Das sollten Arbeitgeber beachten Nachweisgesetz 2022
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Bisher war der Abschluss mündlicher Arbeitsverträge grundsätzlich auch ohne schriftliche Erfordernisse möglich. Das hat sich 2022 geändert: Seit dem 01.08.2022 müssen Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein Dokument aushändigen, in dem alle grundlegenden Bedingungen des Arbeitsverhältnisses festgehalten wurden.
Nachweisgesetz 2022 Das Wichtigste in Kürze
Das Nachweisgesetz 2022 stellt nun deutlich höhere Anforderungen an Arbeitsverträge als bisher.
In Deutschland gilt Vertragsfreiheit. Arbeitsverträge können grundsätzlich auch mündlich abgeschlossen werden – müssen auf Verlangen aber auch schriftlich ausgehändigt werden.
Neue Arbeitsverträge, die nach dem 01.08.2022 unterzeichnet wurden, müssen die neuen Anforderungen bereits erfüllen.
Alte Arbeitsverträge, die vor dem 01.08.2022 unterzeichnet wurden, müssen nur dann nachträglich verändert werden, wenn der Arbeitnehmer ausdrücklich einen schriftlichen Nachweis verlangt.
Nachweisgesetz 2022 – Was besagt es?
Erstmals trat das Nachweisgesetz (NachwG) im Jahr 1995 in Kraft. Schon damals war es eine Reaktion auf Vorgaben aus dem europäischen Recht, die Arbeitnehmern mehr Sicherheit in ihrer Beschäftigung bieten sollte. Insbesondere bei mündlichen Arbeitsverträgen hat der Gesetzgeber strenge Richtlinien festgeschrieben, die das Arbeitsverhältnis regeln. Grundsätzlich herrscht in Deutschland Vertragsfreiheit, sodass auch ein Arbeitsvertrag nicht an eine bestimmte Form gebunden ist – auch mündliche Arbeitsverträge sind also grundsätzlich wirksam.
Im Jahr 2022 wurde das Nachweisgesetz noch einmal grundlegend reformiert. Seit 01.08.2022 müssen Arbeitgeber ihrem Mitarbeiter unaufgefordert einen Nachweis über die Tätigkeit und eine grobe Beschreibung des Arbeitsverhältnisses vorlegen. Das gilt allerdings nur für Neuanstellungen, die nach der Reformierung erfolgten. Bei bestehenden Arbeitsverträgen, die nur auf einer mündlichen Einigung basieren, muss der schriftliche Nachweis nur dann vom Arbeitgeber nachgereicht werden, wenn der Arbeitnehmer dies konkret einfordert.
Zusammenfassung:
Für Arbeitsverhältnisse, die mündlich vor dem 01.08.2022 geschlossen wurden, können Arbeitnehmer einen schriftlichen Arbeitsvertrag nachfordern. Alle Beschäftigungsverhältnisse, die nach diesem Datum begonnen haben, müssen zwingend per schriftlichem Arbeitsvertrag festgehalten werden.
Welche Angaben müssen im Nachweis über Arbeitsbedingungen stehen?
Rein formal handelt es sich bei dem neuen Gesetz nicht um eine Pflicht zu einem schriftlichen Arbeitsvertrag, sondern um einen „Nachweis über die Arbeitsbedingungen“. Hier muss für den Arbeitnehmer also ersichtlich sein, wie genau sich die Arbeitsbedingungen definieren.
Zu den bisherigen Pflichtangaben im schriftlichen Nachweis über die Arbeitsbedingungen gehören:
Name und Anschrift beider Vertragsparteien (Arbeitnehmer und Arbeitgeber)
Zeitpunkt des Beginns der Beschäftigung
Jährlicher Urlaubsanspruch
Vereinbarte wöchentliche oder monatliche Arbeitszeit
Beschreibung der Tätigkeit
Dabei handelte es sich um die Mindestvoraussetzungen, die in einem Nachweis über die Arbeitsbedingungen bisher enthalten sein mussten. Diese Angaben reichen unter der neuen Gesetzgebung nicht mehr länger aus. Der Nachweis muss nun eine Vielzahl weiterer Angaben enthalten.
Zusammenfassung:
Bei diesen Angaben handelt es sich um die Mindestanforderungen eines Arbeitsvertrages. Diese mussten auch bisher schon schriftlich festgehalten werden, während alle weiteren Regelungen zum Arbeitsverhältnis auch mündlich besprochen werden konnten. Mit dem neuen Nachweisgesetz 2022 hat sich das geändert.
Was muss seit dem 01.08.2022 ergänzt werden?
