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Kündigung wegen Krankheit
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Kündigung wegen Krankheit: Das sollten Betroffene tun

STAND 21.11.2022 | LESEZEIT 6 MIN

Dass Krankheit vor Kündigung schützt, ist ein weitverbreiteter Irrtum. Fehlt ein Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum oder ist immer mal wieder ein paar Tage oder Wochen krankgeschrieben, kann der Arbeitgeber unter bestimmten Bedingungen zum Kündigungsausspruch berechtigt sein. Welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und welche Möglichkeiten Sie haben, erfahren Sie hier.

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine krankheitsbedingte Kündigung kann bereits während der Arbeitsunfähigkeit ausgesprochen werden.
  • Es müssen gleichzeitig drei Voraussetzungen erfüllt sein, damit die Kündigung wirksam ist.
  • Kleinbetrieb, Schwerbehinderung & Co.: Bei einer krankheitsbedingten Kündigung gibt es drei Sonderfälle.
  • Vor der Kündigung muss keine Abmahnung ausgesprochen werden, da der Arbeitnehmer nichts verschuldet hat und sein Verhalten nicht ändern kann.

Kann man wegen Krankheit gekündigt werden?

Arbeitnehmern kann krankheitsbedingt gekündigt werden. Entgegen der landläufigen Meinung, dass Krankheit vor Kündigung schützt, kann eine Kündigung sogar während der Arbeitsunfähigkeit ausgesprochen werden.

Sind in einem Unternehmen mehr als zehn Mitarbeiter angestellt, sind Arbeitnehmer, die länger als sechs Monate angestellt sind, durch das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) geschützt.

Die drei Arten einer ordentlichen Kündigung sind:

Eine krankheitsbedingte Kündigung ist ein Unterfall der ordentlichen personenbedingten Kündigung. Kann ein Arbeitnehmer seinen vertraglichen Pflichten aufgrund einer langfristigen Arbeitsunfähigkeit nicht nachkommen, liegt eine Vertragsstörung seitens des Arbeitnehmers vor.

Bei einer krankheitsbedingten Kündigung trifft den Arbeitnehmer keine Schuld. Da der erkrankte Arbeitnehmer sein Verhalten nicht ändern kann und die Kündigung somit keinen Sanktionscharakter hat, muss der Arbeitgeber im Vorhinein keine Abmahnung aussprechen.

Haben Sie eine krankheitsbedingte Kündigung erhalten? Über die telefonische Erstberatung von KLUGO können Sie ganz einfach Kontakt aufnehmen und Ihre ersten Fragen direkt an einen Fachanwalt und Rechtsexperten stellen.

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Welche 3 Voraussetzungen müssen für eine krankheitsbedingte Kündigung erfüllt sein?

Gemäß Rechtsprechung müssen gleichzeitig drei Voraussetzungen erfüllt sein, damit eine krankheitsbedingte Kündigung wirksam ist:

  1. Negative Gesundheitsprognose: Zum Zeitpunkt der Kündigung müssen Tatsachen vorliegen, die dafür sprechen, dass der Arbeitnehmer auch künftig aufgrund von Krankheit in erheblichem Umfang fehlen wird.
  2. Fehlzeiten wirken sich negativ auf die Interessen des Arbeitgebers aus: Fehlt ein Arbeitnehmer häufig oder über einen längeren Zeitraum, beeinträchtigt dies die betrieblichen und wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers erheblich. Diese Interessenbeeinträchtigung liegt z. B. dann vor, wenn der Betriebsablauf aufgrund der Fehlzeiten gestört wird oder es zu erheblichen Belastungen aufgrund der Lohnfortzahlung kommt.
  3. Interessenabwägung zugunsten des Arbeitnehmers: Zwischen dem Beendigungsinteresse des Arbeitgebers und dem Fortsetzungsinteresse des Arbeitnehmers muss eine Interessenabwägung vorgenommen werden. Sie muss ergeben, dass die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unzumutbar ist.
Der Arbeitnehmer muss also belegen, dass ein Arbeitnehmer künftig überdurchschnittlich häufig aufgrund von Krankheit fehlt. Außerdem muss der Arbeitgeber nachweisen können, dass die Fehlzeiten zu erheblichen Störungen im Betrieb und zu finanziellen Belastungen führen. Erst dann und wenn eine anschließende Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers ausfällt, darf krankheitsbedingt gekündigt werden.

