STAND 28.02.2023 | LESEZEIT 10 MIN
Ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr gilt als Verkehrsstraftat. In der Regel sind Täter nicht selbst am Verkehrsgeschehen beteiligt, sondern greifen von außen ein. Auf einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr folgt erst ein Ermittlungsverfahren, aus dem bei ausreichender Beweislage ein Strafverfahren wird. Bei einer Anzeige wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr drohen hohe Geld- und Haftstrafen.
Wenn Sie gegen eine Anzeige wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr vorgehen möchten, sollten Sie dies in keinem Fall ohne Anwalt tun. Es handelt sich um ein Strafverfahren, das mit hohen Geldbußen und sogar mit Freiheitsstrafen geahndet werden kann.
Der Ablauf gestaltet sich in der Regel folgendermaßen:
Grundsätzlich ist es zulässig, auf einen Anwalt zu verzichten. Um frühzeitig Akteneinsicht zu erlangen und zu erfahren, was Ihnen genau vorgeworfen wird, sollten Sie sich jedoch im Falle einer Anklage wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr an einen Fachanwalt für Strafrecht wenden.
Verfügen Sie nicht über die finanziellen Mittel, um einen Anwalt beauftragen oder die Kosten des Verfahrens tragen zu können, haben Sie möglicherweise Anspruch auf Prozesskostenhilfe. Droht akute Fluchtgefahr, hat die Staatsanwaltschaft Grund zur Annahme, dass Sie sich erneut eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr strafbar machen oder liegt ein anderweitiger Haftgrund vor, so kann zudem ein Haftbefehl erlassen werden.
Liegen ausreichend Beweise für eine Verurteilung vor, kann die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl beim zuständigen Gericht beantragen. In diesem Fall findet keine mündliche Verhandlung statt. Rechtlich gesehen hat ein Strafbefehl jedoch dieselben Folgen wie ein Urteil: Er gilt als Vorstrafe, kann vollstreckt werden und dient möglicherweise auch als Grundlage für Schadensersatzforderungen für Geschädigte.
Möchten Sie gegen einen Strafbefehl nach einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr vorgehen, haben Sie binnen einer Frist von 2 Wochen nach Zustellung des Strafbefehls die Möglichkeit, Einspruch zu erheben. Erfolgt binnen dieser Frist kein Einspruch gegen den Strafbefehl, so gilt dieser als rechtskräftig. Wird dem Einspruch dagegen stattgegeben, so kommt es im Anschluss zu einer Hauptverhandlung.
Möchten Sie gegen den Strafbefehl wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr Einspruch erheben, hilft Ihnen dabei ein Fachanwalt für Strafrecht.
In schweren Fällen wird sich die Staatsanwaltschaft nicht mit einem Strafbefehl zufriedengeben und direkt nach der Beweismittelsicherung ein Hauptverfahren einleiten. Hier prüft das Gericht, ob und inwieweit sich der Beschuldigte des Vergehens schuldig gemacht hat. Dabei werden sowohl der Beschuldigte als auch mögliche Zeugen und Gutachter vor Gericht angehört und alle relevanten Beweise vorgelegt. Im Anschluss entscheidet das Gericht im Rahmen der Urteilsverkündung über das Strafmaß. Neben einem Freispruch bei nicht ausreichenden Beweismitteln kommen hier nun Geldstrafen und Freiheitsstrafen infrage.
Möchten Sie gegen eine Verurteilung wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr vorgehen, haben Sie nach dem Urteil grundsätzlich die Möglichkeit, gemeinsam mit Ihrem Fachanwalt für Strafrecht in Revision zu gehen oder Berufung einzulegen.
Ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr ist sehr genau definiert. Nur wenn die dafür notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind, kann auch eine Strafverfolgung beginnen. Der wohl wichtigste Unterschied zu anderen Verkehrsstraftaten liegt darin, dass der Täter selbst kein aktiver Verkehrsteilnehmer sein darf, um sich eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr strafbar zu machen (§ 315b StGB).
Ausnahmen gibt es aber auch hier: Nutzt ein Täter das eigene Fahrzeug als Waffe (und gilt damit durchaus als aktiver Teilnehmer am Straßenverkehr), zum Beispiel um einen anderen Wagen zu rammen, so kann es sich durchaus um einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr handeln. Das gilt auch dann, wenn der Täter das eigene Fahrzeug abrupt abbremst, sofern dies in der bewussten Absicht geschah, der dahinter fahrenden Person Schaden zuzufügen. Ausgenommen dieses Spezialfalles reicht es aber aus, wenn der Täter bei § 315b StGB mit einem bewussten Gefährdungsvorsatz handeln – er ist sich vollkommen darüber im Klaren, dass das eigene Verhalten einen Unfall herbeiführen kann und nimmt diesen Umstand billigend in Kauf.
Ob die Voraussetzungen für § 315b StGB erfüllt sind, hängt daher von vielen Faktoren ab. An einen konkreten Schaden ist der Straftatbestand allerdings nicht gebunden: Es genügt bereits, wenn es dem Täter darauf ankommt, verkehrsfremd in die Sicherheit des Straßenverkehrs einzuwirken.
Diese Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit es sich um einen (gefährlichen) Eingriff in den Straßenverkehr handelt:
Hier einige konkrete Beispiele, die als gefährlicher Eingriff nach § 315b StGB gelten:
Grundsätzlich hängt die Schwere der Strafe auch bei einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr von der Schwere der Tat ab. Der Gesetzgeber sieht hier demnach einen breiten Spielraum vor, der mit Geldstrafen beginnt und bei einer maximalen Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren endet. Bei besonders schweren Vergehen sind auch längere Haftstrafen möglich.