Die bisherigen Angaben in einem Nachweis über die Arbeitsbedingungen reichen nicht länger aus. Fortan muss das Schriftstück weitere, detaillierte Angaben zum Arbeitsvertrag enthalten.
Dazu zählen u. a. folgende Angaben:
Ende der Vertragslaufzeit bei befristeten Arbeitsverträgen
Angaben zur Probezeit, falls vereinbart – maximal jedoch 6 Monate
Möglichkeiten des Arbeitsortes, falls der Arbeitsort frei gewählt werden kann (z. B. Homeoffice Vereinbarungen)
Beschreibung der Tätigkeit
Höhe des Arbeitsentgelts
Zusammensetzung des Arbeitsentgelts (z. B. Überstunden, Zuschläge, Sonderzahlungen, Prämien …)
Fälligkeit und Art der Auszahlung (festes Datum + Angabe ob Überweisung oder Barauszahlung)
Vereinbarte wöchentliche oder monatliche Arbeitszeit
Regelungen zu Überstunden (z. B., ob diese notwendig sind und wenn ja, wie sie vergütet/ausgeglichen werden)
Dauer und Planung der Pausenzeiten und Ruhezeiten
Regelungen zum Schichtsystem, Schichtrhythmus und Grundlagen der Schichtänderung
Einzelheiten zur Abrufbereitschaft (falls vereinbart)
Ansprüche auf Fortbildungen, Weiterbildungen etc. (falls vereinbart)
Jährlicher Urlaubsanspruch
Bedingungen zur Vertragskündigung, Einhaltung der Schriftform bei Kündigung, Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage
Angaben zu Tarifverträgen oder Dienst- bzw. Betriebsvereinbarungen
Angaben zum Versorgungsträger einer betrieblichen Altersvorsorge, falls eine solche vereinbart wird
Welche Form muss der Nachweis haben?
Für den Nachweis über die Arbeitsbedingungen ist die Schriftform verpflichtend. Ein elektronischer Nachweis oder eine mündliche Absprache sind also unwirksam – es bedarf hier zwingend der Schriftform. Wenn du als Arbeitgeber einen solchen Nachweis verweigerst, kann der Arbeitnehmer diesen auch nachträglich einklagen. Es ist also sinnvoll, den Nachweis über die Arbeitsbedingungen von vornherein schriftlich festzuhalten und von beiden Seiten schriftlich bestätigten zu lassen.
Auch der digitale Versand des Nachweises ist nicht rechtswirksam, sofern er nicht zusätzlich zum postalischen Versand stattfindet. Um die Zustellung des Nachweises der Arbeitsbedingungen sicherstellen zu können, kannst du hier auf einen rückverfolgbaren Versand via Einschreiben setzen.
Wichtig:
Achte beim Ausstellen eines Nachweises über die Arbeitsbedingungen von vornherein auf die Schriftform. Kommst du dieser Pflicht als Arbeitgeber nicht nach, kann der Arbeitnehmer seine Rechte einklagen. Das verursacht nicht nur hohe Kosten, sondern geht auch mit weiteren möglichen Vorteilen für den Arbeitnehmer einher.
Was bedeutet das neue Nachweisgesetz für Berufsausbildungsverträge?
Auch Berufsausbildungsverträge sind von der neuen Regelung betroffen. Hier galten bereits strengere Vorschriften als bei herkömmlichen Arbeitsverträgen, die mit dem neuen Nachweisgesetz noch einmal ausgebaut wurden. Auch Berufsausbildungsverträge müssen nun die oben genannten Pflichtangaben enthalten. Das gilt auch für laufende Ausbildungsverhältnisse – erfüllt ein Nachweis über die Berufsausbildung bisher nicht die Anforderungen des Gesetzgebers, muss dieser entsprechend neu ausgearbeitet werden. Der Vertrag ist dem Auszubildenden unmittelbar nach der Vertragsunterzeichnung auszuhändigen, spätestens aber zu Beginn der Ausbildung. Auch hier ist die elektronische oder digitale Zustellung nicht zulässig.
Wie ist das Vorgehen bei bestehenden Verträgen?
Grundsätzlich müssen Arbeitsverträge, die vor dem 01.08.2022 geschlossen wurden, nicht nachträglich verändert werden. Eine Ausnahme gibt es aber auch hier: Verlangt der Arbeitnehmer die Aushändigung eines schriftlichen Nachweises zum Arbeitsverhältnis, so sind die neuen Anforderungen dafür umzusetzen. Achte darauf, dass der neue Nachweis zu den Arbeitsverhältnissen alle oben genannten Anforderungen enthält. Nur so bist du rechtlich auf der sicheren Seite.
