So verhinderst du eine Sperrfrist oder Ruhezeit Abfindung bei Arbeitslosengeld

Bevor du einen Aufhebungsvertrag annimmst, solltest du das Gespräch mit einem Anwalt suchen. Er kann dir helfen, eine etwaige Sperrfrist oder Ruhezeit zu umgehen. Aber er kann auch prüfen, ob du möglicherweise Anspruch auf eine höhere Abfindung hast.

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Sobald du bei der Beendigung deines Arbeitsverhältnisses eine Abfindung erhältst, wirkt sich dies auf dein Arbeitslosengeld aus. In der Regel wird hierbei die ordentliche Kündigungsfrist nicht eingehalten, was grundsätzlich zu einer Ruhezeit bei deinem Arbeitslosengeld führt. Wurde dein Arbeitsverhältnis jedoch durch pflichtwidriges Verhalten oder auf deine Veranlassung beendet, erhältst du, unabhängig von einer Abfindung, zumeist eine Sperrzeit. Es gibt aber auch wichtige Gründe, die eine Entlassung rechtfertigen, z. B. Mobbing oder Lohnrückstände durch deinen Arbeitgeber. Welche Fallstricke bei einer Abfindung noch zu beachten sind, kannst du hier nachlesen.

von K. Komsthöft
11.06.2024
11 Min Lesezeit

Abfindung bei Aufhebungsvertrag Das Wichtigste in Kürze

  • Entlassungsentschädigungen sind Leistungen wie Abfindungen, Entschädigungen und Sozialplanleistungen.

  • Bei Ruhezeit erhältst du dein volles Arbeitslosengeld nur der Leistungsbeginn verzögert sich.

  • Bei der Sperrzeit verkürzt sich die Leistungsdauer sowie die Gesamtsumme deines Arbeitslosengeldes.

  • Erhältst du eine Abfindung und endet dein Arbeitsverhältnis vor der Kündigungsfrist, droht dir eine Ruhezeit.

Im Zuge der Beendigung deines Arbeitsverhältnisses hast du eine Abfindung bekommen oder die Arbeitsagentur wirft dir pflichtwidriges Verhalten vor, was eine Sperrfrist nach sich zieht. Über eine telefonische Erstberatung von KLUGO erhältst du eine Ersteinschätzung deines individuellen Falles und hast die Möglichkeit, einem kompetenten Partner-Anwalt oder Rechtsexperten erste Fragen zu stellen.

Wie wirkt sich eine Abfindung auf mein Arbeitslosengeld aus?

Wenn du das Unternehmen vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist verlässt und gleichzeitig eine Abfindung erhältst, musst du zunächst von dieser Abfindung leben und dein Anspruch auf Arbeitslosengeld wird aufgeschoben. Dein Anspruch auf 12 Monate Arbeitslosengeld bleibt erhalten. Nur bei einer Sperrzeit des Arbeitslosengeldes wird dein Anspruch gekürzt. Du bekommst also weniger Monate Arbeitslosengeld als normal. Um eine Sperrzeit zu bekommen, musst du dir etwas zuschulden kommen lassen, damit dein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigen kann. Weiterhin droht dir eine Sperrzeit, wenn du ohne Aussicht auf einen neuen Job das Arbeitsverhältnis beendest (Kündigung oder Aufhebungsvertrag), sofern keine wichtigen Gründe dafür vorliegen oder ein gerichtlicher Vergleich geschlossen wurde.

Dein Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht, sobald du eine sogenannte Entlassungsentschädigung wie eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Zahlung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhältst (§ 158 SGB III). Zudem verlässt du den Betrieb in der Regel vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist. Dies kann der Fall sein, wenn das Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung beendet oder ein Aufhebungsvertrag unterschrieben wird, der das Arbeitsverhältnis ohne Kündigungsfrist vorzeitig beendet.

Was bedeutet eine Entlassungsentschädigung?

Für den Begriff der Entlassungsentschädigung hat der Gesetzgeber keine feste Definition oder Aufzählung vorgenommen. Vielmehr handelt es sich bei Entlassungsentschädigungen um jegliche Leistungen, die ein Arbeitnehmer aufgrund der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses bekommt. Diese Leistungen – oder auch Zahlungen – können Abfindungen, Entschädigungen oder sonstige Leistungen sein. Ob diese Leistungen in Raten oder in einer Summe gezahlt werden, spielt keine Rolle. Wesentlich ist der Grund für die Entlassungsentschädigung, nämlich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Für die Höhe der Entlassungsentschädigung ist immer der Gesamtbruttobetrag maßgebend. Dazu zählen auch Leistungen, die erst später fällig werden. Die vom Arbeitgeber gegebenenfalls übernommene Lohnsteuer ist hinzuzurechnen. Im Gesamtbruttobetrag werden Sachbezüge berücksichtigt, aber keine Arbeitgeberbeiträge zur Rentenversicherung des Arbeitnehmers (§ 187a Abs. 1 SGB VI) oder zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung.

