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Containern: Verurteilung wegen Diebstahls bleibt rechtmäßig
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Containern: Wird es straffrei werden?

STAND 23.01.2024 | LESEZEIT 4 MIN

Wer in Deutschland Lebensmittel aus dem Müll entnimmt, der macht sich strafbar. Denn: Auch weggeworfene Lebensmittel befinden sich noch im Besitz von Händlern und Supermärkten. Trotzdem werden immer wieder Lebensmittel gerettet und an Bedürftige verteilt. Eigentlich eine gute Sache, weshalb es immer wieder Bestrebungen gibt, das Containern straffrei zu stellen. Wird das Containern 2024 aus der Illegalität geholt?

Das Wichtigste in Kürze

  • „Containern“ benennt die Praxis, gut erhaltene Lebensmittel aus den Mülltonnen von Supermärkten und Händlern zu retten.
  • Wer containert, kann sich u. a. wegen Diebstahls nach § 242 StGB strafbar machen, weil entsorgte Lebensmittel nach geltendem Recht, weiter den Eigentümern gehören.
  • Bestrebungen, das Containern straffrei zu stellen, scheitern bisher an rechtlichen Bedenken.
  • Supermärkte haben die Sorge, verklagt zu werden, wenn Konsumenten beim Verzehr der geretteten Waren gesundheitliche Beschwerden haben.

Was ist Containern?

Der Begriff „Containern“ benennt ein Verhalten, das auch als Dumpster Diving (dt. Mülltauchen) bezeichnet wird. Dabei durchsuchen Menschen die Abfallcontainer von Supermärkten und Lebensmittelhändlern nach Produkten, die noch essbar sind. Laut dem Statistischen Bundesamt landen jährlich circa elf Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll.

Die Ursachen liegen auch darin, dass Supermärkte gut erhaltene Lebensmittel wegwerfen, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist. Eine andere Ursache ist die Fehlkalkulation der Händler. Initiativen wie Foodsharing retten genießbare Lebensmittel und verteilen sie kostenfrei innerhalb des Netzwerkes.

Warum ist Containern illegal?

Bisher ist das Containern strafbar. Denn auch, wenn weggeworfene Lebensmittel aus der Mülltonne darstellen, so gehören sie rein rechtlich noch immer den Supermärkten bzw. Händlern. Eines der wichtigsten Urteile zum Containern wurde 2019 am Amtsgericht Fürstenfeldbruck gefällt, Az. 206 StRR 1015/19. Zwei Studentinnen entwendeten in diesem Jahr abgelaufene Paprika und Schokoladenpudding aus den Containern eines Supermarktes. Sie wurden angeklagt und verwarnt sowie jeweils zu einer Geldstrafe von 225 Euro verurteilt. Gegen dieses Urteil legten Sie eine Verfassungsklage vor dem Bundesverfassungsgericht ein, das das Urteil jedoch bestätigte: Müll ist als Eigentum geschützt.

Wird Containern bald straffrei?

Containern als Straftat zu behandeln, steht der Lebensmittelverschwendung entgegen. Deshalb gibt es immer wieder Initiativen und politische Bestreben, das Containern straffrei zu machen. Zuletzt setzten sich Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) für ein straffreies Containern ein. Sie schlugen eine Änderung der Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren vor.

Demnach soll von einer Strafverfolgung abgesehen werden, wenn für das Entwenden der Lebensmittel kein Hausfriedensbruch oder Sachbeschädigung begangen wird. Diese pragmatische Lösung auf Länderebene macht das Containern also nicht wirklich straffrei, solche Fälle sollen lediglich wegen Diebstahls oder Diebstahls geringwertiger Sachen eingestellt werden. Dieser Vorschlag stellt eine Änderung der Richtlinien für das Strafverfahren auf Länderebene dar. Es ist nicht vorgesehen, das Strafrecht auf Bundesebene zu verändern.

Eine wirkliche Weiterentwicklung ist der Vorschlag von Bundesjustizminister Marco Buschmann und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir nicht, denn in diesem Sinn ist das Containern bereits jetzt in speziellen Konstellationen straffrei. Im April 2023 wurde über einen ähnlichen Gesetzentwurf der Fraktion Die Linke debattiert. Auch hier war die Meinung der meisten Experten, dass es sich bei dieser Änderung um ein „systematisch unpassendes Mittel“ und keine echte Entkriminalisierung handele.

In welchen Fällen ist Containern bereits jetzt straffrei?

Initiativen wie Foodsharing haben bereits jetzt Vereinbarungen mit Supermärkten, dass Lebensmittel aus der Mülltonne für die Verteilung freigegeben werden. Hier verzichten Discounter und Supermärkte ganz bewusst auf die Produkte. Grundsätzlich können die Eigentümer auf einen Strafantrag verzichten, sodass die Staatsanwaltschaft von einer Verfolgung der Tat absieht oder das Verfahren einstellt. Die Änderung der Richtlinien für das Strafverfahren, wie sie Marco Buschmann und Cem Özdemir zum Containern vorschlagen, bringen dazu kaum weitere Vorteile. Lebensmittelhändler, die das Containern ablehnen, haben rechtliche Bedenken, die auch mit diesem Vorschlag nicht ausgeräumt werden.

Welche rechtlichen Bedenken gibt es?

Die Bundesländer und auch Experten kritisieren, dass die angestrebte Entkriminalisierung des Containerns im bundesweiten Strafgesetz erfolgen muss. Lebensmittelhändler sehen ein anderes Problem: Supermärkte, Händler und Discounter übernehmen für Lebensmittel die Gewährleistung und Haftung – auch wenn diese bereits im Müll sind. Sie haften auch für „unentgeltlich abgegebene“ Waren und setzen sich damit dem Risiko aus, dass Empfänger der Containerwaren sie im Falle von Lebensmittelinfektionen oder anderen Krankheitsrisiken verklagen. Deshalb brauche es eine andere Lösung, die das Containern straffrei macht und gleichzeitig den Müll nicht mehr als Eigentum der Supermärkte betrachtet.

Wie geht es weiter?

Neue Vorstöße gibt es seither nicht. Bereits 2019 wurde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft die Nationale Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung vorgelegt. Sie hat zum Ziel, Lebensmittelabfälle entlang der gesamten Lebensmittelversorgungskette zu reduzieren. Dabei setzt die Politik auf das freiwillige Engagement der Wirtschaft, Lösungen für Entkriminalisierung des Containerns sind nicht in Sicht. Wer beim Müllretten erwischt wird, sollte sich Rat durch einen Anwalt für Strafrecht einholen.

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