
Das musst du wissen Mehrarbeit und Überstunden bei Teilzeit: Was gilt arbeitsrechtlich?
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Mehrarbeit und Überstunden gehören eigentlich nicht zur Teilzeit. Du sollst trotzdem länger arbeiten als vertraglich vereinbart wurde? Wir helfen dir u. a. bei den Fragen, wie viel Mehrarbeit zulässig ist und wann sie vergütet werden muss.
Mehrarbeit & Überstunden bei Teilzeit Das Wichtigste in Kürze
Mehrarbeit liegt vor, wenn du mit deiner zusätzlichen Arbeitszeit die gesetzliche bzw. tarifliche Höchstarbeitszeit überschreitest.
Überstunden leistest du dann ab, wenn du mehr arbeitest, als in deinem Tarif- oder Arbeitsvertrag vereinbart ist.
Die Pflicht zu Überstunden kann sich in Ausnahmefällen bei sogenannten Notsituationen ergeben.
Mehrarbeit bzw. Überstunden sind grundsätzlich zu vergüten.
Was ist Mehrarbeit? Was sind Überstunden? Worin unterscheiden sie sich?
Du musst in deinem Teilzeitjob plötzlich Mehrarbeit leisten und willst wissen, ob du dazu verpflichtet bist? Oder sind es am Ende eher Überstunden, die du aufgebrummt bekommst? Wir möchten dir helfen, rechtlich aufzuklären und den Unterschied hervorzuheben.
Im arbeitsrechtlichen Sinn liegt Mehrarbeit dann vor, wenn du allgemein länger arbeiten musst bzw. sollst, als es das Gesetz oder die womöglich für dich geltenden tarifvertraglichen Regelungen vorsehen. Denn grundsätzlich darf die Höchstarbeitszeit von acht Stunden pro Tag bzw. 48 Stunden pro Woche gemäß § 3 ArbZG (Arbeitszeitgesetz) nicht überschritten werden.
Überstunden sind im Grunde eine Unterform der Mehrarbeit. Sie leistest du demnach ebenfalls ab, wenn du länger arbeitest als vereinbart. Bei der Frage, ob neben deiner sogenannten Regelarbeitszeit noch extra Überstunden verlangt wurden, kommt es auf die folgenden Vertragsmodelle an:
Individueller Arbeitsvertrag
Tarifvertrag
Kollektivvertrag
Betriebsvereinbarung
Überstunden können für dich demzufolge anfallen, wenn dein Vorgesetzter sie extra anordnet.
Muss ich als Teilzeitkraft Mehrarbeit leisten?
Nein, grundsätzlich kannst du weder in der Vollzeitbeschäftigung noch als Teilzeitkraft zu Mehrarbeit verpflichtet werden. Da Mehrarbeit in aller Regel dann vorliegt, wenn die gesetzliche (oder tarifvertragliche) Höchstarbeitszeit überschritten wird, stellt sich mehr die Frage nach der Zulässigkeit, nämlich ob du überhaupt Mehrarbeit leisten darfst. Hierbei muss zwischen verschiedenen Gruppen unterschieden werden. Wie erwähnt, sind die gesetzlichen Grenzen der Mehrarbeit im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) geregelt.
Als Jugendlicher bist du von Mehrarbeit grundsätzlich nicht betroffen, da Jugendliche von den Regelungen des ArbZG ausgenommen sind. Solltest du in dem Fall dennoch Mehrarbeit leisten müssen, so muss deine Arbeitszeit innerhalb von drei Wochen entsprechend verkürzt angesetzt werden.
Für Schwangere oder stillende Mütter sind die erlaubten Grenzen ähnlich eng. Bist du mindestens 18 Jahre alt, darfst du z. B. nicht länger als achteinhalb Stunden täglich oder 90 Stunden innerhalb von zwei Wochen arbeiten. Bei Müttern unter 18 Jahren liegen die Grenzen bei acht bzw. 80 Stunden.
Leidest du an einer Schwerbehinderung, so kannst du dich auf deinen Wunsch hin von der Mehrarbeit freistellen lassen.
Im Normalfall erbringst du Mehrarbeit, sobald du länger als acht Stunden pro Tag arbeitest. Da auch der Samstag als Werktag gilt, beträgt die wöchentliche Höchstarbeitszeit somit insgesamt 48 Stunden. Arbeitest du demnach über die nach dem Arbeitszeitgesetz zulässige Zeitgrenze hinaus, so muss deine geleistete Mehrarbeit ausgeglichen werden, damit du über einen Zeitraum von sechs Monaten bzw. 24 Wochen, im Schnitt nicht zu lang beschäftigt warst (§ 3 ArbZG).
Muss ich Überstunden bei Teilzeit machen?
