Rechtsthemen

Blog
Über uns
Business
Verhaltensbedingte Kuendigung
THEMEN

Verhaltensbedingte Kündigung: Wann ist sie wirksam und wann unwirksam?

STAND 28.10.2022 | LESEZEIT 9 MIN

Wurde eine verhaltensbedingte Kündigung ausgesprochen, ist das für Betroffene ein großer Schock. Welche Gründe hat eine solche Kündigung? Ist eine verhaltensbedingte Kündigung rechtens? Kann man sie umgehen? Diese und weitere Fragen beantworten wir im Folgenden.

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine verhaltensbedingte Kündigung kann ausgesprochen werden, wenn ein Arbeitnehmer gegen seine vertraglich vereinbarten Pflichten verstößt.
  • Eine verhaltensbedingte Kündigung ist das letzte Mittel. In der Regel muss eine Abmahnung vorausgehen.
  • Zu den Kündigungsgründen gehören u. a. Minder-/ Nichtleistung, Verstöße gegen die betriebliche Ordnung oder sexuelle Belästigung.
  • Bei einer verhaltensbedingten Abmahnung oder der Vermutung, bald verhaltensbedingt gekündigt zu werden, sollten Sie mit einem KLUGO Partner-Anwalt oder Rechtsexperten für Arbeitsrecht Kontakt aufnehmen.

Ist eine Kündigung aufgrund des Verhaltens ein rechtswirksamer Kündigungsgrund?

In Betrieben mit mehr als zehn Mitarbeitern gilt für Arbeitnehmer, die länger als sechs Monate beschäftigt sind, der gesetzliche Kündigungsschutz (KSchG). Arbeitgeber, die einen Arbeitnehmer ordentlich kündigen wollen, müssen die Kündigung auf einem von insgesamt drei rechtswirksamen Kündigungsgründen stützen.

Kündigungsgründe im Arbeitsrecht – Infografik
Kündigungsgründe im Arbeitsrecht – Infografik

Es muss sich entweder um eine personenbedingte Kündigung handeln. Diese kann z. B. durch die krankheitsbedingte Unfähigkeit des Arbeitnehmers, den Arbeitsvertrag künftig zu erfüllen, begründet sein. Oder es handelt sich um eine betriebsbedingte Kündigung, z. B. durch die Schließung einer Abteilung oder durch eine Betriebsstilllegung. Außerdem kann es sich bei einer Kündigung um eine verhaltensbedingte Kündigung handeln, die z. B. bei einem Pflichtverstoß ausgesprochen wird. In jedem Fall muss die Kündigung „sozial gerechtfertigt sein“ (§ 1 KSchG).

Eine verhaltensbedingte Kündigung wird erst wirksam, wenn der Arbeitnehmer gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen hat, dieser Pflichtverstoß rechtswidrig ist, eine vorige Abmahnung keine Wirkung zeigte und die Kündigung nach einer Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers rechtens ist.

Haben Sie eine verhaltensbedingte Kündigung erhalten? Über die telefonische Erstberatung von KLUGO können Sie ganz einfach Kontakt aufnehmen und Ihre ersten Fragen direkt an einen Fachanwalt für Arbeitsrecht stellen.

Jetzt Hilfe vom Rechtsexperten erhalten

Erstberatung erhalten

Was ist eine verhaltensbedingte Kündigung durch Missachtung der betrieblichen Ordnung?

Wenn das Verhalten eines Arbeitnehmers nicht mit dem Unternehmen und seinen arbeitsvertraglich vereinbarten Pflichten vereinbar ist, kann dies ein Grund für eine Kündigung sein.

Zu den Gründen einer verhaltensbedingten Kündigung zählen u. a.:

  • Minderleistung
  • Nichtleistung
  • Verstöße gegen die betriebliche Ordnung
  • Vertrauensbruch
  • Mobbing oder sexuelle Belästigung

Was sind Minderleistung und Nichtleistung?

