Autos stehen auf Straße

Gesamtüberblick zur VW-Abgas-Affäre Abgasskandal & VW-Skandal: Alles auf einen Blick

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Der Abgasskandal sorgte weltweit für Empörung. Fahrzeuge vieler Hersteller stoßen im Straßenverkehr mehr Emissionen aus als angegeben.

Sollte dein Fahrzeug eine Abschaltvorrichtung haben, könnte durch die EuGH-Entscheidung ein Anspruch auf Schadensersatz bestehen.

von M. Lind
18.06.2018
11 Min Lesezeit

VW-Abgasskandal Das Wichtigste in Kürze

  • Zahlreiche Menschen in Deutschland sind vom Abgasskandal betroffen.

  • Vor Gericht herrschte lange Zeit Unklarheit darüber, welche Ansprüche sich aus dem Skandal ergeben.

  • Nach dem verbraucherfreundlichen Urteil durch den EuGH ist klar: Grundsätzlich sind Schadensersatzforderungen zulässig. Die Erfolgsaussicht sollte jedoch im Einzelfall abgewogen werden.

  • Die KLUGO Rechtsexperten und Partner-Anwälte helfen dir dabei, deine Ansprüche geltend zu machen.

Worum ging es beim Dieselskandal?

Alles begann mit VW – durch eine Veröffentlichung der US-Umweltbehörde kam ans Licht, dass mehrere Dieselfahrzeuge des Herstellers mit einer manipulierten Software ausgestattet wurden.

Diese Software verändert den Stickoxid-Ausstoß des Kraftfahrzeuges im Testzyklus des Genehmigungsverfahrens, um die gesetzlichen Grenzwerte einzuhalten. Diese Funktion wurde im normalen Straßenverkehr abgeschaltet.

Der Clou dahinter: Die Abgas-Software, die in einigen VW-Fahrzeugen eingesetzt wurde, bemerkt, wenn sich ein Auto auf dem Prüfstand befindet oder hat eine Funktion inkludiert, die für die Zeit der Prüfung den Abgaswert heruntersetzt. So konnten die angegebenen Abgaswerte zwar auf dem Prüfstand eingehalten werden, nicht aber im tatsächlichen Straßenverkehr.

Im November 2015 räumte VW ein, auch Testabläufe und Fahrzeuge manipuliert zu haben, um CO₂-Ausstoß und Spritverbrauch zu schönen.

Im Verlauf des Dieselskandals stellte sich heraus, dass nicht nur die Fahrzeuge von VW betroffen waren, sondern auch Fahrzeuge weiterer Hersteller möglicherweise unzulässige Abschaltvorrichtungen aufweisen. Es scheint, als hätten zahlreiche Autokonzerne Abgaswerte angegeben, die im realen Straßenverkehr nicht eingehalten werden.

Welche neuen Urteile haben die Chancen für eine erfolgreiche Klage erhöht?

Häufig wurden die Verhandlungen zu Klagen wegen des Abgasskandals durch niedrige Instanzgerichte entschieden – nicht selten zum Nachteil des Klägers, also der Betroffenen. Die unterschiedlichen Urteile haben die Verwirrung seitens der Kläger noch zusätzlich gesteigert.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) sprach ein richtungsweisendes Urteil, das die Verbraucherrechte stärkt. An diesem Urteil hat sich nun auch der BGH orientiert, um Leitlinien für niedrigere Instanzen zu definieren – zugunsten der Autokäufer.

Thermofenster

Der Europäische Gerichtshof entschied, dass die Käufer eines Dieselfahrzeuges mit illegaler Abschalteinrichtung einen Anspruch auf Schadensersatz beim Hersteller geltend machen können. Dies soll künftig auch einfacher geschehen, als es bisher der Fall war.

Der EuGH öffnet die Möglichkeit, dass ein Schadensersatzanspruch nicht erst bei einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung geltend gemacht werden kann, sondern schon bei einer einfachen Fahrlässigkeit (Urteil vom 21.03.2023, Az.: C-100/21).

