
Barrierefreiheitsstärkungsgesetz tritt in Kraft 👩🦽Barrierefreies Reisen: Welche Rechte habe ich als Mensch mit Behinderung?
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Wenn der Fahrstuhl in einem Bahnhof defekt ist, ist das ärgerlich. Für Menschen mit Behinderungen kann ein kaputter Fahrstuhl jedoch zu einem unüberwindbaren Hindernis werden. Gibt es keine Alternative, fällt die Reise ins Wasser. Endet so beispielsweise ein Urlaub mit Rollstuhl in Deutschland, ist das nicht nur schade, sondern es kommt die Frage nach einer Entschädigung auf.
Die Möglichkeit des barrierefreien Reisens ist in einer inklusiven Gesellschaft kein „Nice-to-have“, sondern ein Recht, das sich einfordern lässt.
Barrierefreies Reisen ☝️ Das Wichtigste in Kürze
Barrierefreiheit betrifft alle Reisephasen: von der Buchung bis zur Unterkunft.
Barrierefreiheit ist durch verschiedene Gesetze verpflichtend.
Ab 28.06.2025: Barrierefreiheitsstärkungsgesetz tritt in Deutschland in Kraft.
Rechte auf Reisen für Personen mit eingeschränkter Mobilität: kostenlose Hilfe, barrierefreie Infos und Verkehrsmittel, kostenfreie Mitnahme von Hilfsmitteln/Begleitpersonen
Tipps: Melde Unterstützung rechtzeitig an und prüfe den Anbieter auf Barrierefreiheit.
Bei Problemen: Kontaktiere Beschwerdestellen oder Schlichtungsstelle nach BGG.
🤔 Was bedeutet Barrierefreiheit beim Reisen?
Barrierefreies Reisen kann ganz unterschiedliche Lebensbereiche berühren:
Bereits zur Urlaubsrecherche und dem Buchen einer Reise sind Menschen mit Einschränkungen auf barrierefreie Informationsangebote im Internet und auf Apps angewiesen.
Auf dem Weg zur Bahn sollte es stufenlose Zugänge zum Bahnsteig geben, damit das Reisen mit Rollstuhl in Deutschland nicht bereits am Bahnhof endet.
Fahrkartenautomaten müssen barrierefrei bedienbar sein und für Menschen mit Sehbehinderungen braucht es akustische Ansagen auf den Bahnsteigen.
In Verkehrsmitteln muss die Mitnahme von Hilfsmitteln und Assistenzhunden ermöglicht werden.
Zuletzt müssen auch Reiseveranstalter und Hotels Konzepte für den barrierefreien Urlaub anbieten.
Barrierefreies Reisen muss also von der Recherche bis zur Unterkunft gedacht werden, damit Menschen mit Behinderungen oder anderen Einschränkungen selbstständig, sicher und komfortabel unterwegs sein können.
Welche gesetzlichen Grundlagen gibt es?
Es gibt mehrere Gesetze, die die Rechte von Menschen mit Behinderung stärken.
👉 Das Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schützt Menschen vor Diskriminierung. Dazu gehört, dass Anbieter Menschen mit Behinderung nicht benachteiligen dürfen, z. B. bei Buchungen, der Nutzung von Verkehrsmitteln oder dem Zugang zu Reiseangeboten (§ 19 AGG).
👉 Noch genauer definiert es das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG). Dort ist geregelt, dass öffentliche Stellen des Bundes – wozu die Deutsche Bahn gehört – ihre Angebote barrierefrei gestalten müssen. Deshalb müssen Websites, Fahrkartenautomaten oder Informationen in Bahnhöfen barrierefrei nutzbar sein (§ 12 BGG).
👉 Barrierefreies Reisen soll in ganz Europa möglich sein. Deshalb legt der European Accessibility Act (EAA) fest, dass Buchungen, der Check-in und auch Automaten barrierefrei gestaltet sind. Auf einer transnationalen Ebene gibt das die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vor, sodass auch im außereuropäischen Ausland barrierefreies Reisen möglich ist.
Neuerungen durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz
Der EU-Richtlinien European Accessibility Act muss bis zum 28. Juni 2025 von den Wirtschaftsakteuren der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten umgesetzt sein. In Deutschland tritt dann das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz in Kraft.
👉 Das bedeutet: Neue Produkte und Dienstleistungen müssen ab dem 28. Juni 2025 barrierefrei sein. Dazu gehören beispielsweise Websites und Apps, aber auch Geldautomaten, Fahrkartenautomaten und bestimmte Arten von Transportdienstleistungen. Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz soll zum Gelingen einer inklusiven Gesellschaft beigetragen werden.
Für bestehende Produkte und Dienstleistungen, die bereits vor dem 28. Juni 2025 auf dem Markt angeboten wurden, gilt eine Übergangsfrist bis zum 27. Juni 2030.
