Kündigung wegen Krankheit: Deine Rechte im Überblick

Du wurdest aufgrund von Krankheit gekündigt? Unsere Partner-Anwälte und Rechtsexperten prüfen deine Kündigung und helfen dir, eine gerechte Abfindung oder Weiterbeschäftigung zu erreichen.

Auf dieser Seite

Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, dass Krankheit vor einer Kündigung schützt. Wenn ein Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum fehlt oder immer wieder mal für ein paar Tage oder Wochen krankgeschrieben ist, kann der Arbeitgeber unter bestimmten Bedingungen das Arbeitsverhältnis kündigen. Welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und welche Möglichkeiten du hast, erfährst du hier.

von KLUGO
21.11.2022
8 Min Lesezeit

Kündigung wegen Krankheit Das Wichtigste in Kürze

  • Eine krankheitsbedingte Kündigung kann bereits während der Arbeitsunfähigkeit ausgesprochen werden.

  • Damit die Kündigung wirksam ist, müssen jedoch drei Voraussetzungen erfüllt sein.

  • Bei einer krankheitsbedingten Kündigung gibt es zudem besondere Regelungen, für bestimmte Fälle, wie etwa Kleinbetriebe, Schwerbehinderte und andere Sonderkonstellationen.

  • Vor der Kündigung ist in der Regel keine Abmahnung erforderlich.

Kann man wegen Krankheit gekündigt werden?

Ja, grundsätzlich können Arbeitnehmer aufgrund von Krankheit gekündigt werden, aber es gibt spezifische Regelungen und Anforderungen, die beachtet werden müssen. Hier sind einige wichtige Punkte:

  1. Kündigungsschutzgesetz (KSchG): Arbeitnehmer sind durch das Kündigungsschutzgesetz geschützt, wenn sie länger als sechs Monate im Unternehmen arbeiten und das Unternehmen mehr als zehn Mitarbeiter hat. Die Kündigung muss in diesem Fall sozial gerechtfertigt sein, das heißt, sie darf nur aus bestimmten Gründen ausgesprochen werden: verhaltensbedingt, betriebsbedingt oder personenbedingt.

  2. Arten der Kündigung:

    • Verhaltensbedingte Kündigung: Diese erfolgt wegen eines Fehlverhaltens des Arbeitnehmers, wie zum Beispiel wiederholte unentschuldigte Fehltage.

    • Betriebsbedingte Kündigung: Diese erfolgt aufgrund betrieblicher Erfordernisse, wie etwa Unternehmensumstrukturierungen oder Stellenabbau.

    • Personenbedingte Kündigung: Diese erfolgt aufgrund persönlicher Eigenschaften des Arbeitnehmers, die seine Arbeitsleistung beeinträchtigen. Eine krankheitsbedingte Kündigung fällt in diese Kategorie.

  3. Krankheitsbedingte Kündigung: Dies ist ein Unterfall der personenbedingten Kündigung. Hierbei muss der Arbeitgeber nachweisen, dass:

    • Die Krankheit des Arbeitnehmers zu erheblichen und dauerhaften Beeinträchtigungen der Arbeitsfähigkeit führt.

    • Es keine Möglichkeit gibt, den Arbeitnehmer anders im Unternehmen einzusetzen.

    • Die krankheitsbedingte Kündigung die letzte Maßnahme ist, nachdem alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden.

  4. Abmahnung: Bei einer krankheitsbedingten Kündigung ist keine Abmahnung erforderlich, da die Kündigung nicht auf einem Fehlverhalten, sondern auf der gesundheitlichen Situation des Arbeitnehmers basiert.

  5. Sozialauswahl: Im Rahmen des Kündigungsschutzgesetzes muss der Arbeitgeber bei einer betriebsbedingten oder personenbedingten Kündigung die sozialen Gesichtspunkte berücksichtigen und eine Sozialauswahl treffen.

  6. Nachweis: Der Arbeitgeber muss die Erforderlichkeit und die Zumutbarkeit der Kündigung gut dokumentieren und gegebenenfalls vor dem Arbeitsgericht beweisen.

Es ist ratsam, in solchen Fällen rechtlichen Rat einzuholen, da die Anforderungen an eine krankheitsbedingte Kündigung hoch sind und Fehler zu rechtlichen Konsequenzen führen können. Hast du eine krankheitsbedingte Kündigung erhalten? Über die telefonische Erstberatung von KLUGO kannst du ganz einfach Kontakt aufnehmen und deine ersten Fragen an einen Experten für Arbeitsrecht stellen.

