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Rentenanspruch aus DDR-Zeit
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Rentenanspruch aus DDR-Zeit: Das sagt die aktuelle Rechtsprechung

Wer vor dem Ende der DDR in die BRD flüchtete, dem wurde gemäß Fremdrentengesetz eine Rente auf Westniveau versprochen. Mit dem Rentenüberleitungsgesetz wurde dieses Versprechen jedoch gebrochen. Erfahren Sie hier, welche Konsequenzen die Gesetzesänderungen haben.

Ausgangslage: Geflüchtete DDR-Bürger werden als BRD-Bürger anerkannt

Wer bis Ende der 80er-Jahre aus der DDR legal ausreiste, von der Bundesrepublik freigekauft wurde oder flüchtete, wurde in Westdeutschland aufgenommen. Das Versprechen der Regierung: Die ostdeutschen Bürger erhalten dieselben Rechte wie westdeutsche Bürger. Dazu gehörte auch, dass alle Arbeitsleistungen, die die Flüchtlinge in der DDR erbrachten, in der BRD voll anerkannt werden. So konnten sich die DDR-Bürger sicher sein, dass sie eine angemessene Rente erhalten. Die Grundlage für diese Sicherheit war die Anwendung des Fremdrentengesetzes.

Für wen gilt das Fremdrentengesetz?

Das Fremdrentengesetz (FRG) regelt unter anderem die Rentenansprüche von Vertriebenen, Aussiedlern und Spätaussiedlern, die in Deutschland ansässig sind. Sie werden nach dem FRG den deutschen Bürgern gleichgestellt, so dass ihre Arbeitsleistungen, aber auch Arbeitsunfälle, in Deutschland gleichwertig berechnet werden. Ihre Rente bemisst sich dann in einer Höhe, als hätten sie die Arbeitsleistungen, die sie in ihrem Herkunftsland erbrachten, in der BRD erbracht.

Das Fremdrentengesetz trat am 1.1.1959 in Kraft und galt auch für DDR-Bürger, die in die BRD übergesiedelt sind. Die Bundesrepublik sicherte allen ostdeutschen Flüchtlingen und Übersiedlern Rentenansprüche gegen westdeutsche Rentenversicherungsträger zu. Es galt das Integrationsprinzip. Nach Einführung des Rentenüberleitungsergänzungsgesetzes vom 24.6.1993 wurden die Rentenansprüche aus der DDR-Zeit nicht mehr gemäß des Fremdrentengesetzes berechnet.

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Fremdrentengesetz (FRG)


Dieses Gesetz findet unter anderem Anwendung auf Vertriebene (...), Spätaussiedler (...) sowie Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes. Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt sind, stehen den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich.

Was ist das Rentenüberleitungsgesetz?

Mit der Wiedervereinigung sah sich die Bundesrepublik vor eine große Herausforderung gestellt. Es musste nun geregelt werden, wie die Rentenansprüche der ehemaligen DDR-Bürger und nun gesamtdeutschen Bürger zu berechnen sind. 1991 wurde das „Gesetz zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung" - kurz: Renten-Überleitungsgesetz (RÜG) ausgefertigt. Das RÜG regelt unter anderem, wie die bereits 1991 bestehenden und zukünftigen Rentenansprüche von ehemals ostdeutschen Bürgern berechnet werden und wie sich die Eingliederung in das einheitliche Rentenrecht nach dem Sozialgesetzbuch (SGB VI) gestalten sollte.

Seit Einführung des RÜG-ErgG (Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetz), werden die Rentenansprüche der aus der DDR geflüchteten Bürger, die nach 1996 in Rente gehen, nach den in der DDR gezahlten Sozialversicherungsbeiträgen berechnet. Das bedeutet für den Großteil der Betroffenen, dass die Höhe der Rente sehr viel geringer sein wird als nach einer Berechnung gemäß des FRG.