⚖️ Deine Rechte als reisende Person mit Behinderung
Ob im Flugzeug, in der Bahn oder in anderen Verkehrsmitteln: Als Person mit eingeschränkter Mobilität hast du verschiedene Rechte, die sicherstellen, dass du gleichberechtigt, sicher und barrierefrei reisen kannst.
Recht auf Hilfe und Unterstützung: Du hast Anspruch auf kostenlose Hilfe beim Ein-, Aus- und Umsteigen sowie während der Reise – zum Beispiel an Bahnhöfen oder Flughäfen. Das gilt auch für die Hilfe mit Gepäck, Rollstühlen oder anderen Mobilitätshilfen (§ 4 Behindertengleichstellungsgesetz (BGG))
Recht auf barrierefreie Informationen: Du hast das Recht, dass dir Informationen über Fahrpläne, Verspätungen, Sicherheitshinweise usw. in einer für dich zugänglichen Form zur Verfügung gestellt werden, z. B. in Brailleschrift, als Audio-Ansage oder in Einfacher Sprache.
Anspruch auf barrierefreie Verkehrsmittel: Busse, Bahnen, Straßenbahnen, Schiffe oder Flugzeuge müssen möglichst barrierefrei gestaltet sein. Dazu gehören z. B. Rampen, akustische Ansagen, kontrastreiche Beschilderung oder rollstuhlgerechte Toiletten.
Mitnahme von Hilfsmitteln und Begleitpersonen: Du darfst Hilfsmittel wie Rollstühle, Blindenführhunde oder andere medizinisch notwendige Geräte kostenlos mitnehmen. Wenn du im Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen „B“ hast, darf dich eine Begleitperson im öffentlichen Nahverkehr kostenlos begleiten.
📝 3 Tipps zur Reisevorbereitung für Menschen mit Behinderung
Damit deine Reise möglichst stressfrei verläuft und du alle Angebote und Services nutzen kannst, solltest du dich gut vorbereiten.
Unterstützungsbedarf frühzeitig anmelden
Wenn du beim Reisen mit Behinderung Unterstützung brauchst, z. B. Hilfe beim Ein- oder Aussteigen, mit dem Gepäck oder bei der Orientierung, solltest du diesen Bedarf frühzeitig anmelden. Je nach Verkehrsmittel und Anbieter kann eine Anmeldung 24 bis 48 Stunden vor der Reise erforderlich sein. Der Deutschen Bahn muss ein Bedarf mindestens 24 Stunden vor Reiseantritt gemeldet werden. So haben die Mitarbeitenden genug Zeit, sich auf deine Bedürfnisse einzustellen und Hilfe zu organisieren.Barrierefreie Anbieter und Unterkünfte recherchieren
Informiere dich vorab, ob Verkehrsmittel, Unterkünfte oder Sehenswürdigkeiten barrierefrei zugänglich sind. Viele Reiseportale und Anbieter geben inzwischen an, welche Reisen für Personen mit eingeschränkter Mobilität geeignet sind. Du kannst auch spezialisierte Reisebüros oder Plattformen nutzen, die barrierefreie Reisen anbieten.Reiserücktritts- und Umbuchungsmöglichkeiten prüfen
Es kann immer mal etwas Unvorhergesehenes passieren – gerade bei chronischen Erkrankungen oder eingeschränkter Mobilität. Achte deshalb darauf, ob dein Ticket, deine Unterkunft oder Pauschalreise stornierbar oder flexibel umbuchbar ist.
KLUGO Erstberatung durch Rechtsexperten Was tun bei Diskriminierung oder Barrieren?
Der kaputte Fahrstuhl, der ausgefallene ICE oder fehlende Beschilderungen: Wo auf dem Papier behindertengerechtes Reisen garantiert wird, muss sie nicht immer tatsächlich vorhanden sein. Fehlende Barrierefreiheit, unzureichende Hilfe oder benachteiligendes Verhalten sind nicht nur unangenehmen, sie verstoßen auch gegen geltendes Recht.
Deshalb solltest du dich in einem solchen Fall an die zuständige Beschwerdestelle wenden. Viele Verkehrsbetriebe, Flughäfen oder Reiseanbieter haben eigene Servicestellen für Beschwerden. Auch Verbraucherzentralen, Behindertenbeauftragte oder Interessenverbände wie der Deutsche Behindertenrat können helfen.
Wenn du ein spezielles Problem mit einer öffentlichen Stelle des Bundes hast, wozu die Deutsche Bahn zählt, kannst du dich an die Schlichtungsstelle nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) wenden. Sie vermittelt kostenlos und außergerichtlich zwischen dir und der betreffenden Stelle.
Wenn du dich rechtlich gegen diskriminierendes oder benachteiligendes Verhalten vorgehen möchtest, kannst du das tun. Je nach Situation kannst du Ansprüche auf Entschädigung geltend machen oder auf barrierefreien Zugang klagen. Ein KLUGO Partner-Anwalt und Rechtsexperte berät dich gern zu deinen Möglichkeiten.