
Das musst du beachten Verwirrende Verkehrsschilder: Bei Unklarheit handelt man vorsätzlich
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Sicherlich erinnerst auch du dich an Situationen im Straßenverkehr, bei denen die Beschilderung entweder unklar war oder es einfach zu viele Schilder an einer Stelle gab. Wusstest du, dass die deutschen Gesetze bei Unfällen jedoch eine klare Sprache sprechen? Sie lehnen die Klagen von Autofahrern ab, die sich darauf berufen, verwirrende Verkehrsschilder seien verantwortlich, meist ab. Der Gesetzgeber sagt, Autofahrer handeln vorsätzlich.
Verwirrung um Verkehrsschilder Das Wichtigste in Kürze
Gerichte in Deutschland akzeptieren verwirrende Beschilderung nicht als Entschuldigung; Fahrer sind verpflichtet, Verkehrszeichen zu erkennen und zu beachten.
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt wertet das Ignorieren von Verkehrsschildern häufig als vorsätzliches Handeln und nicht als Fahrlässigkeit.
Trotz des Schilderwaldes in Deutschland müssen Verkehrsteilnehmer besonders vorsichtig sein und ihre Geschwindigkeit anpassen.
Wer Verkehrsregeln missachtet, riskiert hohe Strafen von bis zu 900 Euro, Punkte in Flensburg und Fahrverbote.
Ausnahmen gelten nur selten; lediglich verdeckte oder unlesbare Schilder können eine Anfechtung des Bußgeldbescheids rechtfertigen.
Wenn Straßenschilder Autofahrer überfordern
Baustellen, Tempoangaben, das Einfädeln oder frühe Beschilderungen – es gibt viele Situationen, in denen die Verkehrszeichen, die eigentlich zur Orientierung und Unterstützung dienen sollen, Verkehrsteilnehmer überfordern. Im Ergebnis kommt es zu Missverständnissen und leider auch häufig zu Unfällen. Betroffene können sich im Streitfall jedoch nicht darauf berufen, dass sie von den verwirrenden Verkehrszeichen überfordert waren. Gerichte gehen oftmals davon aus, dass es sich um Vorsatz handelt.
Bei einer Kontrollaktion auf der A3 der Autobahnpolizei Frankfurt im Rahmen einer Lkw-Kontrolle wurden innerhalb einer Stunde 1.325 Fahrzeuge kontrolliert. Rund um eine Tagesbaustelle endete diese Kontrolle im August 2024 für 1.000 von ihnen mit einem Blitzerfoto.
Die Verkehrsteilnehmer, die trotz des „Roten X“ verbotenerweise eine gesperrte Spur befuhren, erhielten einen Bußgeldbescheid über 90 Euro sowie einen Punkt im Flensburger Register.
Laut der Hessenschau wird das „Rote X“ verwendet, um Baustellen, Unfallstellen sowie dort arbeitende Personen oder Rettungskräfte zusätzlich abzusichern. Eine Missachtung stelle daher „nicht nur ein verkehrswidriges Verhalten, sondern auch eine Gefahr“ dar.
Die Verkehrsteilnehmer in der Nähe von Frankfurt hätten die mit dem Roten X gekennzeichnete Spur nicht verwenden dürfen. Wird eine Spur mit diesem Verkehrszeichen gesperrt, dient das der allgemeinen Sicherheit an besonderen Gefahrenstellen wie Baustellen. Es kann auch sein, dass die Spur als Rettungsgasse freigehalten werden muss. In jedem Fall hatte der Großteil der betroffenen Fahrer bei der Lkw-Kontrolle das Schild nicht beachtet. Ob aus Unwissenheit oder vorsätzlich, ist dem Gesetzgeber egal, die Strafen sind rechtmäßig.
Tempoverstoß wegen Schildern
Städte und Gemeinden streben eine sinnvolle Nutzung von Verkehrszeichen an. Dennoch hat kein anderes Land so viele Schilder wie Deutschland – über 21 Millionen wurden seit dem 19. Jahrhundert aufgestellt. Bereits 2008 begannen laut Saarbrücker Zeitung viele Gemeinden mit dem Abbau überflüssiger Schilder; der ADAC schätzte damals, dass ein Drittel davon verzichtbar sei.
