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Ausfallhonorar: Wann kann eine Praxis Geld von mir fordern?

STAND 28.07.2023 | LESEZEIT 3 MIN

Man kennt das Problem. Eigentlich hat man einen Arzttermin, aber kurzerhand ergibt sich ein weiterer Termin, welcher noch wichtiger ist. Nun muss man den Arzttermin leider kurzfristig absagen. Das kann dazu führen, dass der behandelnde Arzt versucht, ein Ausfallhonorar geltend zu machen. Unter welchen Umständen dies juristisch möglich ist, schauen wir uns nachfolgend an.

Das Wichtigste in Kürze

  • Sollte der Arzt ein Ausfallhonorar geltend machen wollen, so muss er dies vorab explizit und schriftlich erwähnt haben.
  • Das entsprechende Schriftdokument/der jeweilige Vertrag sollte auch die Höhe des Ausfallhonorars festhalten.
  • Ebenso sollte es erwähnen, innerhalb welcher Frist ein Patient seinen Termin ändern kann, ohne dass ein Ausfallhonorar fällig wird.
  • Ein klagender Arzt muss nachweisen, dass ihm tatsächlich ein Schaden entstanden ist.
  • Es gibt bereits einige Gerichtsurteile; diese fallen unterschiedlich aus.

Was ist ein Ausfallhonorar und wann hat eine Praxis einen Anspruch darauf?

Ein Ausfallhonorar soll Schäden kompensieren, die einem Arzt durch das verspätete oder fehlende Absagen eines Patiententermins entstanden sind. Das klingt in der Theorie relativ einfach und verständlich. Praktisch muss ein Arzt jedoch lückenlos nachweisen können, dass tatsächlich ein Schaden entstanden ist. Dabei sollte er versuchen, die ausgefallene Zeit anderweitig zu überbrücken. Beispielsweise dadurch, dass er andere Arbeiten verrichtet oder einem weiteren Patienten den frei gewordenen Termin anbietet. Patienten sollten schriftlich darauf hingewiesen werden, dass sie bei zu später Absage oder Nichterscheinen dem Arzt ein Ausfallhonorar schulden. Die Höhe und unter welchen Bedingungen besagtes Honorar fällig wird, sollte ebenfalls im Vertrag erwähnt werden.

Was ist, wenn der Arzt Schadensersatz für den versäumten Termin verlangt?

Schadensersatz und Ausfallhonorar haben in diesem Kontext dieselbe Bedeutung. Es müssen 2 Punkte gegeben sein, dass ein Arzt juristisch realistische Chancen hat, ein Ausfallhonorar zu erhalten. Erstens muss der Patient unterschrieben haben, dass im Falle der verspäteten oder ausbleibenden Terminabsage ein Ausfallhonorar fällig wird. Dabei sollte auch schriftlich festgehalten werden, wann eine verspätete Terminabsage vorliegt. Zweitens muss ein klagender Arzt beweisen können, dass ihm durch das Fernbleiben des Patienten tatsächlich ein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist. Letzteres ist gar nicht so einfach, wie es vielleicht klingen mag.

Was sagt die Rechtsprechung zum Ausfallhonorar?

Es gibt bereits einige Gerichtsurteile, welche sich mit dem Thema Ausfallhonorar beschäftigen. Diese kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart entschied 2007, dass eine einvernehmliche Terminumlegung beider Parteien (auch mit weniger als 24 Stunden Vorlauf) den Patienten von seiner Mitwirkungshandlung gemäß § 296 BGB entbinde und kein Ausfallhonorar geltend gemacht werden könne. Sollte ein anderer Patient den ursprünglichen Termin wahrnehmen, so bestehe laut OLG Stuttgart kein Recht auf ein Ausfallhonorar.

Laut eines Urteils des Landgerichts (LG) Berlin müsse einem Patienten auch die Möglichkeit gegeben werden, einen Termin aus gerechtfertigten Gründen zu annullieren. Dieses Recht ergebe sich aus § 621 BGB.

Das Amtsgericht (AG) Bielefeld entschied ebenfalls über einen Fall eines annullierten Termins. In diesem Fall gewann der klagende Arzt vor Gericht. Der Arzt hat eine Bestellpraxis; Behandlungen finden also nur nach vorheriger Terminvergabe statt. Für die Patientin hatte er einen zeitlichen Aufwand von 195 Minuten angesetzt. Durch ihre kurzfristige Absage konnte er nur 115 Minuten anderweitig aufwenden. Deswegen klagte er auf ein Ausfallhonorar für die verbleibenden 80 Minuten. Er bekam vor dem AG Bielefeld Recht.

