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Bankgebühren zurückfordern: Durch BGH-Urteil jetzt möglich

STAND 25.08.2023 | LESEZEIT 6 MIN

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom April 2021 beschlossen, dass Kunden einer Erhöhung von Kontoführungsgebühren aktiv zustimmen müssen. Ein fehlender Widerspruch kann nun nicht mehr als stillschweigendes Einvernehmen gewertet werden. Somit können vermehrt Kontoführungsgebühren zurückgefordert oder vermieden werden.

Das Wichtigste in Kürze

  • Banken haben bisher Kontoführungsgebühren erhöht, ohne eine explizite Zustimmung der Kunden einzufordern.
  • Der BGH hält dieses Vorgehen für nicht rechtens, die Erhöhungen der Bankgebühren sind unzulässig und damit unwirksam.
  • Betroffene Kunden können zu viel gezahlte Bankgebühren zurückfordern.
  • Für Rückforderungen gilt eine Verjährungsfrist von drei Jahren.
  • Betroffene sollten sich zuerst für die Rückforderung an Ihre Bank wenden. Bei Problemen mit der Rückforderung kann Ihnen ein Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht helfen.

BGH-Urteil: Fehlender Widerspruch ist kein stilles Einvernehmen

Die Deutsche Postbank hat es vorgemacht, andere Banken hatten es zumindest vor: Das Finanzinstitut änderte seine AGB ab und in diesem Zuge wurden auch die Kontoführungsgebühren erhöht. Kunden wurden innerhalb einer zweimonatigen Frist darüber informiert – und diese Information wollte die Postbank als Zustimmung werten, insofern ein Widerspruch ausblieb. Diesen scheuten die meisten Kunden, da mit einer Änderungskündigung zu rechnen war. Gegen dieses Vorgehen der Postbank klagte der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände (vzbv) beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe (XI ZR 26/20) – und bekam nun Recht. Das Urteil hat Auswirkungen auf viele Bürgerinnen und Bürger, die ein Bankkonto besitzen.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände kritisierte, dass solche stillschweigenden Zustimmungspraktiken zwar grundsätzlich akzeptabel seien, nicht aber für alle Arten von Vereinbarungen und auf der Grundlage von derart weitreichenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Komme es zu Gesetzesänderungen, die eine Anpassung der AGB erfordern, spreche nichts dagegen, den fehlenden Widerspruch als Zustimmung zu werten. Die Höhe der Kontoführungsgebühren sei aber ein so wesentlicher Bestandteil eines Vertrages, dass die Kunden bei Veränderungen zustimmen müssen.

Der BGH teilte diese Meinung und entschied, solche „Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank seien unwirksam sind, wenn sie ohne inhaltliche Einschränkung die Zustimmung des Kunden zu Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Sonderbedingungen fingieren“, heißt es in der Erklärung.

Welche Auswirkungen hat das BGH-Urteil für Banken und Kunden?

Banken sind mit dem BGH-Urteil gezwungen, ihre Praxis zu überarbeiten. Es wird zukünftig nicht mehr möglich sein, Gebühren ohne einen zwingenden Grund zu erhöhen, ohne sich die explizite Zustimmung des Kunden einzuholen. Es wird also einen Änderungsvertrag benötigen. Daraus ergibt sich die Folgerung, dass die Kontoführungsgebühren nicht erhöht werden können, wenn die Zustimmung fehlt. Finanzinstitute können die Gebühren dann vermutlich nur bei Abschluss von Neuverträgen höher ansetzen. Für Sie als Kunde ist das eine Chance, zu viel gezahlte Kontoführungsgebühren nachträglich für die letzten drei Jahre zurückzufordern.

Welche Bankgebühren gibt es?

Bankgebühren umfassen nicht nur die Kontoführungsgebühren, sondern auch Gebühren für Überweisungen und Girokarten. Im Folgenden finden Sie eine Übersicht über die gängigsten Bankgebühren.

Kontoführungsgebühren

Die bekannteste Bankgebühr ist die Kontoführungsgebühr. Sie wird monatlich vom Girokonto abgebucht. Jedoch kann man sie meist auch umgehen, indem ein regelmäßiger Geldeingang auf dem Konto verbucht wird. Dieser sollte in Form eines Gehalts und ab einem Betrag von 700 Euro stattfinden. Rentenzahlungen und Sozialleistungen, die diesen Wert unterschreiten, genügen nicht.

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Suchen Sie explizit nach einem gebührenfreien Girokonto und sparen somit die monatlichen Kontoführungsgebühren.

Überweisungen auf Papier

Immer mehr Banken verlangen für die sogenannten beleghaften Überweisungen Gebühren. Dabei sind 2,50 Euro pro Überweisung keine Seltenheit. Was sich am Ende des Monats zu einer stolzen Summe entwickeln kann. Auch für Überweisungen über das Internet oder am Selbstbedienungsterminal fallen inzwischen Gebühren an.

Girokarte

Für die Girokarte, die früher unter dem Namen EC-Karte bekannt war, fallen mittlerweile Gebühren an. Genauso fordern Kreditunternehmen für die Kreditkarte eine jährliche Gebühr.