Beim dritten Punkt kommt es auch darauf an, ob die Kündigung das mildeste Mittel ist. Ggf. gibt es mildere Maßnahmen, die den Arbeitnehmer nicht so stark belasten und helfen, krankheitsbedingte Störungen des Arbeitsverhältnisses zu beseitigen. Dies würde nach § 167 SGB IX ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) ermöglichen.

Risiken einer Kündigung wegen Krankheit – Infografik
Risiken einer Kündigung wegen Krankheit – Infografik

Welche Krankheitsmuster gibt es und welches Kündigungsrisiko bergen sie?

Abhängig vom Krankheitsmuster und der Belastungen für den Arbeitgeber erhöht sich das Risiko einer Kündigung und einer Beurteilung des Arbeitsgerichts. Es gibt vier Krankheitsmuster, die unterschiedliche Kündigungsrisiken bergen.

1. Häufige Kurzerkrankungen

Das Risiko einer krankheitsbedingten Kündigung ist dann am höchsten, wenn der Arbeitnehmer häufig über kürzere Zeiträume krankgeschrieben wird. Summiert sich die Arbeitsunfähigkeit innerhalb eines Beobachtungszeitraums von zwei Jahren auf sechs Wochen pro Jahr, ist das Risiko sehr hoch, eine krankheitsbedingte Kündigung zu erhalten.

Für den Arbeitgeber bedeutet dies eine hohe finanzielle Belastung, da Krankenkassen die Lohnfortzahlung erst nach sechs Wochen übernehmen.

2. Dauernde Arbeitsunfähigkeit

Ist ein Arbeitnehmer z. B. aufgrund eines Unfalls dauerhaft arbeitsunfähig, ist das Risiko hoch, dass eine krankheitsbedingte Kündigung wirksam ist. Dieser Fall tritt häufig bei körperlicher Arbeit ein. Sitzt ein Gerüstbauer nach einem Unfall für immer im Rollstuhl, fällt die Gesundheitsprognose für sein Berufsfeld negativ aus.

Kann der Arbeitgeber keinen passenden alternativen Arbeitsplatz bieten, ist eine Kündigung i. d. R. zulässig.

3. Krankheitsbedingte Leistungsminderung

Verringert sich die Arbeitsleitung des Arbeitnehmers nach einer Erkrankung um mehr als 30 Prozent, so kann der Arbeitgeber zum Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung berechtigt sein. Das mildere Mittel wäre zu schauen, ob eine Teilzeitanstellung oder Versetzung innerhalb des Unternehmens infrage kommt.

4. Langandauernde Krankheit

Eine Langzeiterkrankung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Kündigung mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig ist. Gibt es Aussicht auf Genesung, ist das Risiko einer krankheitsbedingten Kündigung gering, da nach sechs Wochen die Krankenversicherung die Lohnfortzahlung übernimmt.

Die betrieblichen Interessen sind jedoch dann erheblich beeinträchtigt, wenn es keine Aussicht auf eine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit innerhalb der nächsten zwei Jahre gibt.

So sollten Sie vorgehen, um sich gegen eine krankheitsbedingte Kündigung zu wehren

Arbeitnehmer sind nach Erhalt einer Kündigung häufig verunsichert. Sie sollten eine Kündigung grundsätzlich erst prüfen lassen, die Unterschrift bis dahin verweigern und sich drei Tage nach Erhalt der Kündigung arbeitssuchend melden. Kontaktieren Sie, falls vorhanden, den Betriebsrat und machen Sie deutlich, dass Sie die Kündigung nicht akzeptieren.

Grundsätzlich haben Arbeitnehmer das Recht, sich innerhalb von drei Wochen nach Kündigungserhalt durch das Einreichen einer Kündigungsschutzklage zu wehren.