Voraussetzungen für eine krankheitsbedingte Kündigung

Gemäß Rechtsprechung müssen gleichzeitig drei Voraussetzungen erfüllt sein, damit eine krankheitsbedingte Kündigung wirksam ist:

  1. Negative Gesundheitsprognose: Es müssen Tatsachen vorliegen, die darauf hindeuten, dass der Arbeitnehmer auch künftig erheblich krankheitsbedingt fehlen wird.

  2. Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen: Die Fehlzeiten des Arbeitnehmers müssen die betrieblichen und wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers erheblich beeinträchtigen, beispielsweise durch Störungen im Betriebsablauf oder hohe Lohnfortzahlungskosten.

  3. Interessenabwägung: Eine Abwägung der Interessen des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und des Arbeitnehmers an dessen Fortsetzung muss ergeben, dass die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber unzumutbar ist. Es kommt auch darauf an, ob die Kündigung das mildeste Mittel ist. Ggf. gibt es mildere Maßnahmen, die den Arbeitnehmer nicht so stark belasten und helfen, krankheitsbedingte Störungen des Arbeitsverhältnisses zu beseitigen. Dies würde nach § 167 SGB IX ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) ermöglichen.

Wichtig:

Der Arbeitgeber muss belegen, dass der Arbeitnehmer künftig voraussichtlich überdurchschnittlich häufig aufgrund von Krankheit fehlen wird. Zusätzlich muss der Arbeitgeber nachweisen, dass diese Fehlzeiten zu erheblichen Störungen im Betrieb und zu finanziellen Belastungen führen. Erst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind und eine Interessenabwägung ergibt, dass die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber unzumutbar ist, kann eine krankheitsbedingte Kündigung ausgesprochen werden.

Welche Krankheitsmuster gibt es und welches Kündigungsrisiko bergen sie?

Abhängig vom Krankheitsmuster und der Belastungen für den Arbeitgeber erhöht sich das Risiko einer Kündigung und einer Beurteilung des Arbeitsgerichts. Es gibt vier Krankheitsmuster, die unterschiedliche Kündigungsrisiken bergen.

1. Häufige Kurzerkrankungen

Das Risiko einer krankheitsbedingten Kündigung ist dann am höchsten, wenn der Arbeitnehmer häufig über kürzere Zeiträume krankgeschrieben wird. Summiert sich die Arbeitsunfähigkeit innerhalb eines Beobachtungszeitraums von zwei Jahren auf sechs Wochen pro Jahr, ist das Risiko sehr hoch, eine krankheitsbedingte Kündigung zu erhalten.

Für den Arbeitgeber bedeutet dies eine hohe finanzielle Belastung, da Krankenkassen die Lohnfortzahlung erst nach sechs Wochen übernehmen.

2. Dauernde Arbeitsunfähigkeit

Ist ein Arbeitnehmer z. B. aufgrund eines Unfalls dauerhaft arbeitsunfähig, ist das Risiko hoch, dass eine krankheitsbedingte Kündigung wirksam ist. Dieser Fall tritt häufig bei körperlicher Arbeit ein. Sitzt ein Gerüstbauer nach einem Unfall für immer im Rollstuhl, fällt die Gesundheitsprognose für sein Berufsfeld negativ aus.

Kann der Arbeitgeber keinen passenden alternativen Arbeitsplatz bieten, ist eine Kündigung i. d. R. zulässig.

3. Krankheitsbedingte Leistungsminderung

Verringert sich die Arbeitsleitung des Arbeitnehmers nach einer Erkrankung um mehr als 30 Prozent, so kann der Arbeitgeber zum Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung berechtigt sein. Das mildere Mittel wäre zu schauen, ob eine Teilzeitanstellung oder Versetzung innerhalb des Unternehmens infrage kommt.

4. Langandauernde Krankheit

Eine Langzeiterkrankung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Kündigung mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig ist. Gibt es Aussicht auf Genesung, ist das Risiko einer krankheitsbedingten Kündigung gering, da nach sechs Wochen die Krankenversicherung die Lohnfortzahlung übernimmt.

