosten hierfür fast immer der Arbeitgeber. Dabei geht es beispielsweise um Software, den Internetanschluss – aber auch den Computer oder Laptop, den der Arbeitnehmer zur Erfüllung seiner Pflichten aus dem Arbeitsvertrag benötigt. Sonderwünsche gehen hierbei aber regelmäßig auf den Arbeitnehmer selbst: Wünscht dieser ein ganz bestimmtes Model, dann wird der Arbeitgeber die Differenz in der Praxis durch den Arbeitnehmer zahlen lassen.
Wer im Homeoffice arbeitet, der kann schlecht mit der Stechuhr die eigene Arbeitszeit dokumentieren. Dem Arbeitgeber ist oft aber dennoch daran gelegen, dass er die Kontrolle darüber behält, in welchem zeitlichen Rahmen der Arbeitnehmer seinen Pflichten nachkommt. Eine digitale Lösung ist zum Beispiel die Installation eines sogenannten Keyloggers: Er erfasst über die PC-Nutzung die Arbeitszeit des Arbeitnehmers.
Praktisch einigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer häufig auf die sogenannte Vertrauensarbeitszeit. Dabei steht weniger der Beginn und das Ende der Arbeitszeit im Vordergrund, sondern vielmehr die Erledigung der vereinbarten Aufgaben. Wie sich der Arbeitnehmer die Arbeitszeit dann einteilt, entscheidet er nach eigenem Ermessen.
Wichtig zu wissen: Auch das Homeoffice bedeutet für Arbeitnehmer keine rund-um-die-Uhr-Bereitschaft. Heimarbeiter müssen daher darauf achten, dass sie auch hier das Stundenpensum nicht aus den Augen verlieren.
Wenn für einen Arbeitnehmer Quarantäne angeordnet wird, dann erhält dieser auch während seiner Abwesenheit weiter seinen Lohn, weil der Arbeitgeber Lohnfortzahlung leisten muss. Der Arbeitgeber kann den Arbeitsausfall durch eine Entschädigung auffangen: Nach § 56 des Infektionsschutzgesetzes (kurz: IfSG) erhält der Arbeitgeber eine Entschädigung.
Eine Arbeitsunfähigkeit – oder auch Krankschreibung – kann nur dann erfolgen, wenn eine Infektion tatsächlich bestätigt ist und im Rahmen eines entsprechenden Tests nachgewiesen wurde. Der behandelnde Arzt wird dann eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen.
Der Verdacht auf Corona ist übrigens kein Grund für die Bescheinigung einer Arbeitsunfähigkeit: Diese ist tatsächlich nur bei nachgewiesener Infektion mit dem Coronavirus gegeben.
Selbstständige trifft das Risiko eines Verdienstausfalls wegen Corona besonders hart. Dies gilt vor allem dann, wenn Aufträge ausbleiben oder bereits vereinbarte Verträge platzen – Experten befürchten, dass die Corona-Pandemie einen erheblichen wirtschaftlichen Einfluss haben wird und nicht nur in Deutschland, sondern weltweit eine Rezession möglich ist. Scheitern Verträge aufgrund von Corona, dann ist dies in der Regel ein Fall für den Rechtsanwalt. Er kann kompetente Unterstützung bieten und die notwendigen Schritte empfehlen. Nicht immer ist dafür ein Verfahren vor einem Gericht notwendig: Welche Möglichkeiten sich hier bieten, klärt sich oft schon in einem ersten Gespräch.
Allerdings kann auch im Rahmen der Selbstständigkeit eine Quarantäne einschlägig werden. In diesen Fällen stellt der Gesetzgeber herkömmliche Arbeitnehmer und Selbstständige gleich, denn: Auch selbstständig Tätige haben einen Anspruch auf Entschädigung, wenn aufgrund der genannten Vorschrift eine Quarantäne angeordnet wird. Der Antrag ist dabei an das zuständige Gesundheitsamt zu stellen.
