STAND 24.10.2023 | LESEZEIT 15 MIN
Die Krankenkasse zahlt nicht? Für Betroffene kann das schnell zum Desaster werden. Doch Sie haben rechtliche Möglichkeiten, die Krankenkasse zur Zahlung der Leistungen zu verpflichten.
Alle Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung haben im Krankheitsfall Anspruch auf eine geeignete Behandlung. Dieser Anspruch ist zunächst unabhängig von äußeren Faktoren und gilt auch dann, wenn Sie Ihre Versicherungsbeiträge nicht oder nur unregelmäßig gezahlt haben. Die gesetzlichen Krankenkassen sind dazu verpflichtet, alle Arbeitnehmer zu versichern, die die aktuell geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze für 2023 von 66.600 Euro jährlich bei der allgemeinen Versicherungspflichtgrenze und 59.850 Euro jährlich bei der besonderen Versicherungspflichtgrenze nicht überschreiten. Das ist im Versicherungsrecht verankert. Dadurch sind ca. 73 Millionen Menschen in Deutschland über eine gesetzliche Krankenversicherung versichert.
Gesetzlich Versicherte haben Anspruch auf eine Vielzahl von Leistungen. Dieser Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen ist im Sozialgesetzbuch V geregelt. Dazu gehören etwa Früherkennung und Behandlung von Krankheiten, medizinische Rehabilitation und auch Krankengeld. Die gesetzliche Versorgung macht etwa 95 Prozent der Kassenleistungen aus. Sie ist bei allen Kassen gleich. Trotz der Tatsache, dass die Krankenkasse im Krankheitsfall zur Übernahme wirksamer und sinnvoller Behandlungsmethoden verpflichtet ist, müssen nicht alle Leistungen auch gezahlt werden. Abgedeckt sind lediglich Regelleistungen und Satzungsleistungen. Für kostenintensive Behandlungen sowie Heil- und Hilfsmittel können für Versicherte Zuzahlungen anfallen. Detaillierte Informationen dazu, welche Zusatzleistungen von der Krankenkasse übernommen werden und welche nicht, erhalten Sie direkt bei Ihrer Versicherung.
Gesetzlich vorgeschrieben sind folgende Leistungen:
Nur zur Behandlung einer bestimmten Krankheit zugelassene Behandlungsmethoden und Medikamente werden von der Krankenkasse übernommen. Experimentelle oder in ihrer Wirksamkeit nicht bestätigte Methoden und Medikamente werden von der Krankenkasse nicht gezahlt.
Sinn und Zweck der Krankenversicherung ist es, im Krankheitsfall für schnelle Abhilfe zu schaffen und die ärztliche Versorgung sicherzustellen. Voraussetzung dafür ist aber das Vorliegen einer Krankheit. Wer lediglich zu Lifestyle-Zwecken eine Behandlung in Anspruch nehmen möchte oder auf Behandlungsmethoden zurückgreift, deren Wirksamkeit nicht nachgewiesen ist, muss die Kosten in der Regel selbst tragen.
So kann die Krankenkasse unter anderem die Kosten für folgende medizinische Behandlungen ablehnen:
Ferner ist die Krankenversicherung dazu berechtigt, den Bedarf zu prüfen. Wenn Sie einen Antrag auf Kostenübernahme einreichen, die Krankenversicherung die Behandlung jedoch für unnötig oder unverhältnismäßig hält, so kann der Antrag abgelehnt werden.
Das generelle Vorgehen, um die Leistungsübernahme bei der Krankenversicherung zu erreichen, hängt maßgeblich von der Art der Versicherung ab. Gesetzlich Versicherte müssen, wenn es zur Ablehnung der Kostenübernahme kommt, zunächst Widerspruch einlegen. Ist dieser erfolglos, kann im Anschluss vor dem Sozialgericht gegen die gesetzliche Krankenkasse geklagt werden.
Privatversicherte Personen sind dagegen nicht dazu verpflichtet, zunächst einen Widerspruch gegen die Kostenablehnung einzureichen und können unmittelbar den Klageweg einschreiten. Hier findet das Klageverfahren allerdings nicht vor dem Sozialgericht statt, sondern wird am Zivilgericht behandelt. Auch die Fristen unterscheiden sich: Eine private Krankenversicherung ist dazu verpflichtet, binnen einer Frist von vier Wochen auf einen Kostenübernahmeantrag zu reagieren, in gesundheitlich dringenden Fällen sogar unverzüglich, spätestens jedoch nach zwei Wochen.
Im Krankheitsfall erhalten Sie zunächst sechs Wochen lang eine Lohnfortzahlung durch Ihren Arbeitgeber. Sind Sie länger als sechs Wochen krank, springt im Anschluss die Krankenversicherung ein und zahlt Krankengeld. Dafür muss jedoch eine ärztlich bestätigte Krankmeldung vorliegen. Ist das nicht der Fall, zahlt die Krankenkasse kein Krankengeld aus.
Wenn die Krankenkasse das Krankengeld nicht zahlt, liegen in der Regel gute Gründe für die Ablehnung vor. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Krankenkasse nicht jeden Fall einzeln prüft, sondern anhand der Aktenlage beurteilt. So wird im Zuge der Krankschreibung ein sogenannter ICD-Code an die Krankenkasse übermittelt, der Aufschluss darüber gibt, woran Sie erkrankt sind. Sieht der ICD-Code in der Regel keine längere Zeit der Krankschreibung vor, so wird die Zahlung von Krankengeld zunächst automatisch abgelehnt. Sie erhalten einen Ablehnungsbescheid von der Krankenkasse, gegen den Sie Widerspruch einlegen können. Dazu haben Sie ab dem Zeitpunkt der Zustellung des Ablehnungsbescheids einen Monat Zeit.
