STAND 29.11.2023 | LESEZEIT 15 MIN
Ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr ist eine Verkehrsstraftat, die strafrechtlich verfolgt wird und bei ausreichender Beweislage zur Anklage führt. Im Falle einer Verurteilung drohen Geld- und Haftstrafen.
Der Gesetzgeber hat den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr sehr genau definiert. Grundvoraussetzung ist, dass ein Täter, der sich des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr schuldig macht, selbst grundsätzlich kein aktiver Verkehrsteilnehmer sein kann (§ 315b StGB). Man bezeichnet Täter daher auch als „verkehrsfremd“.
Wer sich des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr schuldig macht, wirkt von außen auf den Straßenverkehr ein, ohne dabei selbst ein aktiver Verkehrsteilnehmer zu sein. Allerdings gibt es auch hier eine Ausnahme. Unter bestimmten Voraussetzungen kann man auch als aktiver Verkehrsteilnehmer des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr schuldig sein, wenn man das eigene Fahrzeug zweckwidrig als Waffe einsetzt, um Personen oder andere Fahrzeuge zu schädigen. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn Täter ihr Fahrzeug zum absichtlichen Ausbremsen anderer Verkehrsteilnehmer verwenden.
Ferner muss für einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr ein sogenannter Gefährdungsvorsatz vorliegen. Konkret bedeutet das, dass der Täter bewusst vorgeht und entweder in Schädigungsabsicht handelt oder sich des Risikos zumindest bewusst ist, dass es zu Schäden an Personen oder Gegenständen von besonderem Wert kommen könnte und dies billigend in Kauf nimmt.
Damit es sich um einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr handelt, muss die Tat innerhalb des öffentlichen Straßenverkehrs stattfinden. Dazu zählen öffentliche Straßen und Wege ebenso wie Kundenparkplätze, Tankstellen, Betriebsgelände und Parkhäuser.
Zahlreiche Eingriffe in den Straßenverkehr können als gefährlicher Eingriff eingestuft werden, sofern diese die oben genannten Voraussetzungen erfüllen. Dazu zählt unter anderem das Entwenden, Beschädigen oder Zerstören von Straßenschildern, Straßensperrungen, Gullydeckeln, Fahrbahnen oder (mobilen) Anlagen. Auch absichtliches Blenden anderer Verkehrsteilnehmer, die dadurch möglicherweise einem erhöhten Unfallrisiko ausgesetzt sind, wird als gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr gewertet. Zudem fällt das bewusste Platzieren von Hindernissen für andere Verkehrsteilnehmer, beispielsweise durch Steine auf der Fahrbahn oder aufgestellte Absperrungen, unter den Tatbestand eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr.
Auch das Werfen von Gegenständen von Brücken herunter kann als gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr gewertet werden (BGH, 09.12.2021, Az. 4 StR 167/21). Wer jedoch in Tötungsabsicht vorgeht oder bewusst in Kauf nimmt, dass durch das Werfen des Steins eine Person zu Tode kommt, macht sich unter Umständen auch des Mordes, oder, wenn der Taterfolg ausblieb, des versuchten Mordes schuldig (BGH, 18.07.2001, Az. 4 StR 175/01).
Es gibt durchaus Situationen, die zwar den Straßenverkehr beeinflussen können, allerdings nicht unter den Straftatbestand des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr fallen:
Straßenblockaden sind seit vielen Jahrzehnten ein beliebtes Mittel des Protests. Mit dem Aufleben der Klimabewegung und dem damit einhergehenden Festkleben auf Fahrbahnen durch die Protestierenden, erhielt das Thema jedoch gesamtgesellschaftlich deutlich mehr Aufmerksamkeit. Rechtlich betrachtet kann es sich beim Festkleben auf öffentlichen Straßen durchaus um ein strafbares Delikt handeln. Eine Straßenblockade durch Klimakleber kann jedoch für sich allein genommen kein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr sein, da die Tat weder Leib und Leben eines anderen Menschen gefährdet noch fremde Sachen von bedeutendem Wert beschädigt werden.
Lediglich in Ausnahmefällen, wenn es zu konkreten Gefahrensituationen für andere Menschen kommt – beispielsweise durch die Blockade eines Krankenwagens – ist unter Umständen auch eine Verurteilung wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr möglich. Dies muss jedoch seitens der Justiz im Einzelfall entschieden werden.
Wer die Sicherheit im Straßenverkehr gefährdet, begeht eine Straftat.
Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, dass er
Die Strafe kann auf bis zu 10 Jahre erhöht werden, wenn der Täter die Tat begangen hat, um dadurch andere Straftaten zu ermöglichen oder zu verdecken. Das Strafmaß droht, auch wenn die Tat zu schweren gesundheitlichen Schäden bei anderen Menschen oder einer Großzahl von Personen führte. Außerdem ist schon der versuchte gefährliche Eingriff in den Straßenverkehr strafbar.