Produktionsausfall, Betriebsschließungen und Kündigungen sind nur einige "Nebenwirkungen", die die Corona-Pandemie bisher in Deutschland verursacht hat. Besonders kleine Unternehmen und Solo-Selbstständige sind durch die Flaute betroffen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hält für alle Unternehmen jeder Größenordnung spezielle Förderprogramme bereit, die als Corona-Hilfe in der Pandemie wirtschaftlich helfen können.
Speziell für Einzelunternehmer und Freiberufler gibt es eine Soforthilfe in Höhe von maximal 9.000 Euro bei bis zu fünf Beschäftigen und maximal 15.000 Euro bei bis zu zehn Beschäftigten. Die Soforthilfe soll Liquiditätsschwierigkeiten überbrücken und insbesondere laufende Betriebskosten decken – so zum Beispiel Miete, bereits bestehende Kreditverbindlichkeiten oder Leasingraten.
Arbeitnehmer, die sich während der Corona-Krise in der Probezeit befinden, sind möglicherweise unmittelbar vom Verlust des Arbeitsplatzes betroffen. Hier besteht für den Arbeitgeber immer die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis ohne Angabe von Gründen zu kündigen – und zwar völlig losgelöst von der tatsächlichen Motivation.
In der aktuellen Lage stellt sich in diesem Rahmen die Frage, ob die Verschiebung des Arbeitsbeginns rechtlich einen Unterschied macht. Das betrifft zum Beispiel Arbeitsverträge, die zum 01.04.2020 geschlossen wurden und bei denen nun fraglich ist, ob die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers tatsächlich benötigt wird. Grundsätzlich steht beiden Arbeitsvertragsparteien das Recht zu, das Arbeitsverhältnis auch vor dem vertraglich vereinbarten Dienstbeginn zu kündigen. Das bestätigt auch das BAG in einem Urteil von 2004. Dabei gelten die gleichen Voraussetzungen und Bedingungen wie bei jeder anderen Kündigung.
Wichtig zu wissen: Der Arbeitsvertrag kann hierzu abweichende Klauseln enthalten. So ist es beispielsweise üblich, dass die Kündigungsfrist erst mit dem Tag der Arbeitsaufnahme beginnt. Wird dann die Kündigung schon im Voraus ausgesprochen, ist dennoch dieses Datum für die Fristberechnung ausschlaggebend.
Aus Sorge vor Infektionen und bedingt durch das Erfordernis des sogenannten social distancing – also die Wahrung der physischen Distanz – überlegen viele Arbeitnehmer auch, sich wegen der Corona-Pandemie in einen unbezahlten Urlaub zu verabschieden.
Unbezahlter Urlaub wird nicht explizit durch den Gesetzgeber geregelt. Das Bundesurlaubsgesetz (kurz: BUrlG) enthält zwar zahlreiche Regelungen rund um den bezahlten Urlaub von Arbeitnehmern – eine Analogie zum unbezahlten Urlaub ergibt sich daraus aber nicht. Häufig enthalten Tarifverträge oder aber der Arbeitsvertrag selbst Regelungen rund um unbezahlte Urlaubstage. Diese können dann einen Anspruch für den Arbeitnehmer begründen. Wichtig zu wissen: Auch bei einem Anspruch auf unbezahlten Urlaub sind betriebliche Erfordernisse zu berücksichtigen.
Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer unbezahlten Urlaub zu gewähren. Gerade dann, wenn es im Unternehmen nicht gut läuft, wird der Arbeitnehmer eher mit einer Ablehnung rechnen müssen – rechtlich erzwingen lässt sich die selbst finanzierte Auszeit vom Job dann nicht.
Der unbezahlte Urlaub kann übrigens auch nicht einseitig vom Arbeitgeber angeordnet werden. Er setzt das Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer voraus.
Viele Fragestellungen rund um die Corona-Krise sind im Kern arbeitsrechtlicher Natur. Hier gelten grundsätzlich die bisher geltenden Regelungen zum Kollektiv- und zum Individualarbeitsrecht unverändert. Gesetzesänderungen haben sich lediglich beim Thema Kurzarbeit ergeben: Hier hat der Gesetzgeber kurzfristig die Anforderungen gelockert, um Unternehmen in Schwierigkeiten unter die Arme zu greifen.
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