Suchen Sie nicht nur das direkte Gespräch mit Ihrer Krankenkasse, sondern informieren Sie auch Ihren behandelnden Arzt über die Ablehnung. Dieser kann Sie bei Ihrem Widerspruch unterstützen, indem er notwendige Unterlagen zur Verfügung stellt, eine Stellungnahme anfertigt und ebenfalls den Kontakt zur Krankenkasse sucht.
Der Widerspruch gegen die Zahlungsablehnung der Krankenkasse hat jedoch keine aufschiebende Wirkung. Das heißt konkret: Die Krankenkasse kann die Zahlung auch weiterhin bis zum Abschluss der Entscheidung verweigern. Können Sie nicht so lange auf Ihr Krankengeld warten, müssen Sie vor dem Sozialgericht die Leistungsübernahme einklagen.
Wie es sich mit dem Krankengeld nach der Kündigung verhält, erfahren Sie im Beitrag „Krankengeld nach Kündigung“.
Wenn sich die Krankenkasse weigert, zugesicherte Leistungen zu übernehmen, müssen Sie dies als Versicherter nicht einfach stillschweigend hinnehmen. Legen Sie innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist von einem Monat nach Zustellung des Ablehnungsbescheides Widerspruch ein, um Ihren Anspruch durchzusetzen.
Zusätzlich stehen Ihnen noch weitere Möglichkeiten zur Verfügung, damit Sie zu Ihrem Recht kommen:
Sobald Ihr Kostenübernahmeantrag von der Krankenkasse abgelehnt wurde, lohnt es sich, Widerspruch einzulegen. Das liegt schon daran, dass im ersten Schritt keine individuelle Prüfung des Falls stattfindet, sondern lediglich anhand der Aktenlage geprüft wird, ob die Kostenübernahme sinnvoll erscheint. Mit dem Einlegen des Widerspruchs erzwingen Sie jedoch eine individuelle Prüfung Ihres Falles.
Wenn Sie Widerspruch gegen den Kostenablehnungsbescheid der Krankenkasse einlegen möchten, gehen Sie wie folgt vor:
Weitere, detailliertere Informationen dazu, wie Sie bei der Krankenkasse Widerspruch einlegen, erhalten Sie im Beitrag „Ablehnung durch Krankenkasse: So gelingt der Widerspruch“.
Wenn die Krankenkasse nicht auf Ihre Forderungen reagiert und Sie gänzlich ignoriert, gilt der Antrag nach einer Frist von drei Wochen, innerhalb von fünf Wochen, wenn eine Stellungnahme des MDK erforderlich ist – automatisch als vorläufig bewilligt. Dabei spricht man von der sogenannten Genehmigungsfiktion. Diese greift allerdings nur, wenn es keinerlei schriftliche Zusagen oder Absagen seitens der Krankenkasse gab und auch sonst keine Schreiben an Sie versendet wurden, die diese Frist entkräften. Mündliche Reaktionen der Krankenkasse sind rechtlich nicht relevant und können die Genehmigungsfiktion daher nicht beeinflussen.
Dennoch sollten Sie sich nach Ablauf der dreiwöchigen Frist zunächst mit einem Fachanwalt für Versicherungsrecht austauschen, bevor Sie eine teure Behandlung in Anspruch nehmen, für die keine explizite Kostenübernahmebestätigung seitens der Krankenkasse vorliegt. Den rechtlichen Anspruch auf Kostenübernahme müssen Sie auch im Falle der Genehmigungsfiktion durchsetzen – notfalls mit einer Klage vor dem Sozialgericht.
Ihre Krankenkasse zahlt nicht und Sie möchten rechtlich dagegen vorgehen? Grundsätzlich ist der Klageweg vor dem Sozialgericht für die Versicherten bei gesetzlichen Krankenkassen kostenlos – doch das Versicherungsrecht ist komplex und anspruchsvoll. Möchten Sie Ihre Ansprüche vor Gericht durchsetzen, lohnt sich die Unterstützung durch einen Fachanwalt für Versicherungsrecht. Dieser weiß genau, worauf es bei der Einforderung der Kostenübernahme ankommt, und welche Unterlagen vorliegen müssen, damit Sie Ihren Anspruch durchsetzen können.
Im Rahmen der KLUGO Erstberatung erhalten Sie eine erste Einschätzung zum Sachverhalt durch unsere Rechtsexperten. Ob Sie im Anschluss einen KLUGO Partner-Anwalt beauftragen möchten, um Sie auch vor Gericht gegen die Krankenkasse zu vertreten, entscheiden Sie natürlich selbst.
Dann nutzen Sie einfach die KLUGO Erstberatung. Die Erstberatung ist ein Telefongespräch mit einem zertifizierten Anwalt aus unserem Netzwerk.
Beitrag juristisch geprüft von der KLUGO-Redaktion
Der Beitrag wurde mit großer Sorgfalt von der KLUGO-Redaktion erstellt und juristisch geprüft. Dazu ergänzen wir unseren Ratgeber mit wertvollen Tipps direkt vom Experten: Unsere spezialisierten Partner-Anwälte zeigen auf, worauf es beim jeweiligen Thema ankommt.