Auch im konkreten Fall von Überstunden musst du als Teilzeitarbeitnehmer keine Überstunden machen. Zumindest ist dies grundsätzlich so geregelt. Du musst demnach nicht länger arbeiten, als du mit deinem Arbeitgeber vereinbart hast. Basis hierfür sind ja gerade die gemeinsam getroffenen Regelungen im Arbeitsvertrag. Zudem bist du womöglich nicht ohne Grund eine Teilzeitkraft, sodass es dem Sinn bzw. dem Wesen dieses Modells widersprechen würde, wenn man deine Arbeitszeit beliebig verlängern könnte. Jedenfalls darf dein Vorgesetzter nicht aufgrund eines Direktionsrechts Überstunden anordnen.
Wenn du dich jedoch in deinem Teilzeitarbeitsvertrag mit der Übernahme von Überstunden einverstanden erklärt hast, kann die Sache anders aussehen.
Die Pflicht, Überstunden zu leisten, kann sich aus den folgenden beiden Sachverhalten bzw. Ausnahmen ergeben:
1. Vertragliche Regelung
Zu Überstunden kannst du dann verpflichtet sein, wenn sich dies aus den Regelungen eines Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung ergibt. Daneben können Überstunden auch individuell im Arbeitsvertrag geregelt werden. Dies würde auch dann rechtlich zulässig sein, wenn du einen Teilzeitarbeitsvertrag mit deinem Arbeitgeber abgeschlossen hast. Darin wird die zulässige Anzahl von Überstunden entweder pro Woche oder Monat geregelt.
2. Notsituationen
Der zweite Fall betrifft Notfälle, in die das Unternehmen geraten ist. Liegt also eine Notsituation vor, die z. B. durch Hochwasser oder einen Brand hervorgerufen wurde, bist du auch in diesem Fall zur Ableistung von Überstunden verpflichtet. Immerhin gilt dies nicht für alle „Notfälle“, die in einem Unternehmen vorkommen können: Verfügt dein Arbeitgeber schlicht über zu wenig Personal oder müssen saisonal bedingt übermäßig viele Aufträge erledigt werden, so wird das eher dem Missmanagement des Betriebes zugeordnet und angelastet.
Kann wegen Mehrarbeit aus Teilzeit Vollzeit werden?
Beschäftigt dich dein Arbeitgeber von der Stundenzahl über einen längeren Zeitraum deutlich länger als vertraglich vereinbart, kann darin eine konkludente, stillschweigende Änderung des Arbeitsvertrages gesehen werden. Das bedeutet, dass du auch ohne weitere schriftliche Vereinbarung zu einer Vollzeitstelle kommen kannst. So hat zumindest das Landesarbeitsgericht Hamm mit Urteil vom 04.05.2006, Az. AZR 504/06 entschieden.
Bedingung für die Annahme einer Vollzeitstelle war eine über mehrere Jahre andauernde Beschäftigung, die weit über die Arbeitszeit einer Teilzeitkraft hinausging. Außerplanmäßige Überstunden wurden von beiden Seiten sozusagen „stillschweigend vereinbart“. Voraussetzung für einen solchen, wohl eher seltenen Fall eines Übergangs von Teilzeit zu Vollzeit, ist natürlich, dass du als Arbeitnehmer mit der Übernahme der Überstunden einverstanden bist. Dein Arbeitgeber wiederum dürfte gleichzeitig keine Vertragsänderung vorgeschlagen haben.
Müssen Mehrarbeit und Überstunden bei Teilzeit vergütet werden?
Gleich zu Beginn die gute Nachricht: Ja, deine Überstunden bzw. deine Mehrarbeit muss der Arbeitgeber grundsätzlich vergüten. Auch Freizeitausgleich ist als Ersatz im Bereich des Möglichen. Diesbezüglich werden im Übrigen zwischen einer Vollzeitbeschäftigung und deiner Teilzeitstelle keine Unterschiede gemacht.
In der Regel gründet sich der Anspruch auf Vergütung auf die Inhalte von Betriebsvereinbarungen, Tarifverträgen oder eben deinen individuellen Einzelarbeitsvertrag. Das Arbeitszeitgesetz ist hierfür nicht einschlägig, es regelt lediglich, wie lange du täglich, wöchentlich oder monatlich maximal arbeiten darfst, enthält jedoch keine Bestimmungen zur Vergütung selbst.
Während du darauf hoffen darfst, dass deine Überstunden wie normale Arbeitszeit entlohnt wird oder eben per Freizeitausgleich abgegolten wird, zerschlagen sich deine Wünsche auf einen extra Zuschlag eher schnell. Denn eine somit höhere Vergütung von Überstunden kann zwar im Tarif- oder Arbeitsvertrag bzw. in einer Betriebsvereinbarung festgelegt werden, sie entspricht jedoch keineswegs dem Regelfall.
Fehlt im Vertrag oder der Vereinbarung ein entsprechender Passus zur Vergütung, so ist der Arbeitgeber nach § 612 BGB („Vergütung“) dennoch verpflichtet, deine Überstunden zu entlohnen. Darin heißt es:
„Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.“
In jedem Fall muss bei deiner Vergütung die Höhe des Mindestlohns berücksichtigt werden. Deinem Arbeitgeber ist es weder erlaubt, vertraglich deine Überstunden als „mit dem Grundgehalt abgegolten“ zu handhaben, noch die Vergütung unter dem Mindestlohn (seit Januar 2014: 12,41 Euro) anzusetzen.
