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EuGH Widerrufsrecht
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EuGH zum Widerrufsrecht: Neues Urteil stärkt Verbraucherrechte

STAND 09.06.2023 | LESEZEIT 3 MIN

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) stärkt mit seinem neuen Urteil vom 17.05.2023 – Az. C-97/22 die Rechte von Verbrauchern. Die Entscheidung betrifft Situationen, in denen Verbraucher von Zahlungsverpflichtungen befreit sind und unterstreicht ihre Rechte in Bezug auf Widerrufsmöglichkeiten. Das Urteil schafft Klarheit darüber, unter welchen Umständen Verbraucher nicht zur Bezahlung von Leistungen verpflichtet sind. Diese Entwicklung stellt einen bedeutsamen Schritt im Verbraucherschutz dar.

Das Wichtigste in Kürze

  • Der EuGH entschied, dass ein Kunde nicht zahlen muss, wenn das Unternehmen vergisst, ihn über sein Widerrufsrecht zu belehren.
  • Das EuGH-Urteil zum Widerruf stärkt somit die Rechte von Verbrauchern erheblich.
  • In dem Fall, den der EuGH zu beurteilen hatte, musste ein Kunde die Erneuerung der Elektroinstallation in seinem Haus nicht zahlen, obwohl das Unternehmen die Leistung bereits erbracht hatte.

Allgemeines zum Vertragsrecht und Widerrufsrecht

Das Widerrufsrecht und das Vertragsrecht stehen in engem Zusammenhang und ergänzen sich gegenseitig. Dabei ist das Widerrufsrecht ein wichtiges Verbraucherschutzinstrument, das Ihnen als Kunde ermöglicht, bestimmte Verträge zu widerrufen. Es gilt für Verträge zwischen Verbrauchern und Unternehmern, insbesondere bei Fernabsatzverträgen und Haustürgeschäften. Wichtige Paragrafen, die das Widerrufsrecht regeln, sind beispielsweise § 312g, § 355 BGB und § 356 BGB.

Sie haben in der Regel 14 Tage Zeit, um den Widerruf zu erklären. Die Frist beginnt ab dem Tag des Vertragsabschlusses oder dem Erhalt der Ware, je nachdem, was später erfolgt. Wichtig ist, dass der Widerruf immer schriftlich erfolgen sollte, z. B. per Brief, Fax oder E-Mail. Geben Sie dabei eindeutig an, dass Sie den Vertrag widerrufen und nennen Sie die relevanten Vertragsdetails.

Einige Verträge sind vom Widerrufsrecht ausgeschlossen, z. B. individuell angefertigte Waren, verderbliche Waren, Audio- oder Videoaufnahmen oder versiegelte Waren mit entferntem Schutz. Wenn Sie Hilfe dabei benötigen, Ihr Widerrufsrecht nach Vertragsabschluss auszuüben, kann Ihnen ein Anwalt für Vertragsrecht behilflich sein.

Alternativ können Sie unseren Dokument-Self-Service nutzen, um einen Vertrag zu widerrufen.

EuGH Widerruf: Über welchen Sachverhalt hatte der EuGH zu entscheiden?

Ein Verbraucher und ein Unternehmen schlossen mündlich am 6.10.2020 einen Vertrag über die Erneuerung der Elektroinstallation im Haus des Verbrauchers. Das Unternehmen hat den Verbraucher nicht über sein Widerrufsrecht gemäß Art. 246a EGBGB informiert. Es handelte sich um einen außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers geschlossenen Vertrag ("Haustürgeschäft"). Nachdem der Verbraucher am 17. März 2021 den Widerruf des Vertrags erklärt hatte, reichte das Unternehmen beim Landgericht Essen Klage auf Zahlung der erbrachten Dienstleistung ein. Der Verbraucher argumentierte, dass das Unternehmen keinen Anspruch auf Vergütung habe, da es versäumt habe, ihn über sein Widerrufsrecht zu informieren.

In der Vorinstanz hatte das Landgericht Essen über die Auslegung von Artikel 14 Absatz 5 der Richtlinie 2011/83/EU zu entscheiden. Das Gericht ist der Meinung, dass der Verbraucher gemäß den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die zur Umsetzung dieser Richtlinie erlassen wurden, nicht für bereits erbrachte Dienstleistungen aufkommen muss, wenn der Unternehmer es versäumt hat, den Verbraucher über sein Widerrufsrecht zu informieren. Das Gericht stellt jedoch die Frage, ob besagter Artikel den Anspruch des Unternehmers auf Wertersatz ausschließt, auch wenn der Verbraucher sein Widerrufsrecht erst nach Erbringung einer Dienstleistung im Rahmen eines außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrags ausübt und somit einen ungerechtfertigten Vermögenszuwachs erlangt hat, was dem allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts des Verbots ungerechtfertigter Bereicherung widerspricht.

Wie stärkt das Urteil des EuGH zum Widerrufsrecht die Rechte von Verbrauchern?

Der EuGH entschied folgendermaßen: Gemäß Artikel 14 Absatz 4 Buchstabe a Ziffer i und Artikel 14 Absatz 5 der Richtlinie 2011/83/EU besteht die Regelung, dass ein Verbraucher von jeglicher Verpflichtung zur Bezahlung von Leistungen befreit ist, die im Rahmen eines außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Vertrags erbracht wurden, wenn der Unternehmer dem Verbraucher die erforderlichen Informationen gemäß Artikel 14 Absatz 4 Buchstabe a Ziffer i nicht mitgeteilt hat und der Verbraucher sein Widerrufsrecht nach Erfüllung dieses Vertrags ausgeübt hat.

Mit dieser Entscheidung zum Widerrufsrecht stärkt der EuGH die Rechte von Verbrauchern auf vielfältige Weise:

  • Der EuGH bestätigt, dass Verbraucher von jeglicher Zahlungsverpflichtung befreit sind, wenn sie Leistungen im Rahmen eines außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Vertrags erhalten haben und der Unternehmer ihnen nicht die erforderlichen Informationen gemäß den geltenden Vorschriften zur Verfügung gestellt hat.
  • Das Urteil bekräftigt die Bedeutung der Informationspflichten für Unternehmer und stellt sicher, dass Verbraucher vor unfairen Geschäftspraktiken geschützt sind.
  • Es betont auch die Relevanz des Widerrufsrechts für Verbraucher und bestätigt, dass Verbraucher dieses Recht auch nach Erfüllung des Vertrags ausüben können.
  • Das Urteil des EuGH stärkt die Rechtsposition von Verbrauchern, indem es ihnen ermöglicht, Verträge zu widerrufen und von Zahlungsverpflichtungen befreit zu werden, wenn ihnen wichtige Informationen vorenthalten wurden.

Somit fördert das EuGH-Urteil zum Widerrufsrecht die Transparenz und den Schutz der Verbraucherinteressen, indem es den Unternehmern klare Verpflichtungen auferlegt, Informationen bereitzustellen.

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