Die vor 1990 geflüchteten DDR-Bürger wurden nicht darüber informiert, dass diese neue Berechnung gemäß RÜG auch rückwirkend auf ihre eigenen Rentenansprüche angewendet werden wird. So wiegten sich viele ehemalige DDR-Bürger auch nach der Wiedervereinigung in dem Glauben, dass sie eine Rente gemäß Fremdrentengesetz erhalten werden. Dies gilt aber tatsächlich nur für eine kleine Gruppe von Personen, die einen gesonderten Vertrauensschutz genießen.

Die Vertrauensschutzregelung gilt für Personen, die am 18. Mai 1990 ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet (§ 18 Abs. 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch) hatten und deren Rente in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 31. Dezember 1996 beginnt.

Für alle Personen, die nach diesem Zeitraum ihre Rentenzeit antreten, gilt das Rentenüberleitungsgesetz. Mit dieser Regelung wollte die Regierung auch verhindern, dass die vielen tausenden ehemaligen DDR-Bürger als Übersiedler das Fremdrentengesetz in Anspruch nehmen können, was immense Kosten verursacht hätte. Es wird davon ausgegangen, dass die Rente von etwa 317.000 Übersiedlern aus der DDR betroffen sind.

Folgen: Hohe Einbußen in der Rente und Vertrauensverlust

Mit der Berechnung nach dem RÜG treten gleich mehrere Probleme auf, die die betroffenen Personen beklagen und gegen die sie bereits gerichtlich vorgegangen sind.

Vertrauensverlust in Rentensystem

Vor der Wiedervereinigung wurde DDR-Bürger versprochen, dass sie nach ihrer Umsiedlung oder dem Freikaufen bei politisch Verfolgten, als gleichwertige westdeutsche Bürger anerkannt werden. Dazu gehörten auch die existenziell wichtige Anerkennung der Arbeitsleistung und damit der Anspruch auf eine Rente im westdeutschen Rentensystem. Mit diesem Wissen flüchteten die Betroffenen in die BRD. Mit dem nachträglichen Aberkennen dieses Anspruchs gemäß des FRG wurde dieses Versprechen gebrochen. Auch einige Staatsrechtler kritisieren, dass die Gesetzesänderung gegen die Rechte der Bürger verstoßen, insbesondere gegen den Gleichheitssatz (Artikel 3, GG) und das Recht auf Eigentum (Artikel 14, GG).

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Wenn Sie wissen möchten, ob Sie selbst betroffen sind, sollten Sie sich alle notwendigen Unterlagen von der Deutschen Rentenversicherung zusammenstellen lassen. Ziehen Sie einen Rechtsanwalt zu Rate, wenn Sie Schwierigkeiten haben, das komplexe Rentensystem zu verstehen.

Rentensystem der DDR: Vorteile für regimetreue DDR-Bürger

Die vermeintliche Ungerechtigkeit des RÜG liegt auch in dem Rentensystem der DDR. Dieses bestand aus drei Bereichen.

Jeder Bürger zahlte in die Sozialversicherung ein, die als gesetzliche Rentenversicherung fungierte. Damit sollte die Grundversorgung im Rentenalter abgesichert sein. Zusätzlich gab es 27 Zusatzversorgungssysteme und vier Sonderversorgungssysteme.

Zusatzversorgungssysteme im Rentensystem der DDR

Zusätzlich zu den Ansprüchen aus der Sozialversicherung konnten bestimmte Gruppen zusätzliche Leistungen erhalten.

Diese Zusatzrente ist mit einer heutigen Betriebsrente vergleichbar und kam in der DDR vor allem staat- und regimenahen Berufsgruppen zu, wozu unter anderem die folgenden Berufsgruppen zählten:

  • Ingenieure
  • Arbeitnehmer in den staatlichen Organen und im Staatsapparat
  • Ärzte und Pädagogen
  • Mitarbeiter der Parteien
  • staatliche Organisationen

Sonderversorgungssysteme anstatt allgemeine DDR-Rente

Wer Anspruch auf eine Sonderversorgung hatte, erhielt diese Leistungen anstatt den Leistungen aus der staatlichen Sozialversicherung.