Um die Einordnung hier etwas leichter zu gestalten, unterscheidet der Gesetzgeber drei verschiedene Vorsatzformen:
Wurde bei dem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr eine Person verletzt oder sogar getötet, so steht dem Täter eine Freiheitsstrafe von mindestens einem bis zu zehn Jahren bevor. Dafür müssen folgende Faktoren erfüllt sein:
Ferner sieht der Gesetzgeber immer dann eine Haftstrafe für einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr vor, wenn einer der folgenden Punkte erfüllt ist:
Die Schwere der Strafe hängt immer auch von der konkreten Tat und deren Gegebenheiten ab. Ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr kann also mit Geldstrafen, bei konkreter Gefährdung Dritter aber auch mit langjährigen Haftstrafen geahndet werden.
Laut aktuellem Bußgeldkatalog müssen Täter, die einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr begehen, pro Vergehen mit mindestens 2 Punkten in Flensburg rechnen. Diese Punkte bleiben über einen Zeitraum von fünf Jahren im Katalog und werden danach gestrichen.
Entzieht das Gericht dem Täter zusätzlich den Führerschein, gibt es für den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr 3 Punkte in Flensburg. Die Frist, bis diese Punkte aus dem Katalog entfernt werden, erhöht sich in diesem Fall um 10 Jahre. Grundsätzlich geht ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr aber nicht mit einem Führerscheinentzug einher. Das ist nur dann der Fall, wenn der Täter sein Fahrzeug als Waffe genutzt hat (Folge: Entzug des Führerscheins bis zu 5 Jahre) oder der Täter noch in der Probezeit war (Folge: Aufbauseminar und Verlängerung der Probezeit auf bis zu 4 Jahre).
Zusätzlich hat das Gericht die Möglichkeit, auch unabhängig vom Entzug des Führerscheins ein ein- bis dreimonatiges Fahrverbot für den Täter zu verhängen, wenn es zu einer Verurteilung wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr kommt.
Wer von einer Anklage wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr betroffen ist und sich weitergehend informieren möchte, kann einen Blick auf die Urteile der vergangenen Jahre werfen. Frühere Gerichtsentscheidungen werden auch von Gerichten selbst als Richtwert genutzt.
Der gefährliche Eingriff in den Straßenverkehr ist eine Straftat, die nicht nur mit Geldstrafen, sondern möglicherweise auch mit Haftstrafen geahndet werden kann. Dementsprechend ist es sinnvoll, frühzeitig einen Fachanwalt für Strafrecht zu kontaktieren, wenn ein Verdacht gegen Sie im Raum steht. So erhalten Sie Akteneinsicht und können die bestmögliche Verteidigungsstrategie gemeinsam mit Ihrem Anwalt entwickeln. Auch bei einer möglichen Berufung oder Revision gegen ein Urteil oder einem Einspruch gegen den Strafbefehl hilft Ihnen ein Fachanwalt für Strafrecht weiter. Für eine erste Einschätzung Ihres Falles wenden Sie sich an die Erstberatung durch die KLUGO Partner-Anwälte und Rechtsexperten. Im Anschluss entscheiden Sie selbst, ob Sie durch einen unserer Partner-Anwälte vertreten werden möchten, um gegen eine Anzeige wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr vorzugehen.
Wenn Sie andere Verkehrsteilnehmer vorsätzlich oder fahrlässig gefährden, kann darauf eine Anzeige wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr folgen.
Je nach Schwere der Tat kommen Geldstrafen und Haftstrafen von bis zu 5 Jahren infrage. Auch längere Haftstrafen sind möglich, wenn die Opfer schwer verletzt oder sogar getötet wurden. Ferner handelt es sich bei einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr um eine Straftat, wenn dieser begangen wird, um andere Verbrechen zu ermöglichen oder zu vertuschen. Dann ist eine Haftstrafe von bis zu 10 Jahren möglich.
Nein. Zwar gefährdet man sich und die anderen Verkehrsteilnehmer bei einem illegalen Autorennen, aber dieses Verhalten wird vom Gesetzgeber nicht als gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr geahndet. Seit 2017 gibt es für diese illegalen Autorennen einen eigenen Straftatbestand, § 315d StGB.
Zusätzlich zur eigentlichen Strafe für das Vergehen verlängert sich hier die Probezeit um zwei und bis zu vier Jahre, abhängig von der Schwere der Tat. Darüber hinaus wird in der Regel ein Aufbauseminar (auch als MPU bekannt) angeordnet.
Kamen aufgrund eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr Personen zu schaden, müssen Sie zusätzlich zur Anzeige durch die Staatsanwaltschaft auch mit einem Zivilverfahren rechnen. Hier können Sie u. U. zu einer Schmerzensgeldzahlung verurteilt werden.
Dann nutzen Sie einfach die KLUGO Erstberatung. Die Erstberatung ist ein Telefongespräch mit einem zertifizierten Anwalt aus unserem Netzwerk.
Beitrag juristisch geprüft von der KLUGO-Redaktion
Der Beitrag wurde mit großer Sorgfalt von der KLUGO-Redaktion erstellt und juristisch geprüft. Dazu ergänzen wir unseren Ratgeber mit wertvollen Tipps direkt vom Experten: Unsere spezialisierten Partner-Anwälte zeigen auf, worauf es beim jeweiligen Thema ankommt.