Es ist ihm hingegen dann gestattet, die Überstunden deinem Monatslohn abzugelten, wenn dabei nur eine geringfügige Überschreitung der regelmäßigen Arbeitszeit gegeben ist (s. Urteil BAG vom 16.05.2012 – Az. 5 AZR 331/11).
Wie beeinflussen Arbeitsvertrag und Tarifvertrag Mehrarbeit und Überstunden?
Beide Vertragsmodelle haben entscheidenden Einfluss darauf, wie und ob du Mehrarbeit bzw. Überstunden vergütet bekommst. Zum einen kannst du bis auf wenige Ausnahmen nur über vorher getroffene Vereinbarungen zu Mehrarbeit und Überstunden verpflichtet werden. Zum anderen sollte unter einem entsprechenden Vertragsparagrafen auch die Höhe deiner Vergütung festgelegt werden. Wie dargelegt, können ansonsten gesetzliche Vorschriften im Arbeitszeitgesetz oder dem Bürgerlichen Gesetzbuch deine Überstundenregelungen klären, sollten Vereinbarungen diesbezüglich gänzlich fehlen.
Du bist Teilzeitkraft im öffentlichen Dienst? In dem Fall gilt deine Arbeitsleistung als Mehrarbeit, wenn sie über die mit deinem Arbeitgeber abgeschlossenen, konkreten Arbeitsvertrag darüber hinausgehen sollte – und zwar bis zur Arbeitsleistung einer Vollzeitkraft. Während man von Überstunden spricht, wenn Arbeitsstunden vom Arbeitgeber angeordnet werden, die über den üblichen 39 Stunden (40 Stunden im Tarifgebiet Ost) liegen.
Günstig für dich als Teilzeitkraft: Du bist im Gegensatz zu den sonstigen Beschäftigten nur bei vorhandener arbeitsvertraglicher Regelung oder deiner Zustimmung zur Leistung von Mehrarbeit bzw. Überstunden verpflichtet. Bei allen anderen Beschäftigten im öffentlichen Dienst ist dies dann der Fall, wenn betriebliche oder dienstliche „Notwendigkeiten“ gegeben sind.
Daran ist zu erkennen, dass du in für dich unklaren Situationen auf gesetzliche Vorschriften vertrauen kannst. In aller Regel kommt es aber auf die tarifvertraglichen Bestimmungen an, wie deine Pflicht zu Überstunden und Mehrarbeit geregelt ist. Umso mehr, wenn es um deinen Einzelarbeitsvertrag geht, dessen Inhalte du mit deinem Arbeitgeber aushandelst.
Was kann ich tun, wenn ich als Teilzeitkraft ständig Mehrarbeit und/oder Überstunden leisten soll?
Wenn du darunter leidest, dass du regelmäßig mehr Arbeitsstunden ableisten sollst, als es dein Arbeits- oder Tarifvertrag aussagt, solltest du in einem ersten Schritt einen genauen Blick in deine vertraglichen Unterlagen werfen. Denn nur so kannst du erfahren, welche Regelungen diesbezüglich wirklich gelten.
Danach kannst du herausfinden, ob die Anordnung von Überstunden deines Vorgesetzten nicht vielleicht doch gegen die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes verstößt. Hierfür kannst du deine genauen Arbeitszeit aufschreiben und weiter dokumentieren.
In jedem Fall solltest du über deine missliche Arbeitssituation das Gespräch mit deinem Arbeitgeber suchen. Hierbei kannst deine Unzufriedenheit äußern und klarstellen, dass du weniger arbeiten möchtest. Gleichzeitig kannst du eine Einigung darüber erzielen, ob die Mehrarbeit bzw. die Überstunden in Form von Freizeit oder Überstundenvergütung ausgeglichen werden.
Sollte auch dies nicht zu einer zufriedenstellenden Lösung führen, benötigst du u. U. rechtliche Unterstützung, um entsprechende Schritte einzuleiten. Anwaltliche Hilfe, eine schriftliche Abmahnung durch dich als Arbeitnehmer oder im Fall gewerkschaftliche Unterstützung sind weitere Optionen, um als Teilzeitkraft zukünftig weniger Mehrarbeit und/oder Überstunden machen zu müssen.
So hilft dir ein KLUGO Partner-Anwalt weiter
Mehrarbeit bei Teilzeit klingt beinahe wie ein Widerspruch in sich. Denn durch das gewählte Modell hast du vertraglich vereinbart, dass du eben nicht so lang wie bei einer Vollzeitstelle arbeiten möchtest. Kommt es dennoch dazu, dass dein Chef Mehrarbeit bzw. Überstunden verlangt, stellt sich schnell die Frage nach der Zulässigkeit. Wenn du wissen möchtest, wie viele Stunden du mehr arbeiten musst und wie deine Vergütung aussieht, kann dich ein Fachanwalt für Arbeitsrecht unterstützen.
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