fahrradfahrerin liegt auf dem boden nach einem unfall mit einem pkw

Das musst du wissen Unterlassene Hilfeleistung – Welche Strafe droht?

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Jeder Mensch kann plötzlich durch einen Unfall in eine Notlage geraten und ist dann auf fremde Hilfe angewiesen. Um die gesellschaftliche Solidarität in Notfällen zu gewährleisten, ist jeder Mensch unter Einschränkungen dazu verpflichtet, anderen Menschen zu helfen, wenn diese in Not geraten sind und Hilfe erforderlich ist. Wer keine Erste Hilfe leistet, obwohl diese erforderlich und zumutbar ist, macht sich strafbar.

von N. Haussmann
13.01.2023
5 Min Lesezeit

Unterlassene Hilfeleistung Das Wichtigste in Kürze

  • Unterlassene Hilfeleistung liegt dann vor, wenn ein Mensch im Unglücksfall keine Erste Hilfe leistet.

  • Unterlassene Hilfeleistung wird mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr bestraft.

  • Es gibt eine wichtige Ausnahme von der Pflicht zur Hilfeleistung: Erste Hilfe muss nur dann geleistet werden, wenn sie zumutbar und erforderlich ist.

  • Niemand ist verpflichtet, sich selbst in Gefahr zu begeben, um Erste Hilfe zu leisten.

  • Die Strafbarkeit einer unterlassenen Hilfeleistung verjährt nach drei Jahren.

Was ist unterlassene Hilfeleistung?

Unterlassene Hilfeleistung gemäß § 323c StGB liegt dann vor, wenn ein Mensch „bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten“ ist.

Unter „gemeiner Gefahr“ ist hierbei ein Zustand zu verstehen, bei dem ein erheblicher Schaden für eine unbestimmte Anzahl von Personen droht. So zählt z. B. ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr sowie eine Sprengstoffexplosion, eine Überschwemmung oder ein Brand als gemeine Gefahr.

Die unterlassene Hilfeleistung zählt zu den sogenannten echten Unterlassungsdelikten. Wie der Name bereits nahelegt, besteht die Tat also im Unterlassen einer notwendigen Handlung.

Beispiele für unterlassene Hilfeleistung

  • Wird eine Person durch einen Unfall verletzt und Zeugen des Unfalls gehen oder fahren einfach weiter, ohne Rettungskräfte zu alarmieren und Erste Hilfe zu leisten, machen sie sich strafbar.

  • Zeugen einer Körperverletzung schauen einfach nur zu oder filmen gar mit dem Handy, ohne Hilfe zu holen.

  • Auch Schaulustige bei einem Unfall, die einfach nur dastehen und zuschauen, ohne zu helfen, machen sich der unterlassenen Hilfeleistung schuldig.

  • Wer nach einem Unfall mit Personenschaden Fahrerflucht begeht, wird ebenfalls wegen unterlassener Hilfeleistung zur Verantwortung gezogen.

Wann bin ich nicht zur Ersten Hilfe verpflichtet?

Du bist immer dann zur Ersten Hilfe verpflichtet, wenn diese für dich zumutbar und zudem erforderlich ist. Was die Zumutbarkeit angeht, muss demzufolge der Einzelfall betrachtet werden. Ein Rollstuhlfahrer wird beispielsweise nicht der unterlassenen Hilfeleistung strafbar gemacht, wenn er an einem Verletzten keine Herz-Lungen-Massage vornimmt – wohl aber dann, wenn er nicht den Rettungsdienst verständigt oder andere Menschen auf den Verletzten aufmerksam macht.

Außerdem bist du nicht dazu verpflichtet, dich selbst in Gefahr zu begeben. Beobachtest du z. B. einen Messerangriff, verlangt niemand von dir, dass du dazwischen gehst. Du musst allerdings andere Passanten auf den Angriff aufmerksam machen und Hilfe organisieren.

Ebenso musst du keine Erste Hilfe leisten, wenn bereits genug Ersthelfer vor Ort sind, die sich um die Verletzten kümmern.

Welche Strafe droht bei unterlassener Hilfeleistung?

Unterlassene Hilfeleistung wird gemäß § 323c StGB mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft. Zusätzlich gibt es für unterlassene Hilfeleistung drei Punkte in Flensburg. Wie hoch die Geldstrafe bei unterlassener Hilfeleistung ausfällt, hängt von der Schwere bzw. den Folgen der unterlassenen Hilfeleistung und der finanziellen Situation des Schuldigen ab.

Für viele Menschen ist es eine große psychische Herausforderung, bei einem Unfall Erste Hilfe zu leisten. Oftmals wissen sie in der Schocksituation auch einfach nicht, was genau zu tun ist.

In einem solchen Fall kannst du eine Strafbarkeit vermeiden, indem du folgende grundlegende Tipps beachtest:

  • Informiere die Polizei und den Rettungsdienst.

  • Sichere die Unfallstelle (Warnblinkanlage, Warndreieck und Warnweste)

  • Bitten andere Passanten, dir zu helfen.

  • Wenn möglich, wende Erste-Hilfe-Maßnahmen an (stabile Seitenlage, Herz-Lungen-Massage, Blutstillung).

  • Sind Erste-Hilfe-Maßnahmen nicht möglich oder hast du Angst, den Zustand des Verunfallten zu verschlimmern, lass dich von einem Arzt telefonisch anleiten.

Wann verjährt unterlassene Hilfeleistung?

Unterlassene Hilfeleistung verjährt in der Regel nach drei Jahren, weil alle Straftaten mit einer Höchststrafe von bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe nach drei Jahren verjähren.

Bei einer unterlassenen Hilfeleistung mit Todesfolge kann die Strafe allerdings höher ausfallen. Denn dann spricht man streng genommen nicht mehr von einer unterlassenen Hilfeleistung, sondern von einer fahrlässigen Tötung durch Unterlassen. Demzufolge kann sich die Verjährungsfrist hier entsprechend verlängern. Bei Fragen erhältst du hier Unterstützung von einem Fachanwalt für Strafrecht.

So hilft dir ein KLUGO Partner-Anwalt weiter

Jeder von uns kann in die Situation kommen, Erste Hilfe zu benötigen oder leisten zu müssen. In einer psychisch belastenden Situation angemessen zu reagieren, ist jedoch oftmals gar nicht so einfach wie gedacht.

Wenn du Hilfe wegen einer unterlassenen Hilfeleistung benötigst oder ein verwandtes konkretes Anliegen hast, sind unsere KLUGO Partner-Anwälte und Rechtsexperten für Strafrecht für dich da. Kontaktiere uns jetzt und schildere uns dein Problem – gern auch im Rahmen eines telefonischen Erstgesprächs.

Über unsere Autoren Nina Haussmann

Nina Haussmann ist seit 2016 freiberufliche Texterin, Ghostwriterin und Lektorin. Mit einem Bachelor-Abschluss in Germanistik und Politikwissenschaften und einem Master-Abschluss in Deutscher Literatur hat sie nicht nur ein fundiertes Wissen über die Feinheiten der deutschen Sprache, sondern auch die Fähigkeit, komplexe Sachverhalte verständlich aufzubereiten. Hauptsächlich schreibt sie Texte im juristischen Bereich, vorwiegend zum Thema Erbrecht, und Ratgebercontent. So unterstützt sie auch die KLUGO-Redaktion seit Anfang 2020 regelmäßig mit Blog- und Contentbeiträgen.

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