KLUGO Tipp:

Zwar stärkt das Urteil des EuGH zum Thermofenster die Verbraucherrechte, ermöglicht aber nicht zwangsläufig eine Rückabwicklung oder Schadensersatzforderung. Jeder Fall muss einzeln geprüft werden, um herauszufinden, ob wirklich ein unzulässiges Thermofenster im Auto verbaut wurde.

Gebrauchtwagen

Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat geurteilt, dass auch für Gebrauchtwagen eine Schadensersatzforderung möglich ist – allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen. Wurde der Gebrauchtwagen bei einem Händler gekauft, so kannst du binnen eines Jahres von der Sachmängelhaftung Gebrauch machen. Bei einem Neuwagenkauf liegt die Sachmängelhaftung bei zwei Jahren.

Etwas problematischer ist es, wenn der Gebrauchtwagen von einer Privatperson gekauft wurde. Privatpersonen sind gesetzlich von der Sachmängelhaftung ausgeschlossen, sodass du hier keine Ansprüche geltend machen kannst.

Dennoch stehst du der Situation nicht gänzlich machtlos gegenüber. Kontaktiere den Verkäufer des Kraftfahrzeuges und lasse dir die noch bestehenden Ansprüche gegen Händler und Hersteller schriftlich übertragen, damit du auch im Falle eines Privatkaufs noch gegen Händler bzw. Hersteller des Kraftfahrzeuges vorgehen kannst.

Welche Fahrzeuge sind betroffen?

Mindestens 2,4 Millionen VW-Dieselfahrzeuge sind in Deutschland in den VW-Skandal involviert, weltweit sogar elf Millionen. Obgleich sich keine genauen Zahlen nennen lassen, geht man europaweit von vermehrten Todesfällen durch die erhöhten Emissionswerte aus.

Vom Abgasskandal betroffene Autos sind insbesondere Fahrzeuge, die mit einem EA189-Motor ausgestattet wurden – also Modelle des Herstellers Volkswagen und dessen Tochtergesellschaften Seat, Skoda, Porsche und Audi. Auch einige Mercedes-Modelle des Herstellers Daimler und VW-Fahrzeuge mit einem größeren EA897-Motor sind betroffen.

Möchtest du prüfen, ob du vom Abgasskandal betroffen bist? Auf den Internetseiten der Hersteller kannst du deine Fahrgestellnummer eingeben und dort abfragen, ob dein Fahrzeug betroffen ist. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs könnte sich der Kreis betroffener Fahrzeuge zudem erweitern. Dafür muss aber jedes Auto einzeln auf mögliche Abschalteinrichtungen untersucht werden.

Sonderfall: Wohnmobile und Transporter

Ferner wurde bekannt, dass nicht nur Personenkraftwagen vom Abgasskandal betroffen sind, sondern auch Wohnmobile und Tiertransporter. Hierbei geht es vor allem um die Modelle von VW und Mercedes, aber auch Fiat und Iveco. Zudem werden die Motoren dieser Hersteller auch in vielen Drittanbieter-Wohnmobilen verwendet. Prüfe also, ob dein Motor der Euro-Klasse 5 oder 6 entspricht und von Fiat, Iveco, Mercedes, Citroën oder Ford stammt – möglicherweise bist du vom Dieselskandal betroffen.

Welche Rechte haben Betroffene?

Nach dem neuerlichen Urteil des EuGH haben Betroffene bessere Chancen auf eine Entschädigung. Die Schadensersatzansprüche, die nun eine rechtliche Grundlage erhalten haben, können auf mehrere Arten durchgesetzt werden:

  1. Vertrauensschadenszahlung und Fahrzeug behalten: Du behältst trotz Abgasskandal dein Fahrzeug, musst den Wertverlust aber nicht hinnehmen. Die Entschädigungszahlung, die du für den Wertverlust erhältst, beträgt ungefähr 10 % des ursprünglichen Kaufpreises.

  2. Ersatzfahrzeug: Sofern der Kauf des Neuwagens nicht länger als zwei Jahre zurückliegt bzw. der Kauf des Gebrauchtwagens nicht länger als ein Jahr zurückliegt, kannst du von der Sachmängelhaftung Gebrauch machen. Dabei gibst du dein bisheriges Fahrzeug mit Abgasskandal zurück und erhältst stattdessen ein gleichwertiges Fahrzeug ohne Mängel. Die Forderungen müssen dabei gegenüber dem Händler – nicht dem Hersteller – geltend gemacht werden. Auch diese Herangehensweise ist zwar in der Theorie möglich, lässt sich aber in der Praxis häufig nur sehr schwer rechtlich umsetzen.

