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Zeugenaussage verweigern? - Rechte und Pflichten des Zeugen

Vielleicht steht der Bruder vor Gericht und man möchte ihn nicht belasten. Oder man selbst hat mit einer Straftat zu tun und möchte sich nicht selbst belasten. Aber was dann tun? Um die Zeugenaussage verweigern zu dürfen, gibt es exakte Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Zeugenaussage kann verweigert werden, wenn nahe Verwandtschaft besteht oder man sich selbst belasten würde.
  • Auch bestimmte Berufsgruppen dürfen die Aussage verweigern.
  • Falsche Zeugenaussagen werden mit Freiheitsstrafe geahndet.

Wie wird man ein Zeuge?

Es gibt sehr unterschiedliche Wege, auf denen Personen Zeugen werden können. Sehr oft handelt es sich um Aussagen zu einem Tathergang, den die Person beobachtet hat, z.B. einen Diebstahl, einen Verkehrsunfall oder eine Körperverletzung.

Personen können aber auch als Zeuge geladen werden, wenn sie eine Tat nicht direkt beobachtet haben. Kommt es beispielsweise zu einem Gewaltdelikt, können nahestehende Personen wie Freunde und Verwandte dazu befragt werden, in welcher Beziehung der Beschuldigte zu dem Opfer stand.

Wird man zu einer Vernehmung eingeladen, hat man die Pflicht zu erscheinen. Das gilt sowohl für Ladungen durch die Staatsanwaltschaft wie auch gemäß § 163 Absatz 3 Satz 1 StPO für polizeiliche Ladungen, wenn diese im Auftrag der Staatsanwaltschaft durchgeführt wird.

Grundsatz: Es muss immer die Wahrheit gesprochen werden

Wer als Zeuge geladen wird, ist dazu verpflichtet, immer die Wahrheit zu sprechen. Auf diese Pflicht wird vor der Aussage noch einmal hingewiesen. Gibt es Erinnerungslücken oder sind sich Zeugen unsicher, ob die Erinnerung korrekt ist, müssen sie darauf hinweisen. So können Richter und Anwälte die Aussage besser einordnen.

Wann darf ich die Zeugenaussage verweigern?

Um von seinem Auskunftsverweigerungsrecht oder dem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch zu machen, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Aussage gegen enge Angehörige (§ 52 StPO): Als enge Angehörige gelten Personen, mit denen der Zeuge verheiratet war oder ist, verlobt, nahe verwandt oder verschwägert ist. Als eng verwandt gelten beispielsweise Eltern, Großeltern, Kinder, Geschwister, Onkel oder Tante. Zudem gibt es gegenüber dem Stiefvater oder der Stiefmutter ein Zeugnisverweigerungsrecht, jedoch gilt dies nicht zwischen Stiefgeschwistern. In diesen Fällen kann die Zeugenaussage verweigert werden. Sie berechtigt aber nicht dazu, für die beschuldigte Person zu lügen.
  • Selbstbelastung (§ 55 StPO): es gilt das Auskunftsverweigerungsrecht, wenn man sich selbst oder Angehörige damit belasten würde.
  • Berufsgeheimnis (§ 53 StPO): spezielle Berufsgruppen wie Geistliche, Ärzte, Anwälte und Strafverteidiger können die Zeugenaussage verweigern, wenn sie die beschuldigte Person damit belasten.

Der richtige Moment: Wann kann ich die Aussage verweigern?

Vor der Aussage findet eine Belehrung statt. Dies ist der richtige Zeitpunkt, um das Zeugnisverweigerungsrecht in Anspruch zu nehmen. Ob dieses Recht im individuellen Fall tatsächlich gilt, muss durch das Gericht festgestellt werden. Falschaussagen können mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft werden. Wird die falsche Zeugenaussage unter Eid gemacht, kann die Freiheitsstrafe bei einem Jahr bis zu 15 Jahren liegen. Unter Eid gelten auch versehentliche Falschaussagen als Falschaussage.

Welche Maßnahmen zum Schutz von Zeugen gibt es?

Falsche Zeugenaussagen werden oft unter Androhung von Vergeltung oder aus Angst gemacht. Opfer von Gewalt können auch so schwer traumatisiert sein, dass sie im Beisein des Beschuldigten keine Aussage machen können.

Für solche Fälle können Ausnahmeregelungen getroffen werden:

  • Ausschluss der Öffentlichkeit: Verhandlungen gegen Jugendliche finden grundsätzlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Zudem kann die Verhandlung nicht-öffentlich durchgeführt werden, wenn Zeugen voraussichtlich über intime Themen, Geschäftsgeheimnisse oder andere sehr private Details sprechen werden oder wenn Zeugen bezüglich der Aussage gedroht wird. Hier muss der Ausschluss der Öffentlichkeit rechtzeitig beantragt werden.
  • Geheimhaltung der Wohnanschrift: Vor der Zeugenaussage werden die Personalien des Zeugen verlesen. Gibt es Grund zur Sorge bzw. eine Gefährdung des Zeugen, dann kann anstatt der Adresse auch eine andere Anschrift, beispielsweise die des Anwaltbüros, angegeben werden, unter welcher der Zeuge zu erreichen ist.
  • Aussage in Abwesenheit des oder der Angeklagten: Ist der Zeuge traumatisiert, hat die Person große Angst vor dem Angeklagten oder wird sie bedroht, kann eine Aussage auch außerhalb des Gerichtssaals und/oder ohne die Anwesenheit des Beschuldigten gemacht werden. Welcher Weg hier der beste ist, entscheidet das Gericht. Möglich ist dann die Videovernehmung des Zeugen oder die simultane Übertragung der Aussage, wenn der Beschuldigte den Gerichtssaal verlassen musste. Einen besonderen Schutz gibt es für Kinder, deren Aussagen oftmals vorab aufgezeichnet werden.

Bekomme ich Fahrtkosten erstattet?

Insbesondere, wenn ein Zeuge zu einer Verhandlung oder der polizeilichen Vernehmung eine längere Fahrtstrecke auf sich nehmen muss, kommt die Frage nach einer Erstattung der Fahrtkosten auf. In diesem Fall haben sie ein Recht auf Erstattung von Fahrtkosten sowie auf Entschädigung für sonstigen Aufwand. Auch bei einem Verdienstausfall aufgrund der Zeugenaussage erhalten sie eine Entschädigung. Dafür müssen die Betroffenen ein Dokument ausfüllen, das ihnen vor Ort ausgehändigt wird.

Sind Sie als Zeuge vorgeladen und haben Fragen zu Ihrem Aussageverweigerungsrecht? Haben Sie Angst vor der Aussage oder befürchten Sie, sich selbst zu belasten? Gern informiert Sie ein KLUGO Partner-Anwalt für Strafrecht in einem unverbindlichen Gespräch zu Ihren Möglichkeiten im Strafrecht.

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