Dazu gehören:

  • Angehörige der Nationalen Volksarmee
  • Berufssoldaten und Beamte im Grenzschutz
  • Mitarbeiter des Ministeriums des Inneren (MDI)
  • Polizei
  • Mitarbeiter der Zollverwaltung
  • Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit

Die Anspruchnehmer dieser Zusatz- und Sonderversorgungssysteme waren grundsätzlich bereits in der DDR begünstigt. Mit dem RÜG werden sie weiterhin bevorteilt, da die Ansprüche aus diesen Versorgungssystemen in die Berechnung mit einfließen.

Wer also der DDR im Staatsdienst oder in einer ähnlichen Position diente, erhält heute oftmals eine höhere Rente als andere ehemalige DDR-Bürger. Denn: Wer dem Staatapparat kritisch gegenüberstand, nutzte die Zusatzrentenversicherung oftmals aus Protest nicht bzw. wurde erst gar nicht für den Staatsdienst zugelassen. Wer bereits plante, in die Bundesrepublik zu gehen, nutzte die Zusatzversicherungen nicht, da die Ansprüche daraus in der BRD nicht anerkannt wurden.

Rentenansprüche aus DDR-Zeit wird kontrovers diskutiert

Es gibt in den Parteien und in der Regierung Stimmen, die die scheinbare Ungerechtigkeit, die dem RÜG innewohnt, anerkennen. Eine Änderung des RÜG zu Gunsten der betroffenen Rentner ist jedoch nicht in Sicht. Betroffene reichten im Jahr 2016 eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein, diese wurde jedoch nicht angenommen, da die „Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung (§ 93a Abs. 2 BVerfGG)“ nicht vorliegen würden. Zudem komme der Verfassungsbeschwerde „keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung (§ 93 Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG)“ zu, heißt es im Beschluss (Beschluss vom 13.12.2016, Az.: 1 BvR 713/13). Das Bundesverfassungsgericht kritisierte jedoch auch die nicht ausreichende Begründung und Argumentation des Antrags. Dies könnte bedeuten, dass eine Verfassungsbeschwerde durchaus erfolgreich sein könnte.

Notwendigkeit der Berechnung der DDR-Rente zunehmend unbedeutend

2017 beschloss der Bundestag das Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz. Dieses besagt, dass bis 2024 die Rentenwerte in Ost- und Westdeutschland auf einem gleichwertigen Niveau liegen sollen. Aktuell liegt der Rentenwert in den ostdeutschen Bundesländern bei 96,5 Prozent des Westwerts.

Mit diesem Abschlussgesetz und der Anpassung wird - zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung - das Problem der aktuell betroffenen Rentner immer unwesentlicher. Selbst politische Kritiker der RÜG-Regelung, die sich eine „Respekt-Rente“ für die Betroffenen wünschen, sind sich nicht einig darin, wie sich eine nachträgliche Wiedergutmachung bzw. Änderung gestalten könnte.

Da das Fremdrentengesetz in den vergangenen Jahren mehrmals - zum finanziellen Nachteil der heutigen FRG-Betroffenen abgeändert wurde, ist ein Zurückgehen zum FRG nicht gerecht. Würden die DDR-Flüchtlinge wieder einen Anspruch gemäß der FRG-Regelung vor 1996 haben, wären die heutigen Aussiedler und Flüchtlinge mit FRG-Anspruch benachteiligt. Betroffenen bleibt also nur, sich einer Interessengruppe anzuschließen und eine erneut Verfassungsbeschwerde einzulegen.

Sie haben Fragen zu Ihrem Rentenanspruch? Dann hilft KLUGO Ihnen gern weiter und bietet Ihnen ein telefonisches Erstgespräch bei einem Rechtsanwalt für Versicherungsrecht an.

Abschließend fassen wir noch einmal zusammen, was Sie zum Thema Rentenanspruch aus DDR-Zeit beachten müssen:

  • Wer aus der DDR in die BRD flüchtete, hatte Anspruch auf eine westdeutsche Rente.
  • Die Rente gemäß Fremdrentengesetz gilt nur für eine kleine Gruppe von Personen, die einen gesonderten Vertrauensschutz genießen.
  • Das 2017 beschlossene Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz besagt, dass bis 2024 die Rentenwerte in Ost- und Westdeutschland auf einem gleichwertigen Niveau liegen sollen.

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