Abfindung bei Arbeitslosengeld: So verhinderst du eine Sperrfrist oder Ruhezeit

Du verhinderst eine lange Ruhezeit, indem du die Kündigungsfrist einhältst. Sobald du einem Aufhebungsvertrag, Abwicklungsvertrag oder gerichtlichen Vergleich zustimmst und eine Abfindung erhältst, solltest du unbedingt darauf achten, dass dieser nicht bereits vor der Kündigungsfrist endet. Um eine lange Sperrzeit zu verhindern, braucht es hingegen einen wichtigen Grund oder einen gerichtlichen Vergleich.

Vergleich: Wann gibt es Ruhezeit und wann Sperrzeit?

  • Ruhezeit: Durch die Vereinbarung eines Aufhebungsvertrages oder des Abschlusses eines gerichtlichen Vergleiches kann es zu einer vorzeitigen Beendigung deines Arbeitsverhältnisses kommen. Zudem erhältst du hier zumeist eine Abfindung. Damit diese nicht zu einer Ruhezeit führt, sollte zwischen Unterschrift und deinem vereinbarten Ausstiegsdatum mindestens die Kündigungsfrist liegen. Diese ist entweder vertraglich vereinbart worden, andernfalls gelten die gesetzlichen Fristen. Dies gilt auch dann, wenn dein Arbeitsvertrag nach Ablauf der Kündigungsfrist endet, du aber früher unbezahlt freigestellt worden bist. Der Anspruch auf Arbeitslosigkeit ruht bis zum Ablauf der ursprünglichen Kündigungsfrist (§ 158 SGB 3).

  • Sperrzeit: Eine Sperrzeit setzt wiederum die Verletzung einer arbeitsvertraglichen Pflicht durch dich als Arbeitnehmer voraus. Die Arbeitsagentur nimmt in diesem Fall an, dass deine Arbeitslosigkeit selbst verschuldet oder gewollt ist. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn du ohne wichtigen Grund kündigst oder als Berufskraftfahrer deine Fahrerlaubnis wegen Alkohol am Steuer verlierst. Weiterhin droht dir eine Sperrzeit, wenn du ohne Aussicht auf einen neuen Job das Arbeitsverhältnis beendest (Kündigung oder Aufhebungsvertrag), sofern keine wichtigen Gründe dafür vorliegen oder ein gerichtlicher Vergleich geschlossen wurde. Im Gegensatz zum Ruhen verlierst du deinen vollen Anspruch auf Arbeitslosengeld, da du dich pflichtwidrig verhalten hast (§ 159 SGB III) – das zieht eine Sperrfrist nach sich. Arbeitslosengeld erfüllt lediglich den Zweck, dich zu unterstützen, wenn du unverschuldet in die Arbeitslosigkeit rutschst. Deine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung werden von der Agentur für Arbeit auch dann übernommen, wenn du zu Beginn der Arbeitslosigkeit aufgrund einer Sperrzeit kein Arbeitslosengeld bezogen hast. Es sei denn, es wurde eine Entlassungsentschädigung (bspw. Abfindung) an dich gezahlt. Dann musst du die Beiträge während der Sperrzeit durch eine freiwillige Weiterversicherung selbst tragen.

In letzterem Fall wird dir ein anteiliges Verschulden vorgeworfen, wenn es zu einer früheren Beendigung durch einen Aufhebungsvertrag oder eine Kündigung durch arbeitswidriges Verhalten kommt (Beteiligungssachverhalt). Hier soll dein pflichtwidriges Verhalten sanktioniert werden. Eine schwierige Situation, die auch existenziell sein kann – hier ist es ratsam, dich von einem vertrauenswürdigen Anwalt für Arbeitsrecht begleiten und beraten zu lassen.

Ausnahme: Deine Kündigung ist aus einem wichtigen Grund erfolgt wie begründeten Umständen aus dem Arbeitsverhältnis, deiner beruflichen Situation oder deinem persönlichen Umfeld. Zu diesen zählen u. a. Lohnrückstände, Mobbing, psychischer Druck, sexuelle Belästigung oder ein irreversibel zerstörtes Vertrauensverhältnis zwischen deinem Arbeitgeber und dir. In solchen Fällen steht dir Arbeitslosengeld zu.

