Flug annuliert - Gutschein oder Ticketerstattung?

Fluggastrechte gestärkt: BGH setzt Grenzen für Gutscheine Flug annulliert – Muss ich einen Gutschein als Entschädigung akzeptieren?

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Bei der Suche nach günstigen Flugverbindungen kann es sinnvoll sein, solche Gesellschaften zu bevorzugen, die über eine Lizenz in der EU verfügen. Kommt es dann zu Annullierungen, Verspätungen oder einer Nichtbeförderung, greift die EU-Verordnung für Fluggastrechte. Doch mit Gutscheinen statt Geld müssen sich Fahrgäste nicht abfinden. Über einen aktuellen Fall hatte der Bundesgerichtshof BGH zu entscheiden. Hier gibt es die Details.

von S. Herrnberger
25.02.2025
7 Min Lesezeit

Fluggastrechte gestärkt: BGH setzt Grenzen für Gutscheine Das Wichtigste in Kürze

  • Ankunft am Zielort mit +3 Stunden Verspätung kann zur Entschädigung berechtigen.

  • Flugverspätungen ab 5 Stunden gelten als Annullierung – du hast einen Anspruch auf Entschädigung.

  • Ein Gutschein ist nur mit schriftlichem Einverständnis des Fluggastes erlaubt.

  • Rückerstattung in Geld kann statt eines Gutscheins verlangt werden.

  • Eine Entschädigungssumme ist oft höher als der Gutschein – prüfe dies vorher.

Was sind meine Fluggastrechte? Wann habe ich einen Anspruch auf Rückerstattung?

Die Verordnung Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 regelt die Entschädigungen und Ansprüche von Fluggästen, deren Flug annulliert wurde, sich verspätete oder denen die Beförderung verweigert wurde. Mit der EU-Fluggastverordnung werden Verbraucherrechte in 27 Ländern gestärkt. Auch für Flüge aus Island, Norwegen und der Schweiz sowie für Flüge in diese Länder gilt diese EU-Verordnung.

Bei der Abfertigung muss ein deutlich sichtbarer Hinweis in Papierform oder elektronischer Form über die Fluggastrechte in der EU informieren. Dies gilt nicht nur für die Abfertigung am Flughafenschalter, sondern auch an Check-in-Kiosks und beim Online-Check-in. Wenn dir die Beförderung verweigert wurde, dein Flug gestrichen wurde oder du beim Abflug eine Verspätung von über zwei Stunden in Kauf nehmen musstest oder du deinen Zielort mit großer Verspätung erreicht hast, muss dir die Fluggesellschaft ein Merkblatt mit den Regeln für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen aushändigen.

Welche Entschädigungen erhalten Fluggäste laut EU-Verordnung?

Die Entschädigungen für Verspätungen richten sich nicht nach dem Preis für den Flug, sondern nach der Flugstrecke. Ein Gutschein wäre nur in Höhe des bezahlten Ticketpreises und kann damit deutlich unter den dir zustehenden Entschädigungen liegen. Prüfe daher bei der Anforderung der Entschädigung immer die nachfolgenden Summen.

Flugstrecke

Entschädigung

Flüge kürzer als 1.500 km

250 € pro Passagier

Flüge zwischen 1.500 und 3.000 km

400 € pro Passagier

Flüge über 1.500 km innerhalb der EU

400 € pro Passagier

Flüge über 3.500 km außerhalb der EU

600 € pro Passagier

Wichtig: Auch bei Pauschalreisen kannst du nach der EU-Fluggastverordnung entschädigt werden – oft höher als nach dem Pauschalreisegesetz. Fordere die Erstattung ausdrücklich nach der EU-Verordnung an, sonst gibt es nur 5 % vom Reisepreis.

Flug abgesagt Welche Rechte haben EU-Fluggäste bei Annullierung?

Wird der Flug weniger als 14 Tage vor Abflug von der Airline gestrichen, gibt es die oben genannten Entschädigungen, abhängig von der Flugstrecke. Wichtig ist, dass die ausführende Airline eine EU-Lizenz hat. Die Entschädigungen gibt es für zusammenhängend gebuchte Flüge. Wird also der Anschlussflug annulliert, muss dieser zusammen mit dem ersten Flug gebucht worden sein.

Beförderung verweigert Was sagt die EU-Fluggastverordnung zur Erstattung?

Airlines haben häufig ihre Flüge überbucht - sie verkaufen mehr Tickets als das vorhandene Flugzeug Sitze hat. Es kann auch sein, dass eine Maschine durch ein kleineres Modell ersetzt wird oder durch Notfälle Sitze an Dritte herausgegeben werden. Zudem kann es vorkommen, dass die Airline dich bittet, auf den Flug zu verzichten und dich auf einen anderen Flug umbucht. Auch eine Gutschrift für den betroffenen Flug kann als Entschädigung bei Überbuchung angeboten werden.

Finden sich nicht genügend Freiwillige, wird nach dem Zufallsprinzip ausgewählt, wer nicht an Bord kann. Bleibst du am Boden, dann greift die EU-Verordnung für Fluggastrechte und wertet die Verweigerung des Onboardings wie eine Stornierung. Das bedeutet, du bekommst das Ticket erstattet und hast das Recht auf Entschädigung von 250 bis 600 Euro, wenn du nicht mit der betreffenden Airline weiterfliegen kannst.

Rückerstattung oder Gutschein – was gilt?