  3. Software-Update: Viele Fahrzeuge waren längst von der Rückrufaktion betroffen, die ein verpflichtendes Software-Update mit sich brachte. Das Nachrüsten des Fahrzeuges soll den Mangel beseitigen.

Weitere mögliche Rechtswege:

  1. Klage gegen VW & Co. auf Schadensersatz im Dieselskandal nach dem Deliktsrecht gemäß § 826 BGB

  2. Rücktritt vom Autokredit durch den Widerrufsjoker im Abgasskandal gemäß § 312 BGB und § 355 BGB. Ob dies möglich ist, hängt allerdings von der vereinbarten Vertragsklausel ab. Du hast dabei eine Vorleistungspflicht, das heißt, du musst das Fahrzeug zurückgeben, bevor du Ansprüche geltend machen kannst. Prüfe daher den Kaufvertrag gründlich oder nutze die Unterstützung eines Fachanwalts für Verkehrsrecht.

KLUGO Tipp:

Nimm auch einen Neuwagen betroffener Marken nur unter Vorbehalt an. Kommt es erneut zu einem Abgasskandal, kannst du mögliche Sachmängelrechte wegen erhöhter Abgas- oder Verbrauchswerte schneller und einfacher geltend machen.

Hast du das manipulierte Fahrzeug bereits weiterverkauft, besteht dennoch ein Anspruch auf Schadensersatz – das hat der Bundesgerichtshof eindeutig in einem Urteil festgelegt. Sofern die Ansprüche noch nicht verjährt sind, kannst du also auch in einem solchen Fall noch Schadensersatz vom Hersteller verlangen.

Welche Fristen gibt es?

Die Verjährungsfrist beginnt zum Ende des Jahres, in dem der Dieselskandal aufgedeckt wurde – unterschiedlich von Hersteller zu Hersteller also. Wer von der Sachmängelhaftung Gebrauch machen möchte, muss dies bei Neuwagen innerhalb der gesetzlichen Frist von 2 Jahren bzw. bei Gebrauchtwagen innerhalb einer Frist von einem Jahr tun. Danach sind die Ansprüche verjährt.

Für Schadensersatzansprüche gilt eine Verjährungsfrist von drei Jahren, binnen derer die Ansprüche geltend gemacht werden müssen. Viele Betroffene haben aber zusätzlich die Möglichkeit, gemäß § 852 BGB den sogenannten Restschadensersatz geltend zu machen. Dieser Anspruch kann binnen einer Frist von 10 Jahren nach Kauf des Fahrzeugs geltend gemacht werden.

KLUGO Tipp:

Der Bundesgerichtshof entschied im Jahr 2020, dass die Ansprüche für die Autos von VW, Audi, Seat und Skoda mit Motortyp EA189, bei denen der Dieselskandal schon im Jahr 2015 aufgedeckt wurde, keine Ansprüche mehr geltend machen können. Es lohnt sich aber, den Anspruch auf einen möglichen Restschadensersatz zu prüfen.

Sollte man nur klagen, wenn man eine Rechtsschutzversicherung hat?

Pauschal lässt sich diese Frage nicht beantworten. Verfügst du über eine Rechtsschutzversicherung, so kannst du nach Einholung einer Deckungszusage bedenkenlos gegen die Hersteller klagen – alle damit einhergehenden Kosten werden von deiner Versicherung übernommen.

Hast du keine Rechtsschutzversicherung, so musst du alle anfallenden Kosten zunächst selbst tragen. Gehst du als Gewinner aus dem Prozess hervor, so werden alle Kosten an den Verlierer der Klage übertragen – in diesem Fall also Händler oder Hersteller des Kraftfahrzeuges. Dennoch können im Vorfeld einige Kosten auf dich zukommen. Neben Prozesskosten und Anwaltskosten fallen möglicherweise auch Kosten für Gutachten und Zeugenaussagen an.

