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Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit
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Zählt der Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit?

STAND 07.11.2022 | LESEZEIT 3 MIN

Wer Bereitschaftsdienst hat, muss sich in unmittelbarer Nähe zu seinem Arbeitsplatz aufhalten, um seine Arbeit jederzeit selbstständig aufnehmen zu können, wenn seine Arbeitskraft benötigt werden sollte. Doch wie wird der Bereitschaftsdienst arbeitsrechtlich gewertet? Zählt er als Arbeitszeit? Müssen Bereitschaftsdienste vergütet werden? Und wie ist der Bereitschaftsdienst von der Ruhebereitschaft und der Arbeitsbereitschaft abzugrenzen?

Das Wichtigste in Kürze

  • Bereitschaftsdienste sind seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Jahr 2000 in vollem Umfang als Arbeitszeit anzurechnen.
  • Auch Pausenzeiten können als Arbeitszeit zählen, wenn sich der Arbeitnehmer in diesen jederzeit bereithalten muss, um seine Arbeit wiederaufzunehmen.
  • So entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) im Falle eines Bundespolizisten, der auf Anrechnung seiner Pausenzeiten als Arbeitszeit geklagt hatte.
  • Der Bereitschaftsdienst ist arbeitsrechtlich von der Rufbereitschaft und der Arbeitsbereitschaft abzugrenzen.

Was versteht man arbeitsrechtlich unter Bereitschaftsdienst?

Ein Arbeitnehmer im Bereitschaftsdienst ist dazu verpflichtet, sich im Unternehmen oder zumindest in dessen unmittelbarer Nähe aufzuhalten, damit er seine Arbeit umgehend aufnehmen kann, wenn dies erforderlich ist.

Vom Bereitschaftsdienst betroffen sind viele Branchen. Neben Unternehmen, die einen 24-Stunden-Service anbieten, müssen sich unter anderem nicht nur Mitarbeiter der Feuerwehr, Polizei und Justiz, sondern auch Rettungssanitäter, Ärzte, Tierärzte, Bestatter und Mitarbeiter im Eisenbahnverkehr dann und wann zur Arbeit bereithalten. Ebenso gibt es für Erzieher, psychologische Dienste und in der Taxi- und Botenbranche Bereitschaftsdienste.

Was sind die Unterschiede zwischen Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft und Arbeitsbereitschaft?

Der Bereitschaftsdienst ist nicht die einzige Dienstform, bei der sich Arbeitnehmer zur Arbeit bereithalten müssen.

Er ist im Arbeitsrecht von der sogenannten Rufbereitschaft und der Arbeitsbereitschaft abzugrenzen:

  • Rufbereitschaft: Der Arbeitnehmer darf selbst entscheiden, wo er sich aufhält. Allerdings muss er sicherstellen, innerhalb eines bestimmten (mit dem Arbeitgeber vereinbarten) Zeitraums am Einsatzort sein und seine Arbeit aufnehmen zu können. Rufbereitschaft zählt nur dann als Arbeitszeit, wenn der Arbeitnehmer auch tatsächlich zur Arbeit gerufen wird.
  • Arbeitsbereitschaft: Der Arbeitnehmer befindet sich an seinem Arbeitsplatz und muss sich für die Arbeit jederzeit einsatzbereit halten. Ein gutes Beispiel für die Arbeitsbereitschaft sind Taxifahrer. Anders als die Rufbereitschaft wird die Arbeitsbereitschaft voll als Arbeitszeit angerechnet.

Zählt Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit?

Arbeitsrechtlich zählt ein Bereitschaftsdienst seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Jahr 2000 vollumfänglich als Arbeitszeit – unabhängig davon, ob im Bereitschaftsdienst tatsächlich gearbeitet wurde oder nicht. Allerdings muss der Bereitschaftsdienst nicht vollumfänglich vergütet werden. Meist erhalten Arbeitnehmer für Bereitschaftsdienste eine pauschale Vergütung oder einen bestimmten Prozentsatz ihres regulären Stundenlohns.

Einem neuen Urteil des BVerwG nach können auch Pausenzeiten, die in Bereithaltung verbracht werden müssen, als Arbeitszeit gelten und einen Anspruch auf einen Freizeitausgleich nach sich ziehen (BVerwG, Urt. v. 13.10.2022, Az. 2 C 24.21). Geklagt hatte ein Bundespolizist, der die Anrechnung von 1020 Pausenminuten als Arbeitszeit verlangte, weil er diese in Bereithaltung verbracht habe. In den Vorinstanzen wurde die Beklagte dazu verurteilt, 510 Minuten der Pausenzeit als Arbeitszeit anzurechnen. Bei der Revision vor dem BVerwG kamen weitere 105 Minuten hinzu.

Das BVerwG begründetet seine Entscheidung mit dem sogenannten beamtenrechtlichen Ausgleichsanspruch. Wenn ein Arbeitnehmer sich in seinen Pausen für die Arbeit bereitzuhalten habe, handele es sich um Arbeitszeit, weil die Pause nicht zur Entspannung genutzt werden könne. Entsprechend müsse eine Anrechnung auf die Arbeitszeit stattfinden.

So hilft Ihnen ein KLUGO Partner-Anwalt weiter

Dass der Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit zählt, ist keine Frage. Trotzdem kommt es zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern immer wieder zu Unstimmigkeiten, was die Anrechnung von Arbeitszeiten angeht. Ein Anwalt für Arbeitsrecht kann in solchen Fällen helfen, eine Lösung zu finden.

Gern können Sie auch einen unserer erfahrenen KLUGO Partner-Anwälte oder Rechtsexperten kontaktieren und Ihr Anliegen im Rahmen einer telefonischen Erstberatung besprechen.

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Der Beitrag wurde mit großer Sorgfalt von der KLUGO-Redaktion erstellt und juristisch geprüft. Dazu ergänzen wir unseren Ratgeber mit wertvollen Tipps direkt vom Experten: Unsere spezialisierten Partner-Anwälte zeigen auf, worauf es beim jeweiligen Thema ankommt.