Trotz dieser Schilderflut müssen Verkehrsteilnehmer vorsichtig sein. Dies zeigte ein Fall vor dem OLG Frankfurt: Ein Autofahrer fuhr statt der erlaubten 60 km/h mit 146 km/h und berief sich auf eine „verwirrende Beschilderung“. Das Gericht wies die Argumentation ab und betonte die Pflicht zur Rücksichtnahme bei unklaren Verkehrsschildern.
Das Urteil des OLG Frankfurt
Mit Beschluss vom 20.01.2025 (Az. 2 Orbs 4/25) bestätigte das Gericht die Entscheidung des Amtsgerichts: 900 Euro Geldbuße und ein dreimonatiges Fahrverbot sind rechtmäßig. Der Autofahrer konnte nicht schlüssig erklären, warum er das gut sichtbare Tempolimit von 60 km/h ignorierte. Die aufgeklappten Schilder waren am Kontrolltag deutlich erkennbar, Lichtbilder lagen vor.
Der Einspruch wurde abgewiesen. Das Gericht sah keinen Verbotsirrtum und verwies auf mögliche kognitive Einschränkungen des Fahrers. Laut § 1 Abs. 1 StVO erfordert eine unklare Verkehrssituation besondere Vorsicht und angepasste Geschwindigkeit.
Gericht sieht vorsätzliches Verhalten des Autofahrers
Das Urteil wurde somit als vorsätzliches Handeln und nicht als fahrlässiges Verhalten eingestuft. Das OLG wertete die Verkehrsordnungswidrigkeit im Ergebnis als schwerwiegender.
Der Richter hatte dem Betroffenen vorsätzliche Begehung unterstellt und sah es als erwiesen an, dass dieser die Schilder bewusst ignoriert hatte, was zu einer bewussten Gefährdung von Dritten führte. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar und so musste der Verurteilte die Strafe akzeptieren.
Die Beschilderung mit einer Geschwindigkeitsreduzierung auf 60 km/h und einem Überholverbot für Lkws und Busse ist nicht „verwirrend“. Wer Verkehrsschilder nicht versteht oder verstehen will, handelt vorsätzlich, da er sich bewusst und gewollt gegen die Rechtsordnung stellt.
Weiterer Fall: OLG kippt Freispruch und erlässt Bußgeldbescheid
Das Amtsgericht Wiesbaden hatte einen Autofahrer freigesprochen, der auf der A3 mit 192 km/h geblitzt wurde und sich auf verwirrende Beschilderung berief. Das Oberlandesgericht Frankfurt sah dies jedoch anders und befand, dass die Schilder klar erkennbar waren. Die Geschwindigkeitsbegrenzung von 120 km/h galt zwischen 22 und 6 Uhr, und ab Kilometer 151.200 war eine Reduzierung auf 100 km/h notwendig.
Das OLG stellte fest, dass die Schilder keine Überforderung verursachten und wertete die Überschreitung von 72 km/h als bewusste Missachtung der Regeln. Es führte die Verstöße auf mangelnde Regelakzeptanz und nicht auf die Beschilderung zurück.
Bei Schildermissachtung drohen Bußgelder
Stoppschild übersehen, Parkschild missinterpretiert? Das Nichtbeachten von Verkehrsschildern oder das falsche Interpretieren von Zeichen gelten in Deutschland als Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr. Wer trotz Geschwindigkeitsbegrenzung schneller unterwegs ist, entscheidet sich bewusst und gewollt für ein höheres Tempo, so urteilten bereits zahlreiche Gerichte. Der Bußgeldbescheid kann mehrere Hundert Euro betragen, und auch Punkte in Flensburg drohen.
Verkehrsschilder, Ampeln und Ähnliches sind rechtlich betrachtet ein Verwaltungsakte. Das bedeutet, dass jedes Verkehrszeichen gemäß § 41 VwVfG „bekanntgegeben“, also sichtbar und praktisch wahrnehmbar ist. Kann man plausibel begründen, dass ein Schild wegen Schnee oder Dreck nicht erkennbar war, stehen die Chancen gut. Dann kann auch ein drohendes Fahrverbot durch das sogenannte Augenblicksversagen abgewendet werden. Ein schlichtes Habe ich nicht gesehen reicht nicht aus.
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