Im Jahre 2022 beschäftigte sich auch der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe mit der Thematik. Hierbei ging es um eine Mutter, deren Kind über Nacht Symptome einer Corona-Infektion aufwies. Daraufhin sagte die Mutter den Termin bei einem Ergotherapeuten am selben Morgen ab. Dieser stellte ihr ein Ausfallhonorar in Rechnung, dass die Mutter nicht zahlen wollte. Letztendlich entschied der BGH zugunsten der Mutter mit der Begründung, dass bei dem Kind durch die Infektion eine Konzentrationsstörung vorliege und die Praxis nicht nachweisen konnte, dass es ein Hygiene-Vorsorge-Konzept für Corona-infizierte Kinder gibt.

Wie Sie sehen, fallen die Urteile unterschiedlich aus; mal zum Vorteil des Patienten, mal im Sinne des Arztes. Das Urteil kann auch davon abhängen, welche Art von Praxis ein Arzt betreibt.

Wie kann der Arzt einen versäumten Termin in Rechnung stellen?

Ein Arzt sollte Patienten ein Formular unterschreiben lassen, welches darauf hinweist, dass unter bestimmten Umständen ein Ausfallhonorar fällig wird. Darüber hinaus ist es hilfreich, diese Umstände so genau wie möglich zu benennen (beispielsweise 24 oder 48 Stunden Vorlauf). Selbiges gilt für die Höhe der Ausfallentschädigung. Diese sollte sich an der Gebührenordnung für Ärzte und Zahnärzte (GÖÄ) orientieren und keine exorbitanten Höhen annehmen, da der Arzt sonst riskiert, dass ein Gericht die Ausfallentschädigung als unangemessen hoch betrachtet. Die Höhe des Ausfallhonorars sollte schriftlich festgehalten und vom Patienten gegengezeichnet werden.

Was muss er für einen Schadensersatz nachweisen?

Ein Arzt muss nachweisen, dass ihm ein tatsächlicher Schaden entstanden ist. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn es um einen komplexeren Eingriff ging, welcher Zeit, Ressourcen und Vorbereitung benötigt. Wenn dem Arzt allgemein dadurch ein Leerlauf entstand, welchen er nicht mit anderen Patienten füllen konnte, so sehen seine Chancen auf eine Ausfallentschädigung gut aus. Der Schaden muss immer vom Arzt bewiesen werden können.

Was sollte ich tun, um mich nicht schadensersatzpflichtig zu machen?

Im besten Fall den Termin so früh wie möglich absagen oder umlegen. Nicht jeder Arzt zieht darüber hinaus sofort wegen eines kurzfristig abgesagten Termins vor Gericht. Dennoch hilft es, wenn man es dem Praxisteam so einfach wie möglich macht und einen Termin mit etwas Vorlauf umlegt. Klar kann man das nicht immer absehen. Dann sollte man sich die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Praxis anschauen. Diese halten fest, unter welchen Umständen ein Patient ein Ausfallhonorar zahlen muss. Diese können allerdings auch noch einmal von einem Anwalt für Medizinrecht überprüft werden; nicht alle AGB haben vor Gericht Bestand. Kontaktieren Sie gerne einen KLUGO Partner-Anwalt, wenn Sie Fragen zum Ausfallhonorar haben.

So hilft Ihnen ein KLUGO Partner-Anwalt weiter

Gleich ob Sie ein Arzt oder ein Patient sind, der Fragen zum Thema Ausfallhonorar hat, unsere erfahrenen Partner-Anwälte und Rechtsexperten im Medizinrecht helfen Ihnen gerne und zügig weiter. Durch eine Ersteinschätzung bekommen Sie mehr Informationen darüber, wie Ihre individuelle Situation juristisch zu bewerten ist.

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Beitrag juristisch geprüft von der KLUGO-Redaktion

Der Beitrag wurde mit großer Sorgfalt von der KLUGO-Redaktion erstellt und juristisch geprüft. Dazu ergänzen wir unseren Ratgeber mit wertvollen Tipps direkt vom Experten: Unsere spezialisierten Partner-Anwälte zeigen auf, worauf es beim jeweiligen Thema ankommt.