Minderleistung und Nichtleistung zählen z. B. neben Diebstahl, Unterschlagung und Beleidigungen zu anerkannten Arbeitspflichtverletzungen. Kommt ein Arbeitnehmer regelmäßig zu spät, legt er unerlaubt längere Pausen ein oder arbeitet er entgegen seiner eigentlichen Fähigkeiten fehlerhaft, handelt es sich um eine Minderleistung.

Wie der Name vermuten lässt, handelt es sich bei einer Nichtleistung entweder um ein Fernbleiben des Arbeitnehmers oder um Arbeitsverweigerung.

klugo tipp

Belasten Sie gesundheitliche, psychische oder private Probleme und können diese innerhalb eines absehbaren Zeitraums zu einer Minderleistung oder sogar Nichtleistung führen, sollten Sie früh genug mit Ihrem Arbeitgeber sprechen. Ein ärztliches Attest z. B. kann Fehlzeiten oder Verspätungen entschuldigen.

Welche Verstöße gegen die betriebliche Ordnung sorgen für eine verhaltensbedingte Kündigung?

Zu den bekanntesten Beispielen für einen Verstoß gegen die betriebliche Ordnung zählen u. a. die Nichtbeachtung eines Alkoholverbotes oder eines Rauchverbots, die Nichtbeachtung eines Verbots von privaten Telefonaten und Verstöße gegen die Verschwiegenheitspflicht.

Ein Arbeitgeber hat das Recht, diese Verbote im Interesse aller und aufgrund von Betriebssicherheitsbestimmungen auszusprechen.

Wie verhält es sich mit Missachtung der Sicherheitsbestimmungen am Arbeitsplatz?

Die eben genannten Verbote schützen nicht nur die betriebliche Ordnung, sondern auch die Arbeitnehmer selbst. So sollen Gefahrensituationen vermieden werden. Werden Arbeitsmaschinen alkoholisiert bedient, trägt ein Arbeitnehmer keine Schutzkleidung oder werden Arbeitsabläufe nicht vorschriftsgemäß durchgeführt, kann der Arbeitgeber eine Abmahnung bzw. eine darauffolgende verhaltensbedingte Kündigung aussprechen.

Verhaltensbedingte Kündigung durch Begehen einer Straftat

Egal, ob im privaten oder beruflichen Alltag: Straftaten führen in jeder Hinsicht zu Konsequenzen. Begeht ein Arbeitnehmer einen Diebstahl, auch wenn der Sachwert noch so klein ist, kann eine Kündigung folgen. Ein Diebstahl geht nicht nur mit dem Verlust eines Sachwertes einher, auch das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist nachhaltig gestört.

Erhält man bei Mobbing und sexueller Belästigung eine verhaltensbedingte Kündigung?

Kann ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer das Mobbing anderer Kollegen nachweisen, folgt nach erfolgloser Abmahnung in den meisten Fällen rasch eine Kündigung. (LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 27. Januar 2000, Az. 9 Sa 473/99).

Auch sexuelle Belästigung, egal ob körperlich oder verbal, ist untragbar und ein berechtigter Grund, eine Abmahnung und die darauffolgende Kündigung zu schreiben.

Können Vergehen im Privatleben zu einer verhaltensbedingten Kündigung führen?

Den Arbeitgeber geht es nichts an, was seine Arbeitnehmer in der Freizeit machen. Es gibt jedoch eine Ausnahme: Begeht ein Arbeitnehmer im Privatleben eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die im Zusammenhang mit seinem Arbeitsverhältnis steht, kann das der Reputation des Unternehmens schädigen. Daher kann eine verhaltensbedingte Kündigung ausgesprochen werden.

Während Trunkenheit am Steuer noch nicht zu einer verhaltensbedingten Kündigung führt, kann das Nutzen von Firmeneigentum zum Begehen einer Straftat sehr wohl eine Kündigung nach sich ziehen.