Die betrieblichen Interessen sind jedoch dann erheblich beeinträchtigt, wenn es keine Aussicht auf eine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit innerhalb der nächsten zwei Jahre gibt.

infografik risiken einer kündigung wegen krankheit
Risiken einer Kündigung wegen Krankheit

So wehrst du dich gegen eine krankheitsbedingte Kündigung

Arbeitnehmer sind nach Erhalt einer Kündigung oft verunsichert. Du solltest die Kündigung zunächst prüfen lassen, die Unterschrift bis dahin verweigern und dich innerhalb von drei Tagen nach Erhalt der Kündigung arbeitssuchend melden. Kontaktiere, falls vorhanden, den Betriebsrat und mache deutlich, dass du die Kündigung nicht akzeptierst.

Du hast grundsätzlich das Recht, innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung eine Kündigungsschutzklage einzureichen.

Im Fall einer krankheitsbedingten Kündigung kannst du zusätzlich gegen den Vorwurf einer negativen Gesundheitsprognose vorgehen, indem du:

  • Entweder deine Krankheitsgeschichte und Arztberichte offenlegst und nachweist, dass die häufigen Abwesenheiten nicht durch eine chronische Krankheit bedingt sind, oder

  • Deinen behandelnden Arzt von der Schweigepflicht entbindest, um eine positive gesundheitliche Prognose zu erhalten.

Eine rechtliche Breatung ist in jedem Falle sinnvoll. Über die telefonische Erstberatung von KLUGO kannst du ganz einfach Kontakt aufnehmen und ersten Fragen zur krankheitsbedingten Kündigung direkt an einen Fachanwalt für Arbeitsrecht stellen.

Kündigung wegen Krankheit Habe ich trotzdem Anspruch auf eine Abfindung?

Grundsätzlich steht dir keine Abfindung zu, es sei denn, es ist im Arbeits- oder Tarifvertrag oder in der Betriebsvereinbarung anders geregelt. Nach einer krankheitsbedingten Kündigung kannst du jedoch eventuell sowohl gerichtlich als auch außergerichtlich eine Abfindung verhandeln.

Was gilt in Sonderfällen?

Eine krankheitsbedingte Kündigung kann in folgenden Sonderfällen schwerer durchsetzbar sein:

  • Kleinbetrieb: Arbeitnehmer in Kleinbetrieben (mit bis zu 10 Mitarbeitern) genießen keinen gesetzlichen Kündigungsschutz. Beide Seiten können grundsätzlich ohne Angabe von Gründen kündigen. Dennoch hast du die Möglichkeit, gerichtlich gegen die Kündigung vorzugehen.

  • Schwerbehinderung: Schwerbehinderte Personen haben einen besonderen Kündigungsschutz. Eine krankheitsbedingte Kündigung ist nur möglich, wenn der Integrationsrat zustimmt.

  • Alkoholabhängigkeit: Alkoholabhängigkeit wird als anerkannte Krankheit betrachtet. Sollte jedoch die Gesundheitsprognose negativ ausfallen, beispielsweise aufgrund fehlender Therapie oder Entziehungskur, kann der Arbeitgeber eine personenbedingte Kündigung aussprechen.

Das könnte dich auch interessieren

Häufige Fragen

Kann ich wegen Krankheit gekündigt werden?

Ja, der Arbeitgeber hat, insofern drei Voraussetzungen erfüllt sind, das Recht, eine krankheitsbedingte Kündigung auszusprechen.

Wie oft darf ich krank sein, ohne eine krankheitsbedingte Kündigung zu befürchten?

Der Arbeitgeber muss pro Jahr bis zu 30 Fehltage hinnehmen. Ist ein Arbeitnehmer am Stück oder summiert mehr als sechs Wochen im Jahr krank, kann eine Kündigung drohen. Dem Arbeitnehmer entstehen dadurch nämlich erhebliche Beeinträchtigungen.

Müssen schwere Krankheiten vorliegen?

Nein, eine krankheitsbedingte Kündigung kann auch ausgesprochen werden, wenn ein Arbeitnehmer im Jahr mehr als sechs Wochen zum Beispiel aufgrund von Erkältungen oder Migräne arbeitsunfähig ist.

Über unsere Autoren Weil uns dein Recht
am Herzen liegt

Wir verfassen unsere Artikel, Ratgeber und Glossare unter sorgsamer Recherche. Dafür arbeiten wir als KLUGO mit einem Team aus Textern, Rechtsexperten und Volljuristen. In regelmäßigen Abständen überprüfen wir unsere Texte auf Aktualität, damit du dich auf uns verlassen kannst.

mann mit brille schaut in die kamera