Welche Frist gilt für den Nachweis?
Als Arbeitgeber hast du dafür natürlich nicht unbegrenzt viel Zeit. Sobald einer deiner Arbeitnehmer einen solchen Nachweis einfordert, steht dir für die Zusendung für besonders wichtige Angaben eine Frist von einer Woche zur Verfügung. Im Anschluss hast du bis zu einem Monat Zeit, um die restlichen Angaben im Arbeitsvertrag zu ergänzen.
Kannst du den veränderten Vertrag digital versenden?
Kurz und knapp: Nein. Zwar ist das digitale Versenden grundsätzlich ergänzend zum postalischen Wege möglich – zum Beispiel, weil der Arbeitnehmer sich den Nachweis auch in digitaler Form wünscht – allerdings ersetzt der digitale Versand den postalischen Weg nicht. Du kannst deinem Arbeitnehmer entweder den veränderten Vertrag persönlich aushändigen oder aber per Post zusenden. Wenn du dich für den postalischen Weg entscheidest, solltest du zudem einen Nachweis bringen, dass das Dokument tatsächlich versendet wurde, beispielsweise in Form einer Sendungsverfolgung via Einschreiben. Bei etwaigen Konflikten mit dem Arbeitnehmer kannst du die Zustellung des Nachweises so auch vor Gericht beweisen.
Welche Sanktionen drohen Arbeitgebern bei Nichteinhaltung des Nachweisgesetzes?
Bisher war im Nachweisgesetz zwar geregelt, welche Angaben ein Arbeitsvertrag zwingend enthalten muss – Strafen bei Nichteinhaltung waren aber nicht vorgesehen. Nicht zuletzt aus diesem Grund galt die Gesetzgebung als sehr umstritten. Mit dem neuen Nachweisgesetz 2022 hat sich auch das geändert: Halten sich Arbeitgeber nicht an die Formvorgaben, drohen empfindliche Ordnungsgelder.
Künftig musst du mit Zahlungen von bis zu 2.000 Euro Bußgeld rechnen, wenn die oben genannten Vorschriften im Arbeitsvertrag nicht schriftlich festgehalten und auf Verlangen an den Arbeitnehmer ausgehändigt werden (§ 4 Abs. 2 NachwG). Das gilt auch dann, wenn die Mitteilung nicht vollständig, nicht richtig, nicht rechtzeitig oder nicht in der vorgeschriebenen Weise ausgehändigt wird.
Allerdings haben all diese Faktoren keinerlei Auswirkungen auf den Arbeitsvertrag an sich. Dieser bleibt auch weiterhin gültig. Dennoch können fehlende Angaben im Arbeitsvertrag Konsequenzen für den Arbeitgeber mit sich bringen. Das zeigen auch Urteile aus der Vergangenheit deutlich.
Beispielurteil: Fehlende Angabe zu Tarifverträgen
Eine Lehrerin klagte im Jahr 2002 gegen ihren Arbeitgeber, der auszuzahlende Löhne nicht zahlen wollte. Der Arbeitgeber weigerte sich auch nach mehrmaliger Aufforderung, der Auszahlung des Lohns nachzukommen. Der Grund: Das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin sei ein Tarifvertrag mit Ausschlussfrist. Die Ansprüche aus dem Geschäftsverhältnis würden demnach also nach nur sechs Monaten verfallen – auch der Lohnanspruch der Klägerin.
Der Klägerin war dieser Tarifvertrag aber nicht bekannt, da sie keinen schriftlichen Arbeitsvertrag erhalten hat, in dem darauf hingewiesen wurde. Auch einen schriftlichen Nachweis, wie er im Nachweisgesetz gefordert wird, hatte der Arbeitgeber zu keinem Zeitpunkt ausgehändigt. Somit entschied das Bundesarbeitsgericht, dass die Klägerin im Recht sei: Der Arbeitgeber hatte seine Nachweispflicht verletzt und die Klägerin nicht über ihren Tarifvertrag informiert. Der ausstehende Lohn musste nachträglich gezahlt werden. (BAG 17.04.2022, Az. 5 AZR 89/01)
Probleme wegen des Arbeitsvertrags? So hilft dir ein KLUGO Partner-Anwalt weiter
Die Überarbeitung bestehender Arbeitsverträge, insbesondere wenn diese mündlich abgeschlossen wurden, hat nach Aufforderung durch den Arbeitnehmer zwingend zu erfolgen. Dabei müssen alle oben genannten Punkte rechtssicher im Nachweis zur Arbeitstätigkeit erbracht werden.
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