Im speziellen Fall der krankheitsbedingten Kündigung hat ein Arbeitnehmer darüber hinaus die Möglichkeit, sich gegen den Vorwurf einer negativen Gesundheitsprognose zu wehren, indem er:

  • entweder seine Krankheitsgeschichte und Arztbriefe offenlegt und beweist, dass die häufigen Abwesenheiten nicht durch eine chronische Krankheit bedingt sind oder
  • er entbindet seinen behandelnden Arzt von der Schweigepflicht, um die gesundheitliche Entwicklung offiziell positiv prognostizieren zu lassen.
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Bewahren Sie beim Kündigungserhalt Ruhe und handeln Sie nicht zu vorschnell. Nutzen Sie in jedem Fall die gesetzliche Frist von drei Wochen aus – diese steht Ihnen für eine Kündigungsschutzklage zu.

Eine Rechtsberatung ist in jedem Falle sinnvoll. Über die telefonische Erstberatung von KLUGO können Sie ganz einfach Kontakt aufnehmen und Ihre ersten Fragen zur krankheitsbedingten Kündigung direkt an einen Anwalt für Arbeitsrecht stellen.

Haben Sie trotzdem Anspruch auf eine Abfindung?

Dem Arbeitnehmer steht grundsätzlich keine Abfindung zu, insofern im Arbeits- / Tarifvertrag oder der Betriebsvereinbarung nichts anderes geregelt ist. Arbeitnehmer können nach einer krankheitsbedingten Kündigung trotzdem u. U. sowohl gerichtlich als auch außergerichtlich eine Abfindung verhandeln.

Was gilt in Sonderfällen?

Eine krankheitsbedingte Kündigung kann in den drei folgenden Sonderfällen schwerer durchsetzbar sein:

  • Kleinbetrieb: Arbeitnehmer eines Kleinbetriebs (mit mehr als 10 Mitarbeitern) genießen keinen gesetzlichen Kündigungsschutz. Beide Seiten können grundsätzlich ohne Angaben von Gründen kündigen. Doch auch hier haben Arbeitnehmer die Möglichkeit, gerichtlich gegen die Kündigung vorzugehen.
  • Schwerbehinderung: Schwerbehinderte genießen einen besonderen Kündigungsschutz. Dennoch kann auch für schwerbehinderte Personen mit Zustimmung des Integrationsrates eine krankheitsbedingte Kündigung ausgesprochen werden.
  • Alkoholabhängigkeit: Alkoholabhängigkeit gilt als anerkannte Krankheit. Fällt die Gesundheitsprognose jedoch z. B. durch Auslassen einer Entziehungskur oder Therapie negativ aus, ist der Arbeitgeber berechtigt, eine personenbedingte Kündigung auszusprechen.

FAQ – Kündigung wegen Krankheit

Ja, der Arbeitgeber hat, insofern drei Voraussetzungen erfüllt sind, das Recht, eine krankheitsbedingte Kündigung auszusprechen.

Der Arbeitgeber muss pro Jahr bis zu 30 Fehltage hinnehmen. Ist ein Arbeitnehmer am Stück oder summiert mehr als sechs Wochen im Jahr krank, kann eine Kündigung drohen. Dem Arbeitnehmer entstehen dadurch nämlich erhebliche Beeinträchtigungen.

Nein, eine krankheitsbedingte Kündigung kann auch ausgesprochen werden, wenn ein Arbeitnehmer im Jahr mehr als sechs Wochen z. B. aufgrund von Erkältungen oder Migräne arbeitsunfähig ist.

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Dann nutzen Sie einfach die KLUGO Erstberatung. Die Erstberatung ist ein Telefongespräch mit einem zertifizierten Anwalt aus unserem Netzwerk.

Beitrag juristisch geprüft von der KLUGO-Redaktion

Der Beitrag wurde mit großer Sorgfalt von der KLUGO-Redaktion erstellt und juristisch geprüft. Dazu ergänzen wir unseren Ratgeber mit wertvollen Tipps direkt vom Experten: Unsere spezialisierten Partner-Anwälte zeigen auf, worauf es beim jeweiligen Thema ankommt.