Dennoch ist nach dem neueren Urteil seitens EuGH klar, dass die Verbraucherrechte im Dieselskandal gestärkt wurden. Insofern stehen die Erfolgsaussichten im Falle einer Klage deutlich besser als zuvor.

KLUGO Tipp:

Ermittle im Vorfeld mit einem Fachanwalt für Verkehrsrecht, wie hoch die zu erwartende Entschädigungssumme ausfällt. Im Anschluss entscheidest du, ob sich eine Klage im Abgasskandal für dich lohnt.

Wie hilft dir ein KLUGO Partner-Anwalt weiter?

Trotz des eindeutigen Urteils durch den Europäischen Gerichtshof bleibt der Dieselskandal ein sehr komplexes Thema. Immer mehr Fahrzeuge scheinen betroffen – und auch die Ansprüche für Betroffene waren lange Zeit unklar. Dennoch musst du den Wertverlust deines Kraftfahrzeuges nicht einfach hinnehmen. Prüfe zunächst mit einem Fachanwalt für Verkehrsrecht, welche rechtlichen Ansprüche im Hinblick auf eine mögliche Verjährung gegeben sind. Befindest du dich noch innerhalb der Fristen, kannst du im Anschluss gemeinsam mit dem Fachanwalt für Verkehrsrecht die zu erwartende Schadensersatzsumme ermitteln.

Dann entscheidest du, ob du den Klageweg im Abgasskandal beschreiten oder möglicherweise von einer anderen Option Gebrauch machen möchtest. Auch hier beraten dich Fachanwälte – denn jeder Fall ist einzigartig.

Nutze für eine erste Einschätzung zum Sachverhalt die telefonische Erstberatung von KLUGO. Wir verbinden dich mit einem Fachanwalt für Verkehrsrecht, um einen Blick auf deinen Fall zu werfen. Im Anschluss entscheidest du selbst, ob du die weitere Beratung durch einen Rechtsexperten wünschst und ggf. Klage einreichst oder eine andere Option nutzen möchtest.

Kann ich Schadensersatz fordern, wenn ich den Wagen weiterverkauft habe?

Dein Schadensersatzanspruch besteht auch dann, wenn du das Kraftfahrzeug bereits weiterverkauft hast. Der mit dem Abgasskandal einhergehende Wertverlust hat den Preis, den du für das Fahrzeug verlangen konntest, gesenkt. Ohne Skandal wäre die Verkaufssumme vermutlich höher ausgefallen.

Daher besteht hier ein Anspruch auf Schadensersatz – auch laut eines Urteils des Bundesgerichtshofs.

Kann ich auch für meinen Gebrauchtwagen Entschädigung fodern?

Hast du den Gebrauchtwagen über einen Händler gekauft, so steht dir auch jetzt eine Entschädigungszahlung zu. Etwas anders sieht es aus, wenn du den Wagen von einer Privatperson gekauft hast – hier ist die Sachmängelhaftung ausgeschlossen.

Du kannst dir jedoch die Ansprüche, die der Käufer des Fahrzeuges gegenüber dem Hersteller hat, übertragen lassen und diese geltend machen.

Gegen wen werden Ansprüche im Abgasskandal gestellt?

Schadensersatzansprüche machst du gegenüber dem Hersteller geltend.

Möchtest du das Fahrzeug zurückgeben und die Kaufsumme erstattet haben bzw. ein mängelfreies Ersatzfahrzeug erhalten, machst du diesen Anspruch binnen der Gewährleistungsfrist direkt beim Händler geltend.

Über unsere Autoren Melanie Lind

Melanie Lind arbeitet bereits seit 2017 als selbstständige Texterin und seit 2019 für die KLUGO Redaktion. Zuvor absolvierte sie eine Ausbildung im Marketing-Bereich. Vor ihrer Selbstständigkeit war sie bereits als Texterin tätig und hat sich kontinuierlich im Bereich Content-Management und SEO weitergebildet.

Ihr großes Interesse am deutschen Rechtssystem und Recht auch für Laien verständlich zu machen, brachte sie zu KLUGO.

melanie lind