Zusätzlich zu den Geld- und Freiheitsstrafen drohen weitere Sanktionen: Sofern im Gerichtsverfahren eine mangelnde Fahreignung festgestellt wird, drohen auch der Entzug der Fahrerlaubnis und drei Punkte in Flensburg. Sofern der Täter seinen Führerschein behalten darf, sieht der Gesetzgeber zwei Punkte in Flensburg vor, zu denen zusätzlich ein Fahrverbot angeordnet werden kann.
Tatbestand | Strafe | Nebenfolgen |
---|---|---|
Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315b Abs. 1 StGB) | Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 5 Jahre | a) Fahrverbot bis 6 Monate + 2 Punkte oder b) Fahrerlaubnisentzug + 3 Punkte |
… Gefahr fahrlässig verursacht (§ 315b Abs. 4 StGB) | Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 3 Jahre | a) Fahrverbot bis 6 Monate + 2 Punkte oder b) Fahrerlaubnisentzug + 3 Punkte |
… bei fahrlässiger Handlung Gefahr fahrlässig verursacht (§ 315b Abs. 5 StGB) | Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 2 Jahre | a) Fahrverbot bis 6 Monate + 2 Punkte oder b) Fahrerlaubnisentzug + 3 Punkte |
Versuchter gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315b Abs. 2 StGB) | Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 5 Jahre | a) Fahrverbot bis 6 Monate + 2 Punkte oder b) Fahrerlaubnisentzug + 3 Punkte |
Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr mit der Absicht, einen Unglücksfall herbeizuführen oder eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken (§ 315b Abs. 3 StGB) | Freiheitsstrafe zwischen 1 und 10 Jahren | a) Fahrverbot bis 6 Monate + 2 Punkte oder b) Fahrerlaubnisentzug + 3 Punkte |
… im minderschweren Fall (§ 315b Abs. 3 StGB) | Freiheitsstrafe zwischen 6 Monaten und 5 Jahren | a) Fahrverbot bis 6 Monate + 2 Punkte oder b) Fahrerlaubnisentzug + 3 Punkte |
Gefährlicher Eingriff verursacht schwere Gesundheitsschädigung eines Menschen oder mehrerer Menschen (§ 315b Abs. 3 StGB) | Freiheitsstrafe zwischen 1 und 10 Jahren | a) Fahrverbot bis 6 Monate + 2 Punkte oder b) Fahrerlaubnisentzug + 3 Punkte |
… im minderschweren Fall (§ 315b Abs. 3 StGB) | Freiheitsstrafe zwischen 6 Monaten und 5 Jahren | a) Fahrverbot bis 6 Monate + 2 Punkte oder b) Fahrerlaubnisentzug + 3 Punkte |
Eine Verurteilung wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr ist immer eine Einzelfallentscheidung. Beim Urteil spielen daher unter anderem folgende Faktoren eine Rolle:
Kommt es infolge eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr zu einer Todesfolge, droht ein deutlich höheres Strafmaß. Da sich in den letzten Jahren die Zahl der Fälle von Raserei im Straßenverkehr, zum Teil auch mit Todesfolge, stark vermehrt haben, hat der Bundesrat im Jahr 2022 eine Verschärfung des § 315 StGB beschlossen. So sieht der Gesetzgeber seither bei einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr mit Todesfolge eine Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsentzug vor.
Kam es infolge des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr zu Sach- oder Personenschäden, steht dem oder den Geschädigten zudem Schadensersatz beziehungsweise Schmerzensgeld zu. Dazu muss seitens des Gerichts die Höhe des entstandenen Schadens festgestellt werden.
Bei einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr unterscheidet man bei den Verjährungsfristen zwischen der Verfolgungsverjährung und der Vollstreckungsverjährung. Die Verfolgungsverjährung des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr tritt gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB nach fünf Jahren ein – nach Ablauf dieser Zeit kann die Tat also nicht mehr zur Anzeige gebracht werden.
Anders sieht es dagegen bei der Vollstreckungsverjährung aus. Die Verjährungsfrist hängt in diesem Fall davon ab, wie hoch das Urteil tatsächlich ausgefallen ist:
Beim gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr handelt es sich um eine Straftat, die im schlimmsten Fall mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 10 Jahren geahndet wird. Ihnen steht daher ein Anwalt zu, der Sie rechtlich berät, Akteneinsicht beantragt und, im Falle einer Gerichtsverhandlung, vor Gericht vertritt. Ein Fachanwalt für Strafrecht empfiehlt sich, um die Beweise zu prüfen und zu analysieren, eine Verteidigungsstrategie mit Ihnen zu entwickeln und die Verhandlung zu führen – und natürlich auch , wenn Sie das Urteil anfechten möchten. Außerdem unterstützt Sie ein Fachanwalt für Strafrecht auch dann, wenn die Geschädigten im Anschluss Schadensersatzansprüche und Schmerzensgeldansprüche geltend machen.
Im Rahmen der telefonischen Erstberatung verbinden wir Sie mit einem KLUGO Partner-Anwalt und Rechtsexperten, damit Sie eine erste Einschätzung zum Sachverhalt erhalten. Ob Sie im Anschluss auch gerichtlich durch einen unserer Partner-Anwälte vertreten werden möchten, entscheiden Sie natürlich selbst.
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