KLUGO Tipp:

Wenn dein Arbeitslosengeld wegen einer Abfindung ruht, bist du nicht krankenversichert und solltest daher umgehend deine Krankenkasse kontaktieren.

Berechnung So berechnest du die Dauer deiner Ruhezeit

Die Dauer des Ruhezeitraums für Arbeitslosengeld bei Abfindung hängt vom Zeitpunkt der Beendigung deines Arbeitsverhältnisses ab. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 15.02.2000 – Az.: B 11 AL 41/99 R) beginnt diese Frist nicht mit dem Tag der Beendigung, sondern erst mit dem darauffolgenden Tag.

Drei Schritte zur Berechnung des Ruhezeitraums

1. Die Dauer des Ruhens hängt von drei Faktoren ab:

  1. Höhe der Entlassungsentschädigung

  2. Deinem Alter

  3. Dauer deiner Betriebszugehörigkeit

2. Um die Dauer des Ruhens (maximal ein Jahr und nicht über den Tag hinaus, an dem das Arbeitsverhältnis aufgrund von Kündigungsfrist endet) genau berechnen zu können, musst du folgende Punkte ebenfalls berücksichtigen:

  1. Deine Kündigungsfrist

  2. Liegt der im Aufhebungsvertrag geregelte Zeitpunkt vor Ablauf der Kündigungsfrist?

  3. Kann die Höchstgrenze für die Anrechnung angewendet werden?

Gemäß § 158 Abs. 2 Nr. 1 SGB 3 werden mindestens 25 % und maximal 60 % der Entlassungsentschädigung angerechnet. Dein Alter und deine Betriebszugehörigkeit sind für die Höhe der Anrechnung die wesentlichen Faktoren. Je älter und je länger du beschäftigt gewesen bist, desto geringer die Höhe des Anteils deiner Abfindung, die angerechnet wird.  Demzufolge endet die Ruhezeit zu dem Zeitpunkt, an dem du mit deinem gewöhnlichen Lohn 60 % deiner Abfindung verdient hättest.

3. Die letzten Schritte für deine endgültige Berechnung:

  1. Ermittlung deines Arbeitsentgelts der letzten 12 Lohnabrechnungen

  2. Errechnetes Arbeitsentgelt wird auf Kalendertage umgerechnet, um festzustellen, bis zu welchem Zeitpunkt 60 % der Entlassungsentschädigung als reguläres Arbeitsentgelt du verdient hättest.

                                Alter der Arbeitnehmer bei Beendigung

Betriebsjahre

Ab 35 Jahren

Ab 40 Jahren

Ab 45 Jahren

Ab 50 Jahren

Ab 55 Jahren

Ab 60 Jahren

5 oder mehr

55 %

50 %

45 %

40 %

35 %

30 %

10 oder mehr

50 %

45 %

40 %

35 %

30 %

25 %

15 oder mehr

45 %

40 %

35 %

30 %

25 %

25 %

20 oder mehr

40 %

35 %

30 %

25 %

25 %

25 %

25 oder mehr

35 %

30 %

25 %

25 %

25 %

25 %

30 oder mehr

25 %

25 %

25 %

25 %

25 %

35 oder mehr

25 %

25 %

25 %

25 %

Beispiel: 25 Resturlaubstage werden abgegolten, die Ruhezeit bzw. Auszahlung der Arbeitsagentur verzögert sich ebenfalls um 25 Tage.

Zwei Beispiele sollen die komplexe Berechnung verdeutlichen:

Erstes Beispiel

Ein 48-jähriger Arbeitnehmer unterzeichnet nach 10 Jahren Betriebszugehörigkeit am 01. April einen Aufhebungsvertrag, den ihm sein Arbeitgeber angeboten hat. Dieser sieht neben der Zahlung einer Abfindung von 15.000 Euro eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 15. April vor.

Bei einer 10-jährigen Betriebszugehörigkeit beläuft sich die ordentliche gesetzliche Kündigungsfrist auf vier Monate; der Arbeitgeber hätte dem Arbeitnehmer mit Zustellung der Kündigung am 01. April erst zum 31. August kündigen können. Von der Abfindung sind laut Tabelle nur 40 % zu berücksichtigen, da er bei Beendigung älter als 45 Jahre und mehr als 10 Jahre im Unternehmen beschäftigt gewesen ist. In den letzten zwölf Monaten hatte er einen Monatsverdienst von 3.200 Euro brutto.

Berechnung:

Das zuletzt verdiente Geld von 3.200 Euro wir auf einen Kalendertag heruntergerechnet, das ergibt einen Betrag von 105,21 Euro.

