Umziehen als Arbeitszeit

Das gilt für Arbeitnehmer Ist das Umziehen Arbeitszeit?

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Viele Arbeitnehmer fragen sich, ob das Umziehen in Arbeitskleidung zur Arbeitszeit zählt und entsprechend vergütet werden muss. Die Antwort darauf hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie den Vorgaben des Arbeitgebers und der Art der Kleidung. In diesem Beitrag erfährst du, wann Umkleidezeiten als Arbeitszeit gelten, welche rechtlichen Grundlagen dabei zu beachten sind und wie du vorgehen kannst, falls Unklarheiten bestehen.

von N. Haussmann
06.10.2023
5 Min Lesezeit

Umziehen als Arbeitszeit Das Wichtigste in Kürze

  • Das Umziehen von Kleidung zählt eigentlich als Privatsache und somit nicht als Arbeitszeit; es gibt jedoch Ausnahmen von dieser Regelung.

  • Wenn der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern vorschreibt, eine spezielle Arbeitskleidung zu tragen, wird das Umziehen als Teil der Arbeitszeit betrachtet.

  • Zählt das Umkleiden als Arbeitszeit, muss es auch eine entsprechende Vergütung geben.

  • Wenn das Umziehen sowohl dem Bedürfnis des Arbeitgebers als auch dem Bedürfnis des Arbeitnehmers dient, gilt die Umkleidezeit nicht als Arbeitszeit und muss auch nicht vergütet werden.

Unter welchen Voraussetzungen zählt Umziehen als Arbeitszeit?

Um die Frage zu beantworten, ob Umziehzeiten als Arbeitszeiten zählen, ist die rechtliche Grundlage für die Betrachtung des Umziehens als Arbeitszeit entscheidend: Gemäß § 6 Abs. 1 TVöD bzw. § 6 Abs. 1 TV-L gilt das An- und Ausziehen von Kleidung als private Angelegenheit und wird nicht vergütet. Allerdings gibt es Ausnahmen von dieser Regelung.

Eine solche Ausnahme besteht, wenn der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern vorschreibt, eine spezielle Arbeitskleidung zu tragen. In diesem Fall wird das Umziehen als Bestandteil der Arbeitszeit angesehen, da es dazu dient, die Bedürfnisse des Arbeitgebers zu erfüllen.

Was sagt das Bundesarbeitsgericht?

Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) trägt zur Klarheit bei, wann das Umziehen zur Arbeitszeit zählt.

Für die Entscheidungen werden regelmäßig zwei entscheidende Kriterien herangezogen:

  1. Vorgeschriebene Kleidung: Wenn der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung vorschreibt und diese Kleidung zwingend im Betrieb angelegt werden muss, wird die Umkleidezeit zur Arbeitszeit.

  2. Auffällige Kleidung: Wenn die Arbeitskleidung besonders auffällig ist und der Arbeitnehmer sie deshalb im Betrieb anzieht, wird auch diese Zeit als Arbeitszeit betrachtet.

Beispielsweise entschied das Bundesarbeitsgericht in einem Fall Folgendes: Krankenhauspersonal kann für die Zeit des An- und Ausziehens der Dienstkleidung Lohn verlangen. Ist die genaue Umkleidezeit nicht ermittelbar, kann diese für die Entlohnung geschätzt werden (Az. 5 AZR 382/16).

Wichtig zu wissen ist, dass die Umkleidezeit nicht zur Arbeitszeit gehört, wenn das Umziehen sowohl einem fremden Bedürfnis (dem Bedürfnis des Arbeitgebers) als auch dem Bedürfnis des Beschäftigten dient. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Arbeitnehmer sich entscheidet, die Kleidung zu Hause anzuziehen und sie auf dem Weg zur Arbeit trägt.

In welchen Fällen muss der Arbeitgeber die Umkleidezeit als Arbeitszeit vergüten?

Wenn der Arbeitgeber von seinen Mitarbeitern verlangt, eine bestimmte Kleidung zu tragen, ist er auch dazu verpflichtet, die Umkleidezeit zu vergüten. Dies gilt, weil die Umziehzeit dann als Arbeitszeit betrachtet wird und somit vergütet werden muss.