Weitere zulässige Gebühren:

  • Gebühren für Kontoauskunft
  • Kostenerstattung für nicht eingelöste Einzugsermächtigungen an den Empfänger
  • Entgelt für Scheckrückgaben
  • Entgelt für Kreditkartennutzung im Ausland
  • Entgelt für von der eigenen Bank verweigerte Einlösung von Lastschriften, Schecks, Daueraufträgen und Überweisungen
  • Kosten für Ein- und Auszahlungen von Bargeld auf das eigene Konto oder vom eigenen Konto am Bankschalter
  • Entgelt beim Verlust der Bankkarte
  • Entgelt für die Ermittlung der Adresse bei nicht erfolgter Mitteilung eines Umzugs

Die oben aufgezählten Bankgebühren können jederzeit von Ihrer Bank erhöht werden. Bisher wurden Kunden darüber per Brief informiert und ihr Schweigen galt als Zustimmung. Die Banken benötigen zukünftig Ihre explizite Zustimmung und müssen Sie zuvor ausdrücklich darauf hinweisen. Wenn Sie mit der Erhöhung nicht einverstanden sind, können Sie fristlos kündigen. Dabei entstehen keine Kosten. Sollte die Bank der Pflicht nicht nachkommen, so können Sie die zu viel gezahlten Gebühren zurückfordern, denn die Gebührenerhöhung ist nicht wirksam.

Diese Bankgebühren sind unzulässig:

  • Entgelt für Ein- und Auszahlungen auf das eigene/vom eigenen Konto (Preis pro Buchungsposten)
  • Beliebige Gebühr für nachträglich erstellte Kontoauszüge
  • Entgelt bei Kartenaustausch infolge einer Beschädigung
  • Entgelt für die Führung eines Darlehenskontos
  • Entgelt für die Kontenpfändung
  • Mehrkosten durch Pfändungsschutzkonto
  • Entgelte für Rücklastschriften
  • Entgelt für den Erhalt von Kontoauszügen
  • Kosten für Zwangskontoauszüge
  • Kosten für Kopien oder Telefonate
  • Kosten für Auskünfte Dritter oder für Auskünfte, die die Bank eingeholt hat
  • Nachforschungsentgelt bei Überweisungen
  • Kosten für die Bearbeitung von Reklamationen
  • Mahnkosten
  • Kosten für die Konto- oder Kreditkündigung oder für bloße Erinnerungsschreiben
  • Entgelte für die Kontoauflösung und fristgemäße Auflösung des Sparguthabens
  • Einbehaltung der vollen Kartengebühr trotz vorzeitiger Vertragsbeendigung
  • Entgelt bei Kartensperre
  • Entgelte für die Bearbeitung von Erbfällen: Meldung ans Finanzamt, Kontoumschreibung
  • Provision bei Geldempfang aus dem Ausland

Bankgebühren zurückfordern: So geht’s

Mit dem Urteil sind de facto alle Erhöhungen der Kontoführungsgebühren, die nach dem 1. Januar 2018 getroffen wurden, unwirksam und können zurückgefordert werden. Das gilt für alle Banken, die wie die Postbank auf eine stillschweigende Zustimmung gesetzt haben. Alle unzulässigen Kontoführungsgebühren, die vor diesem Stichtag erhoben wurden, können nicht zurückverlangt werden, denn sie sind bereits verjährt (§ 195 BGB (regelmäßige Verjährungsfrist)).

Allerdings verjährt der Anspruch nach drei Jahren zum Jahresende (§ 199 BGB (Beginn)). Das bedeutet exemplarisch, dass Sie unzulässige Gebühren vom Jahr 2020 bis zum 31. Dezember 2023 zurückfordern können. Somit ist der Anspruch für das Jahr 2019 bereits verjährt.

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Sie können auf die zu viel gezahlten Bankgebühren Zinsen verlangen. Es sind 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz möglich, mit dem sogenannten Verzugszins.

Wie kann ein KLUGO Partner-Anwalt helfen?

Es wäre erstrebenswert, wenn die Finanzinstitute von selbst auf die Betroffenen zukämen. Das wird aber nicht in allen Fällen erwartet. Deshalb ist es empfehlenswert, dass sich Bankkunden direkt an ihre Bank wenden. Diese ist dazu verpflichtet, eine Aufstellung der gezahlten Gebühren auszustellen. Daraus lässt sich berechnen, wie hoch die Summe der zu viel gezahlten Gebühren ist. Anschließend können Betroffene diese Bankgebühren zurückfordern. Reagiert die jeweilige Bank nicht auf die Zahlungsaufforderung, sollten sich Kunden rechtliche Unterstützung einholen.

Sie sind betroffen und möchten die unzulässigen Bankgebühren zurückfordern? In einem unverbindlichen Gespräch mit einem KLUGO Partner-Anwalt oder Rechtsexperten erhalten Sie im Rahmen einer Ersteinschätzung wichtige Antworten zum weiteren Vorgehen.

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Dann nutzen Sie einfach die KLUGO Erstberatung. Die Erstberatung ist ein Telefongespräch mit einem zertifizierten Anwalt aus unserem Netzwerk.

Beitrag juristisch geprüft von der KLUGO-Redaktion

Der Beitrag wurde mit großer Sorgfalt von der KLUGO-Redaktion erstellt und juristisch geprüft. Dazu ergänzen wir unseren Ratgeber mit wertvollen Tipps direkt vom Experten: Unsere spezialisierten Partner-Anwälte zeigen auf, worauf es beim jeweiligen Thema ankommt.