Die EU-Verordnung für Fluggastrechte sieht eine Entschädigung, eine Rückerstattung der Kosten oder einen Gutschein vor. Der Gutschein wird in der Regel in Höhe des Ticketpreises ausgestellt und muss nicht vom Fluggast akzeptiert werden. Dabei handelt es sich lediglich um eine Alternative der Airline, die versuchen wird, das eingenommene Geld zu halten und dich mit einem Gutschein ans Unternehmen zu binden.

Die Vorteile von Gutscheinen liegen in der Flexibilität und der schnellen Verfügbarkeit. Nachteile bei Gutscheinen für Flugverspätungen oder Annullierungen liegen in der Bindung an die Airline und der begrenzten Gültigkeit. Sollte es zu Preisanpassungen bis zur Einlösung kommen, muss die Differenz vom Fluggast bezahlt werden.

Achtung: Das Landgericht Frankfurt entschied, dass ein Fluggast gemäß Art. 7 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung schriftlich zustimmen muss, um einen Gutschein anstelle einer Rückerstattung zu akzeptieren. Im Fall der portugiesischen Airline TAP bot diese den Fluggästen bei einer Flugannullierung entweder eine Erstattung per Gutschein oder eine Prüfung durch das „Contact-Center“ an. Das EuGH-Urteil, Az.: C 76/23 vom 21.03.2024 stellte klar, dass ein einfaches Ausfüllen eines Online-Formulars nicht ausreichend ist.

Muss ich immer einen Gutschein von der Airline akzeptieren?

Stell dir vor, du nimmst einen Gutschein an und nutzt ihn für einen neuen Flug bei derselben Airline. Doch auch dieser Flug wird annulliert. Die Fluggesellschaft bietet erneut einen Gutschein an – wie würdest du dich entscheiden?

Gerichte haben klargestellt: Fluggäste können selbst wählen, ob sie einen weiteren Gutschein akzeptieren oder eine Rückerstattung in Geld verlangen. Der BGH bestätigte kürzlich dieses Recht auf finanzielle Erstattung.

Bei Fragen zur EU-Fluggastverordnung unterstützt dich unsere KLUGO Erstberatung online – täglich von 8 bis 18 Uhr mit kompetenter Hilfe und Anwaltsvermittlung. 

Worum ging es in dem Fall, der vor dem BGH landete?

Die Fluggastrechteverordnung verlangt, dass Airlines eine Rückerstattung der Ticketkosten in bar, per Überweisung, Scheck oder, mit schriftlichem Einverständnis, durch Gutschein vornehmen.

Ein Beispiel: Vier Passagiere hatten 2019 Flüge für 479,96 Euro gebucht, die wegen der Pandemie abgesagt wurden. Sie akzeptierten einen Gutschein und buchten im November 2020 neue Flüge, die jedoch ebenfalls weniger als 14 Tage vor Abflug annulliert wurden.

Da keine Ersatzleistung angeboten wurde, forderten die Fluggäste die Rückzahlung des Ticketpreises sowie eine Entschädigung von 400 Euro pro Person (insgesamt 1.600 Euro) und klagten gegen die Airline.

Flug gecancelt Entschädigung – Wie hat der BGH entschieden?

Die beklagte Fluggesellschaft habe nach Auffassung des BGH den Gutschein an Erfüllung statt akzeptiert und die Buchung bestätigt. Damit ergibt sich aus Art. 5 Abs. 1 Buchst. a, Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der EU-Fluggastverordnung ein Anspruch auf die vollständige Erstattung der Ticketkosten in Höhe von 497,96 Euro.

Die Bezahlung der neuen Flüge erfolgte mit dem Gutschein als entsprechendes Entgelt und war nicht kostenlos, wie die Vertreter der Airline argumentierten. Um Ansprüche auf eine Entschädigung aus der Fluggastrechte-VO geltend zu machen, muss die Beförderung mit einem Entgelt erkauft worden sein. Auch die Bezahlung in Form eines Reisegutscheins ist eine Bezahlung!

Außerdem wies der BGH darauf hin, dass die klagende Partei Anspruch auf die vorgesehene Entschädigung in Höhe von jeweils 400 Euro, insgesamt also 1.600 Euro, aus Art. 5 Abs. 1 Buchst. c, Art. 7 Abs. 1 Buchst. b durch die Fluggastrechte-VO hat.

Flug annulliert oder verspätet So hilft dir ein KLUGO Partner-Anwalt weiter

Die Durchsetzung von Entschädigungsansprüchen bei Airlines kann oft mit viel Papierkram und langen Wartezeiten verbunden sein. Unsere KLUGO Partner-Anwälte und Rechtsexperten unterstützen dich dabei, deine Rechte durchzusetzen. Hierfür kannst du dein Anliegen ganz einfach mit einem unserer Rechtsexperten in einer Erstberatung besprechen.

Du musst keinen Gutschein von Airlines akzeptieren und hast weitreichende Ansprüche, die sich bei Annullierungen oder Verspätungen von Flügen innerhalb der EU und durch Airlines mit EU-Lizenz ergeben. Hol dir eine Entschädigung von bis zu 600 Euro.

Über unsere Autoren Stefanie Herrnberger

Stefanie Herrnberger ist als freiberufliche Referentin und Redakteurin tätig. Ihre langjährige berufliche Erfahrung in den Bereichen Blockchain, Kryptowährungen und NFT bieten ihr den perfekten Background, um über aktuelle Nachrichten und Entwicklungen an dezentralen und zentralen Finanzmärkten zu berichten.

Seit mehreren Jahren investiert Stefanie selbst in Kryptowährungen und versteht daher die Herausforderungen und Chancen für Kryptotrader.

stefanie herrnberger