Das musst du beachten Überstunden einklagen

von KLUGO Redaktion
28.07.2022
3 Min Lesezeit

Überstunden gehören in vielen Unternehmen dazu. Oftmals trauen sich Mitarbeitende nicht, die Bezahlung der Überstunden oder einen Freizeitausgleich einzufordern, aus Angst vor einer Kündigung. Wird das Arbeitsverhältnis von der einen oder anderen Seite dann doch gekündigt, fällt diese Befürchtung weg. Aber: Nach der Kündigung weigern sich viele Arbeitgeber, Überstunden auszuzahlen. Erfahre, wie du Überstunden einklagen kannst.

Das Wichtigste in Kürze zum Überstunden einklagen

  • Überstunden und Mehrarbeit müssen vergütet oder durch Freizeitausgleich abgegolten werden.
  • Ausnahme: Im Arbeitsvertrag ist genau geklärt, bis zu wie viele Überstunden pro Monat mit dem Gehalt abgegolten sind.
  • Wer Überstunden einklagen möchte, muss die Überstunden bereits während des Arbeitsverhältnisses detailliert protokollieren und dokumentieren.

Was ist der Unterschied zwischen Mehrarbeit und Überstunden?

Grundsätzlich muss zwischen Mehrarbeit und Überstunden unterschieden werden. Überstunden sind zusätzlich geleistete Arbeitsstunden, die über die vertraglich vereinbarte oder tarifrechtliche regelmäßige Arbeitszeit hinausgehen. Mehrarbeit geht über die gesetzliche Höchstarbeitszeit von acht Stunden gemäß Arbeitszeitgesetz (ArbZG) hinaus.

Wer also in Teilzeit arbeitet und an einem Werktag ausnahmsweise acht Stunden arbeitet, der leistet gemäß seines Arbeitsvertrages Überstunden – jedoch keine Mehrarbeit, weil die Höchstarbeitszeit von acht Stunden nicht überschritten wird.

Kann ich mir Überstunden auszahlen lassen?

Sowohl Mehrarbeit als auch Überstunden müssen vergütet oder durch Freizeitausgleich abgegolten werden. Ausnahme: Überstunden sind via Arbeitsvertrag bis zu einer bestimmten Höhe pro Monat mit dem Gehalt abgegolten.

Dazu braucht es im Arbeitsvertrag eine exakte und nachvollziehbare Klausel wie diese:

„Mit der monatlichen Vergütung sind bis zu 17 Überstunden monatlich bereits abgegolten, sofern der Mindestlohn nicht unterschritten wird. Für darüber hinausgehende Überstunden wird binnen 12 Wochen Freizeitausgleich gewährt.“

So klagte ein Lagerleiter erfolgreich, als er nach zwei Jahren Betriebszugehörigkeit mehr als 980 Überstunden angehäuft hatte und diese gern ausgezahlt bekommen wollte. Dies wurde ihm zunächst verwehrt und auf diese Klausel in seinem Arbeitsvertrag verwiesen:

„Der Arbeitnehmer(in) ist bei betrieblicher Erfordernis auch zur Mehrarbeit sowie Sonntags- und Feiertagsarbeit verpflichtet. (..) Der Arbeitnehmer erhält für die Über- und Mehrarbeit keine weitergehende Vergütung.“

Das Bundesarbeitsgericht befand, dass diese Klausel zu ungenau ist und gab dem Kläger recht (BAG, Urteil vom 22.02.2012 – Az. 5 AZR 765/10).

Fehlt also eine detaillierte und nachvollziehbare Klausel, können Angestellte Überstunden einklagen.

Überstunden müssen angeordnet oder geduldet sein

Ein Anwalt in einer Berliner Kanzlei hatte hingegen die folgende Klausel in seinem Arbeitsvertrag stehen: „Durch die zu zahlende Bruttovergütung ist eine etwaig notwendig werdende Über- oder Mehrarbeit abgegolten.“

Als er die Kanzlei verließ, hatte er rund 900 Überstunden angehäuft und forderte etwa 44.000 Euro vom ehemaligen Arbeitgeber. Während das Arbeitsgericht Berlin die Klage abwies, da es die Klausel in diesem Fall für angemessen hielt, verurteilte das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Teilurteil vom 03.06.2010 – Az. 15 Sa 166/10) die Kanzlei zur Zahlung von 30.000 Euro.

Es befand, dass die Klausel zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen gehöre und nicht transparent genug sei. Tatsächlich werden solche allgemeinen Klauseln von Gerichten oftmals als unwirksam angesehen. In diesem Fall gab das Landesgericht den Fall zur Bewertung an das Bundesarbeitsgericht weiter – das die Entscheidung aufhob. Grund war jedoch nicht die Klausel, die das BAG auch als unwirksam anerkannte. Vielmehr war nicht ersichtlich, dass die Überstunden vom Arbeitgeber gewollt und/oder angeordnet waren. Der Kläger erhoffte sich dagegen durch die Überstunden eine Partnerschaft(Az. 5 AZR 406/10).

Wie können Arbeitnehmer die Ableistung von Überstunden im Arbeitsrecht beweisen?

Das Einklagen von Überstunden kommt häufig vor, ist aber seltener erfolgreich. Die größte Hürde spielt dabei zumeist das Beweisen der Überstunden.

Damit Arbeitnehmer angehäufte Überstunden im Zweifelsfall beweisen können, sollten sie bereits während des Arbeitsverhältnisses genau Buch führen:

  • Überstunden sollten bis auf die Minute dokumentiert werden. Wenn es kein Zeiterfassungssystem gibt, sollten Überstunden individuell erfasst werden. Neben den Uhrzeiten werden der Grund und die genauen Tätigkeiten während der Überstunden dokumentiert. Optimal sind weitere Unterlagen wie Korrespondenzen mit Dritten, beispielsweise per Mail, die beweisen, dass zu diesem Zeitpunkt gearbeitet wurde.

  • Sind weitere Kolleginnen und Angestellte vor Ort, sollten diese als Zeugen der geleisteten Überstunden notiert werden.

  • Für noch mehr Glaubwürdigkeit vor Gericht sollten sich Arbeitnehmer die Überstunden-Protokolle von der zuständigen Führungskraft und im besten Fall vom Arbeitgeber persönlich gegenzeichnen lassen.

  • Es empfiehlt sich, vor dem Unterschreiben eines Arbeitsvertrages das Dokument durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen zu lassen.

So hilft dir ein KLUGO Partner-Anwalt weiter, wenn du Überstunden einklagen willst

Hast du eine Klausel zum Leisten von Überstunden in deinem Arbeitsvertrag und bist dir nicht sicher, ob sie wirksam ist? Dann wende dich gern an einen KLUGO Partner-Anwalt für Arbeitsrecht und erhalte in einem unverbindlichen Gespräch erste wichtige Informationen zum weiteren Vorgehen.

Beitrag juristisch geprüft von der KLUGO-Redaktion

Der Beitrag wurde mit großer Sorgfalt von der KLUGO-Redaktion erstellt und juristisch geprüft. Dazu ergänzen wir unseren Ratgeber mit wertvollen Tipps direkt vom Experten: Unsere spezialisierten Partner-Anwälte zeigen auf, worauf es beim jeweiligen Thema ankommt.

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