Das solltest du wissen Wer hat Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?

Wenn du als Arbeitgeber in einen rechtlichen Konflikt geraten bist wegen eines Arbeitszeugnisses, so kannst du dir erste rechtliche Handlungsempfehlungen von einem KLUGO Partner-Anwalt und Rechtsexperten einholen. Kontaktiere dazu die Erstberatung.

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Wenn einer deiner Mitarbeiter aus dem Unternehmen ausscheidet, steht ihm ein Arbeitszeugnis zu. Aber wie verhält es sich, wenn er sich umorientieren möchte und dafür ein Zwischenzeugnis braucht – oder wenn du als Arbeitgeber dem rechtmäßigen Anspruch auf Arbeitszeugnis nicht nachkommst? Welche Besonderheiten es beim Anspruch auf ein Arbeitszeugnis zu beachten gibt, erfährst du hier.

von K. Komsthöft
05.08.2024
11 Min Lesezeit

Anspruch auf ein Arbeitszeugnis Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Arbeitnehmer, der aus deinem Unternehmen ausscheidet, hat Anspruch auf ein Arbeitszeugnis.

  • Dein Arbeitnehmer muss das Arbeitszeugnis aktiv einfordern.

  • Für die Ausstellung eines Zwischenzeugnisses sollte ein triftiger Grund vorliegen.

  • Das Zeugnis darf nur gedruckt persönlich oder postalisch übergeben werden, nicht elektronisch.

Wenn du als Arbeitgeber dem Anspruch auf ein Arbeitszeugnis nicht nachkommst, kann das dein Mitarbeiter vor dem Arbeitsgericht einklagen. Solltest du damit konfrontiert sein, bieten wir eine telefonische Erstberatung durch unsere erfahrenen Partner-Anwälte und Rechtsexperten an.

Wer hat Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?

Anspruch auf ein Arbeitszeugnis haben alle Arbeitnehmer, die ein Unternehmen verlassen und zum Arbeitgeber in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen (§ 109 Abs. 1 der Gewerbeordnung). Die Dauer der Beschäftigung ist unerheblich. Dieser Anspruch gilt nicht für Freelancer oder freie Angestellte.

Wenn dein Mitarbeiter den Betrieb verlässt, bist du dazu verpflichtet, ihm ein angemessenes Arbeitszeugnis auszustellen. Allerdings bist du nicht in der Bringschuld, sondern er ist in der Holschuld. Das Arbeitszeugnis muss damit aktiv vom Arbeitnehmer angefordert werden – je nach Wunsch ist das ein einfaches oder ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Das Arbeitszeugnis sollte stets vorteilhaft ausgestellt werden, da du als Arbeitgeber dazu verpflichtet bist, das Recht auf ein faires Zeugnis zu gewährleisten. Damit soll verhindert werden, dass du deinem Mitarbeiter bei der Jobsuche Steine in den Weg legst. Häufig ist der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis auch im Arbeitsvertrag geregelt.

Anspruch auf ein Arbeitszeugnis haben folgende Beschäftigte:

  • Praktikanten, Aushilfskraft, Minijobber, Probearbeiter, Nebenbeschäftigte, Midijobber

  • Voll- und Teilzeitkräfte

  • Befristet und unbefristete Angestellte

  • Auszubildende

  • Fremd-Geschäftsführer und Gesellschafter-Geschäftsführer

  • Arbeitnehmerähnliche Personen (bestimmte Handelsvertreter)

  • Heimarbeiter

 Zur Einordnung: Die Art des Arbeitszeugnisses, das für einen Angestellten ausgestellt wird, kann dabei jedoch stark variieren. Ein Freelancer kann beispielsweise um eine Leistungsbeurteilung bzw. ein Empfehlungsschreiben bitten, diese ist für den Arbeitgeber jedoch nicht verpflichtend. So gibt es für verschiedene Beschäftigungsverhältnisse auch unterschiedliche Arten von Arbeitszeugnissen.

Gibt es gesetzliche Vorschriften?

Im Arbeitsvertrag kannst du festlegen, unter welchen Bedingungen und zu welchem Zeitpunkt du ein Arbeitszeugnis ausstellst. In einer Ausschlussklausel hast du die Möglichkeit, eine Frist für die Einforderung eines Zeugnisses festzulegen. Fehlt eine solche Klausel, kann dein Arbeitnehmer bis zu drei Jahre nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Zeugnis von dir verlangen.