3.200 Euro x 12 Monate : 365 Tage = 105,21 Euro

Der zu berücksichtigende Teil der Entlassungsentschädigung von 6.000 Euro wird durch das kalendertägliche Entgelt von 105,21 Euro geteilt.

6000 : 105,21 = 57,02 Euro

Das ergibt eine Ruhezeit von 57 vollen Kalendertagen. Demzufolge ruht das Arbeitslosengeld ab dem 1. Mai für 57 Tage, erst danach bekommt er Arbeitslosengeld.

Zweites Beispiel

Der 57-jährige Arbeitnehmer war 18 Jahre lang bei seinem Arbeitgeber beschäftigt und erhielt zuletzt ein tägliches Arbeitsentgelt von 50 Euro (brutto). Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bekommt er eine Abfindung in Höhe von 13.000 Euro; außerdem stimmt er zu, dass das Arbeitsverhältnis 90 Tage früher endet als geplant. Gemäß 158 Abs.1 Satz 1 SGB III würde sein Anspruch auf Arbeitslosengeld normalerweise für die gesamten 90 Tage ruhen.

Berechnung

Nach der für ihn günstigen Anrechnungsregelung beträgt der Prozentsatz für die Anrechnung der Abfindung 25 %, d. h. ihm werden nur 3.250,00 Euro angerechnet.

25 % von 13.000 = 3.250 Euro

Aufgrund seines Lebensalters und seiner Betriebszugehörigkeit bleiben ihm von der Abfindung 75 %. Um diesen Betrag zu verdienen, hätte er bei seinem vorherigen Gehalt von 50 Euro pro Tag 65 Tage arbeiten müssen.

50 x 65 = 3.250 Euro

Sonderfall: Die Ruhezeit verlängert sich, wenn der gekündigte Arbeitnehmer eine Urlaubsabgeltung für ungenutzte Urlaubstage erhält. Selbst offener Resturlaub, der schon länger zurückliegt, wird dabei berücksichtigt (Bundesarbeitsgericht). Demzufolge kann die Zahlung hoch ausfallen und die Ruhezeit entsprechend unterbrechen. Abgeltung von Resturlaub führt selbst bei Einhaltung der Kündigungsfrist zu einer Ruhezeit.

Woher weiß ich, ob meine Abfindung richtig berechnet worden ist?

Damit du herausfinden kannst, ob deine Abfindungshöhe auch richtig ermittelt worden ist, empfehlen wir dir den Abfindungsrechner. Er zeigt dir nicht nur die Höhe deiner Abfindung, sondern auch die der Steuern, die du auf deine Abfindung zahlen musst.

Abfindung wird beim Bürgergeld als Vermögen gewertet

Erhältst du als Bürgergeldempfänger durch einen arbeitsgerichtlichen Vergleich eine Abfindung, wird diese als Vermögen gewertet, die deinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II verringert (BSG, 03.03.2009 - B 4 AS 47/08 R). In Bezug auf das Bürgergeld gelten bei einer Abfindung andere Regeln, da es sich bei ALG II um unbefristete Leistungen handelt, die der Grundsicherung dienen.

KLUGO Tipp:

Damit du in keinen finanziellen Engpass gerätst und deine Rechnungen bezahlen kannst, ist es sinnvoll, zusätzlich vorläufige Leistungen von der Arbeitsagentur zu verlangen (§ 328 Abs. 1 SGB III).

Kann ich gegen die Ruhezeit vorgehen?

Solltest du der Meinung sein, dass deine Ruhezeit falsch berechnet worden ist, kannst du gegen den Bescheid der Arbeitsagentur Widerspruch einlegen. Innerhalb einer einmonatigen Frist solltest du ihn eingereicht haben. Bleibt die Arbeitsagentur weiterhin bei ihrer Entscheidung, hast du immer noch die Möglichkeit, Klage einzureichen.

Um bei einem Widerspruch oder einer Klage gut gewappnet zu sein, ist es sinnvoll, einen Fachanwalt einzuschalten, der sich im Arbeitsrecht gut auskennt. Er berät dich nicht nur in allen relevanten Fragen, sondern weiß auch, wie man gegen eine falsche Berechnung der Ruhezeit vorgeht.

Über unsere Autoren Katja Komsthöft

Als freie Texterin und Lektorin hat sich Katja Komsthöft auf fachliche, komplexe Themen spezialisiert, die dem Leser praktische Lösungen bieten.

Bereits seit mehreren Jahren schreibt sie begeistert Texte für Anwaltskanzleien, die sowohl den juristischen Inhalt als auch die thematische Aktualität berücksichtigen.

katja komsthöft