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Ärztliche Schweigepflicht
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Ärztliche Schweigepflicht: Ärzte dürfen Schweigepflicht brechen

STAND 15.03.2019 | LESEZEIT 4 MIN

Die ärztliche Schweigepflicht ist die Basis für ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Arzt und Patient. Durch die Schweigepflicht kann das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient gewährleistet werden. Doch wann genau greift die Verschwiegenheitsklausel, welche Ausnahmeregelungen gibt es und was geschieht, wenn ein Arzt etwas verrät, was er für sich hätte behalten müssen?

Das Wichtigste in Kürze

  • Ärztliche Schweigepflicht bedeutet, dass ein Patient darauf vertrauen kann, dass persönliche Informationen, die er seinem Arzt anvertraut, nicht an Dritte weitergegeben werden.
  • Die Verschwiegenheitspflicht besteht auch über den Tod des Patienten hinaus fort, wenn eine Offenbarung dem ausdrücklich geäußerten oder mutmaßlichen Willen des Patienten nicht entspricht.
  • Nur ausnahmsweise wird der Arzt von seiner Schweigepflicht entbunden; sei es, weil der Patient dafür seine Einwilligung abgegeben hat oder gesetzliche Vorschriften eine Entbindung erlauben/vorschreiben.
  • Verstöße gegen die ärztliche Schweigepflicht können für den Arzt strafrechtliche als auch zivilrechtliche Folgen haben.

Ärztliche Schweigepflicht gemäß § 203 StGB und § 9 Muster-Berufsordnung

Die ärztliche Schweigepflicht garantiert, dass alles was ein Patient seinem Arzt mitteilt, geheim gehalten wird. Diese Schweigepflicht greift auch über den Tod des Patienten hinaus. Ausgeschlossen von der Schweigepflicht sind laut Medizinrecht Informationen, die der Arzt außerhalb der Behandlung, also nicht in seiner Funktion als behandelnder Arzt, mitbekommen hat. Als Rechtsgrundlage dient hierbei § 203 StGB sowie § 9 der Muster-Gerufsordnung für Ärztinnen und Ärzte (MBO).

Unter die ärztliche Schweigepflicht fallen folglich alle Gesprächsinhalte zwischen einem Patienten und seinem Arzt sowie alle Patientendaten bezüglich der Krankheit und deren Verlauf, inklusive Therapiemaßnahmen, psychischer Auffälligkeiten, wirtschaftlicher Verhältnisse und mehr. Zudem darf die Identität des Patienten nicht weitergegeben werden und damit auch nicht die Information, dass der Patient überhaupt in ärztlicher Behandlung war. Auch der Austausch mit schweigepflichtigen Arztkollegen ist laut § 203 StGB strafbar, sofern diese nicht selbst an der Behandlung beteiligt sind. Außerdem gibt es weitere Ausnahmen, in denen die ärztliche Schweigepflicht missachtet werden darf.

Ausnahmen: Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht

Ein Patient kann eine Einwilligung unterzeichnen, die den Arzt von der Schweigepflicht befreit. Hierbei gilt, dass der Patient für eine rechtlich geltende Schweigepflichtsentbindung einwilligungsfähig sein muss. Des Weiteren gibt es den Fall der mutmaßlichen Einwilligung des Patienten. Wenn dieser zum Beispiel bewusstlos ist, kann er nicht aktiv der Schweigepflichtsentbindung des Arztes zustimmen. In diesem Fall kann der Arzt abwägen, inwiefern der Patient mit dem Bruch der ärztlichen Schweigepflichtvereinbarung einverstanden wäre und diese gegebenenfalls aufheben.

Zudem existiert eine gesetzliche Offenbarungspflicht. Die Entbindung von der Schweigepflicht ist folglich auch aus gesundheitspolitischen Gründen möglich. Aus diesem Grund besteht eine Meldepflicht bei gefährlichen Infektionskrankheiten, Geburt oder Tod und geplanten Verbrechen mit besonderer Schwere. Bei einer meldepflichtigen Krankheit müssen außerdem per Gesetz die Behörden informiert werden – die Schweigepflicht des Arztes entfällt entsprechend. Bei Schuss- und Stichverletzungen besteht in Deutschland hingegen keine Meldepflicht. Erfährt der Arzt von einer Geisteskrankheit, Aids-Erkrankung, Fahruntauglichkeit oder Kindesmisshandlung hat er gute Chancen, eine Schweigepflichtverletzung vor Gericht plausibel zu rechtfertigen, da diese dem Schutz der Allgemeinheit diente.

Gründe für eine Schweigepflichtentbindung im Überblick:

  • Einwilligung des Patienten
  • Mutmaßliche Einwilligung des Patienten
  • Gesundheitspolitische Gründe wie eine meldepflichtige Krankheit

Rechtsfolgen bei Missachtung der ärztlichen Schweigepflicht

Die Gesetzeslage ist für Ärzte, die die ärztliche Schweigepflicht unbefugt brechen, eindeutig: Laut § 203 StGB wird dem betroffenen Arzt eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe auferlegt. Zudem kann der Arzt gemäß § 823 II BGB mit einer zivilrechtlichen Haftung in Form von Schadensersatz oder Schmerzensgeld belangt werden. Auch ein Schadensersatz wegen der verletzten Persönlichkeitsrechte kann gegebenenfalls vom Patienten geltend gemacht werden. Die Ärztekammer kann laut § 9 MBO bei einem Verstoß der ärztlichen Schweigepflicht zudem eine Verwarnung, eine Geldstrafe von bis zu 50.000 Euro, einen Verweis oder gar die Aberkennung der Mitgliedschaft aussprechen.

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