Gemäß § 109 Gewerbeordnung sollten folgende Bedingungen erfüllt werden:

Gewerbeordnung - § 109 Zeugnis

(1) Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.

(2) Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.

(3) Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen.

Ausnahmen, in denen das Arbeitszeugnis unaufgefordert ausgestellt werden muss

Handelt es sich um ein Ausbildungsverhältnis oder um einen Aufhebungsvertrag, bist du verpflichtet, das Zeugnis ohne Aufforderung auszustellen. Ist absehbar, dass das Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung deinerseits oder durch einen Aufhebungsvertrag zeitnah endet, hat dein Arbeitnehmer bereits vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf das Zeugnis. Das bedeutet für dich, dass du das Zeugnis spätestens bis zum Ablauf der Kündigungsfrist ausstellen musst.

KLUGO Tipp:

Erstelle das Arbeitszeugnis fristgerecht, damit dein Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Schadenersatz wegen Verletzung deiner Zeugnispflicht (§ 630 BGB) hat.

Wann gibt es einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?

Ein Anspruch auf ein Arbeitszeugnis besteht immer dann, wenn das Arbeitsverhältnis durch Kündigung oder durch einen Aufhebungsvertrag endet. In der Regel handelt es sich um ein qualifiziertes Zeugnis. Der Anspruch auf ein einfaches Arbeitszeugnis besteht immer und ist im Gegensatz zum qualifizierten Zeugnis an keine Frist gebunden.

Wem steht ein qualifiziertes Arbeitszeugnis zu?

Jeder Arbeitnehmer, der zu dir in einem Abhängigkeitsverhältnis steht, hat Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Er kann diesen Anspruch ab dem Zeitpunkt der Kündigung geltend machen, unabhängig davon, von welcher Seite das Arbeitsverhältnis beendet wurde. Im Arbeitsvertrag kannst du auch andere Regelungen treffen. 

Was ist, wenn ich mehr Zeit für die Erstellung des Arbeitszeugnisses brauche?

Normalerweise muss das Arbeitszeugnis innerhalb von zwei Wochen deinem Arbeitnehmer ausgehändigt werden. Wenn du für die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses mehr Zeit benötigst, musst du dafür gute Gründe haben. Dies kann der Fall sein, wenn dein Unternehmen vor besonderen Herausforderungen steht, wie z. B. Massenentlassungen, und die Nachfrage nach Arbeitszeugnissen unverhältnismäßig hoch ist.

KLUGO Tipp:

Mit einer Ausschlussklausel kannst du im Arbeitsvertrag festlegen, nach welcher Frist ein Arbeitszeugnis verlangt werden kann. Grundsätzlich beträgt die Frist drei Jahre, aber mit einer Ausschlussklausel kannst du festlegen, wann dein Arbeitnehmer seinen Anspruch verwirkt oder nach längerer Zeit keinen Anspruch mehr hat. Dies kann bereits nach einem Jahr der Fall sein.

Wann verjährt der Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis?

Der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis verfällt nach der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren, wenn laut § 195 BGB nichts anderes festgelegt wurde. Der Anspruch kann auch früher erlöschen,

  • wenn im Betrieb niemand mehr da ist, der den Arbeitnehmer objektiv beurteilen und damit realistisch einschätzen kann.

  • wenn so viel Zeit verstrichen ist, dass du als Arbeitgeber nicht mehr damit rechnen musst.

Gibt es den Anspruch auf ein Zwischenzeugnis?

Während jeder Arbeitnehmer beim Ausscheiden aus dem Unternehmen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis hat, besteht ein Anspruch auf ein Zwischenzeugnis nicht unbedingt. Du bist nur dann verpflichtet, ein Zwischenzeugnis auszustellen, wenn du von deinem Arbeitnehmer einen triftigen Grund erfährst. Sobald du aufgefordert wirst, ein Zwischenzeugnis auszustellen, sollte er einen der folgenden Gründe nennen:

  • Geplante Bewerbungen in einem anderen Unternehmen – Arbeitnehmer muss mit Entlassung rechnen