Allerdings gibt es Situationen, die komplizierter sind. Dies ist vor allem wie oben beschrieben der Fall, wenn das Umziehen auch eigenen Bedürfnissen des Arbeitnehmers dient und nicht nur der Befriedigung fremder Bedürfnisse.

Wann ist der Anspruch auf Vergütung der Umkleidezeit ausgeschlossen?

Der Anspruch auf Vergütung der Umkleidezeit ist ausgeschlossen, wenn das Umziehen ausschließlich eigenen Bedürfnissen des Arbeitnehmers dient und nicht dazu dient, die Anforderungen des Arbeitgebers zu erfüllen. Im Folgenden zwei Beispiele zur Verdeutlichung.

Unauffällige Dienstkleidung

Wenn du unauffällige Dienstkleidung wie einen Hosenanzug oder ein schwarzes Shirt trägst und diese bereits zu Hause anlegst, obwohl der Arbeitgeber sowohl Umkleideräume vor Ort zur Verfügung stellt als auch die Zeit vor Ort vergütet, erfüllst du damit ein eigenes Interesse – nämlich bekleidet in der Öffentlichkeit zu erscheinen. In einem solchen Fall hat der Arbeitgeber keine Verpflichtung, diese Zeit zu vergüten.

Auffällige Dienstkleidung

Wenn die Dienstkleidung hingegen besonders auffällig ist, wie zum Beispiel bei Feuerwehrleuten oder Ärzten in weißen Kitteln, und es dir gestattet ist, diese Kleidung auch außerhalb der Arbeitszeit zu tragen, könnte trotz Umkleidemöglichkeit im Betrieb ein eigenes Interesse vorliegen, die Kleidung zu Hause zu wechseln.

Gibt es eine Vergütung für die Wegezeiten zum Umkleideraum?

Wenn das Umziehen zur Arbeitszeit zählt, müssen auch alle anderen Tätigkeiten im Zusammenhang damit vergütet werden. Dazu gehören beispielsweise das Abholen der Dienstkleidung, die Auswahl, Anprobe und Entgegennahme der Kleidung sowie die Wegezeit zum Umkleidebereich.

Wie viel Geld kann ich für Umzieh- und Wegezeiten verlangen?

Die Höhe der Vergütung für Umzieh- und Wegezeiten hängt in der Regel von den individuellen Arbeitsverträgen und Tarifvereinbarungen ab. Sofern keine spezifischen Vereinbarungen getroffen wurden, gilt die übliche Vergütung.

Wir empfehlen dir, die Vergütungsfrage mit deinem Arbeitgeber zu klären, um Missverständnisse zu vermeiden. Bei Schwierigkeiten kann dir ein Anwalt für Arbeitsrecht helfen, dein Recht durchzusetzen.

So hilft dir ein KLUGO Partner-Anwalt weiter

Wann genau die Umziehzeit als Arbeitszeit gezählt werden kann und wann nicht, ist genau wie die Frage, ob der Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit zählt, nicht immer auf den ersten Blick eindeutig zu klären.

Falls du dich in einer Situation befindest, in der du unsicher bist, ob dir eine Vergütung für Umkleide- und Wegezeiten zusteht, kann dir ein KLUGO Partner-Anwalt und Rechtsexperte für Arbeitsrecht weiterhelfen. Kontaktier uns jetzt, um einen Termin für ein Erstgespräch zu vereinbaren.

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Über unsere Autoren Nina Haussmann

Nina Haussmann ist seit 2016 freiberufliche Texterin, Ghostwriterin und Lektorin. Mit einem Bachelor-Abschluss in Germanistik und Politikwissenschaften und einem Master-Abschluss in Deutscher Literatur hat sie nicht nur ein fundiertes Wissen über die Feinheiten der deutschen Sprache, sondern auch die Fähigkeit, komplexe Sachverhalte verständlich aufzubereiten. Hauptsächlich schreibt sie Texte im juristischen Bereich, vorwiegend zum Thema Erbrecht, und Ratgebercontent. So unterstützt sie auch die KLUGO-Redaktion seit Anfang 2020 regelmäßig mit Blog- und Contentbeiträgen.

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