  • Stellenwechsel innerhalb des Unternehmens

  • Wechsel des Vorgesetzten

  • Beförderung (Aufgabengebiet ändert sich)

  • Geplante Weiterbildung

  • Mehrjähriges Arbeitsverhältnis, bisher ohne Zwischenzeugnis

  • Jobauszeit (z. B. Elternzeit, Sabbatical)

  • Keine regelmäßigen Mitarbeiterbeurteilungen

  • Inhaber des Betriebs – und damit die Personalabteilung – wechselt

KLUGO Tipp:

Ohne triftigen Grund hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf ein Zwischenzeugnis. Anstatt den Wunsch nach einem Zwischenzeugnis jedoch pauschal abzulehnen, weil er keinen Grund vorweisen kann, ist es sinnvoll, mit dem Arbeitnehmer zu sprechen und ihn nach dem Grund zu fragen.

Hat dein Arbeitnehmer das Recht auf ein vorläufiges Arbeitszeugnis?

Ein gesetzlicher Anspruch auf ein vorläufiges Arbeitszeugnis besteht nicht, jedoch hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, sich nach einer Kündigung ein vorläufiges Arbeitszeugnis ausstellen zu lassen, wenn er während der Kündigungsfrist noch im Betrieb beschäftigt ist. Im Gegensatz zum Zwischenzeugnis sind die Angaben im vorläufigen Arbeitszeugnis verbindlich. Der Inhalt des vorläufigen Arbeitszeugnisses muss also auch in das endgültige Arbeitszeugnis übernommen werden.

Gibt es auch den Anspruch auf ein Ausbildungs- oder ein Praktikumszeugnis?

Ausbildungs- und Praktikumszeugnisse unterscheiden sich von den klassischen Arbeitszeugnissen, auf die hier näher eingegangen wird.

Ausbildungszeugnis

Auszubildende, die ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben, erhalten neben dem Arbeitszeugnis gleich mehrere Zeugnisse. In der Regel sind dies das Schulzeugnis der Berufsschule, das Abschlusszeugnis der prüfenden Kammer und das Ausbildungszeugnis des Arbeitgebers. Der Anspruch auf ein schriftliches Arbeitszeugnis nach der Ausbildung ist in § 16 BBiG geregelt. Hier gibt es einen großen Unterschied zum herkömmlichen Arbeitszeugnis: Während ein Arbeitnehmer sein Arbeitszeugnis erst einfordern muss, ist dies bei Auszubildenden nicht der Fall. Hier bist du als Arbeitgeber bzw. als Ausbilder dazu verpflichtet, nach Beendigung der Ausbildung unverzüglich und automatisch ein Arbeitszeugnis auszustellen.

Praktikumszeugnis

Das Praktikumszeugnis unterscheidet sich in Form und Inhalt vom Arbeitszeugnis – vor allem Schulpraktikanten bringen oft ein Formular der Schule mit, das du als Arbeitgeber nur auszufüllen brauchst. Bei längeren Praktika, z. B. während des Studiums, kann auch ein qualifiziertes Arbeitszeugnis ausgestellt werden, da diese Praktika ein wichtiger Bestandteil des Studiums sind. Die Voraussetzung für die Ausstellung eines Praktikumszeugnisses ist, dass das Praktikum berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen vermittelt und ein Mindestmaß an verpflichtender Einbindung in den Betriebszweck vorliegt. Der Anspruch auf ein Praktikumszeugnis ist in § 26 BBiG und 16 BBiG geregelt.

Wichtig:

Wenn Schüler oder Studenten ein sogenanntes Pflichtpraktikum absolvieren, kann nur ein Tätigkeitsnachweis verlangt werden. Hier besteht kein Anspruch auf eine Beurteilung, da es hier vielmehr um die Ausbildung als um die geleistete Arbeit geht.

Haben auch Geschäftsführer einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?

Nach der Rechtsprechung haben Fremdgeschäftsführer und Gesellschafter-Geschäftsführer Anspruch auf ein Dienstzeugnis. Zuständig dafür ist die Gesellschafterversammlung. Die Gesellschafter können diese Aufgabe auf einzelne Gesellschafter oder einen anderen Geschäftsführer übertragen, wofür ein entsprechender Beschluss erforderlich ist.

Bei der Erstellung eines Dienstzeugnisses dürfen – entsprechend dem Grundsatz der Zeugniswahrheit – schwerwiegende Verfehlungen des Geschäftsführers während seiner Dienstzeit nicht verschwiegen werden. Dies gilt insbesondere für nachweisbare Verfehlungen, die zur Abberufung oder Kündigung des Anstellungsvertrages geführt haben. Andernfalls macht sich der Aussteller gegenüber dem neuen Arbeitgeber schadensersatzpflichtig. Für das Managerzeugnis gelten die üblichen Regeln für „normale Arbeitnehmer“.

Gibt es für Beamte ebenfalls das Recht auf ein Arbeitszeugnis?

Beamte haben ebenfalls einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis, das sich dienstliche Beurteilung nennt. Dabei handelt es sich um eine Bewertung, die einem Arbeitszeugnis sehr nahekommt. Anspruch auf eine dienstliche Beurteilung haben in Deutschland alle Beamten des Bundes, geregelt in §§ 48 bis 50 der Bundeslaufbahnverordnung.

Welche Alternativen zum Arbeitszeugnis gibt es für Selbstständige?

Eine Online-Bewertung oder eine schriftliche Leistungsbeurteilung können Alternativen sein, um die dich ein Selbstständiger bzw. freier Mitarbeiter bitten kann. Diese Variante kommt einem Arbeitszeugnis sehr nahe, ohne für dich verpflichtend zu sein. Insofern kann ein Selbstständiger nicht fest davon ausgehen, eine Beurteilung seiner Leistung zu erhalten.

Zur Einordnung: Um Anspruch auf ein Arbeitszeugnis zu haben, muss zwischen dir und dem Arbeitnehmer ein gewisses Abhängigkeitsverhältnis bestehen. Dies ist bei Selbstständigen nicht der Fall, dennoch kann eine positive Bewertung der Tätigkeit für den Selbstständigen und seine Kundenakquise von Vorteil sein.

KLUGO Tipp:

Selbstständige haben zwar keinen Anspruch auf ein Zeugnis, können aber ihre Auftraggeber und Kunden um eine Leistungsbeurteilung bitten, die sie dann als Referenz bei der Kundenakquise nutzen können.

Muss ich beim Arbeitszeugnis auf bestimmte Formulierungen achten?

Bei der Erstellung des Arbeitszeugnisses musst du nicht auf bestimmte Formulierungen achten, denn dein Arbeitnehmer hat keinen Anspruch darauf. Du kannst mit ihm aber bereits vorab die Inhalte besprechen. Das Arbeitszeugnis sollte wohlwollend sein, was im Umkehrschluss nicht heißt, dass es immer gut ausfallen muss. Vielmehr geht es darum, Tatsachen neutral zu bewerten, anstatt zu interpretieren und dadurch das Fortkommen des Arbeitnehmers möglicherweise unnötig zu erschweren. Um der Gefahr einer falschen Deutung der Zeugnissprache zu entgehen, hat sich die Rechtsprechung darauf geeinigt, welche Formulierungen legitim sind und welche nicht.

KLUGO Tipp:

Das Zeugnis sollte schriftlich und möglichst auf Firmenpapier erstellt und im Original übergeben werden. Dein Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf ein Zeugnis ohne jegliche Beschädigungen, Unterstreichungen oder andere Hervorhebungen.

Konflikt wegen Arbeitszeugnis So kann dich ein Anwalt bei deiner Zeugnispflicht unterstützen

Bist du der Verletzung deiner Zeugnispflicht bezichtigt worden, weil du die Frist nicht einhalten konntest aufgrund von großen Herausforderungen in deinem Unternehmen? In diesem Fall ist es sinnvoll, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht einzuschalten, der sich im Arbeitsrecht gut auskennt und dich ausführlich beraten kann – einfach, schnell und unkompliziert.

Über unsere Autoren Katja Komsthöft

Als freie Texterin und Lektorin hat sich Katja Komsthöft auf fachliche, komplexe Themen spezialisiert, die dem Leser praktische Lösungen bieten.

Bereits seit mehreren Jahren schreibt sie begeistert Texte für Anwaltskanzleien, die sowohl den juristischen Inhalt als auch die thematische Aktualität berücksichtigen.

katja komsthöft