Verdachtskündigung aus verhaltensbedingten Gründen

Das Verhalten von Arbeitnehmern trägt maßgeblich zur betrieblichen Ordnung und Arbeitsatmosphäre bei. Fehlverhalten kann das Arbeits- und Vertrauensverhältnis sowohl zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, als auch innerhalb eines Teams negativ beeinflussen. Die Rechtsprechung hat daher die Möglichkeit erschaffen, eine verhaltensbedingte Kündigung auch bei einem berechtigten Verdacht auszusprechen.

Es muss zwar (noch) kein Beweis vorliegen, die Kündigung darf aber nicht mutwillig ausgesprochen werden. Die Verdachtskündigung muss dennoch auf Fakten basieren.

Muss eine Abmahnung vor der verhaltensbedingten Kündigung erfolgen?

Eine Kündigung ist immer das letzte Mittel. Da sich Menschen ändern und ihr Verhalten überdenken können, muss dem Arbeitnehmer genau diese Möglichkeit eingeräumt werden. Eine Abmahnung, die das Fehlverhalten mit Datum und Details bezeichnet, muss daher einer verhaltensbedingten Kündigung vorausgehen.

Unter Umständen ist sogar eine zweite Abmahnung nötig, um eine verhaltensbedingte Kündigung zu rechtfertigen.

Vor einer verhaltensbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in jedem Fall erst abmahnen. Die erste und zweite Abmahnung und Kündigung müssen sich auf denselben Pflichtverstoß beziehen.

Verhaltensbedingte Kündigung ohne Abmahnung

Bei schweren Pflichtverletzungen kann der Arbeitgeber ohne Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen. Beispiele hierfür sind Diebstahl oder körperliche Gewalt. Ein milderes Mittel kann eine Versetzung des Arbeitnehmers sein. Dies ist sinnvoll, wenn die Pflichtverletzung eng mit dem Arbeitsplatz verbunden ist.

Gibt es bei einer verhaltensbedingten Kündigung eine Klagefrist?

Ist im Unternehmen ein Betriebsrat vorhanden, muss dieser vor einer Abmahnung oder verhaltensbedingten Kündigung angehört werden. Es gelten die gesetzlichen Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes.

Betroffene können über eine Kündigungsschutzklage prüfen lassen, ob die verhaltensbedingte Kündigung rechtmäßig ist. Es besteht außerdem die Möglichkeit vor einem Arbeitsgericht darauf zu klagen, dass eine fristlose in eine ordentliche Kündigung umgewandelt wird.

Nach Zugang der Kündigung hat der Arbeitnehmer drei Wochen Zeit, Klage zu erheben (§ 4 Satz 1 KSchG).

Wann ist eine verhaltensbedingte Kündigung unwirksam?

Bei einer verhaltensbedingten Kündigung ist es wichtig, dass der Kündigungsgrund in jedem Fall im Verhalten des Arbeitnehmers liegt – nicht in der Person selbst. Alleine die falsche Formulierung „verhaltensbedingt“ kann der Grund sein, dass der Arbeitnehmer nach erfolgreicher Anfechtung der Kündigung weiterhin beschäftigt werden muss.

So gehen Sie vor, wenn Sie eine verhaltensbedingte Abmahnung oder Kündigung erhalten haben:

  • Reagieren Sie auf die erste Abmahnung, reflektieren Sie Ihr Verhalten und suchen Sie das Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber.
  • Lassen Sie Ihre Kündigung in jedem Fall prüfen.
  • Klären Sie mit einem Fachanwalt oder Rechtsexperten für Arbeitsrecht, ob eine Kündigungsschutzklage Aussicht auf Erfolg hat.

Anspruch auf Arbeitslosengeld nach verhaltensbedingter Kündigung

Ist eine verhaltensbedingte Kündigung rechtswirksam, kann es sein, dass der Bezug von Arbeitslosengeld einer Sperrfrist unterliegt. Es wird nämlich davon ausgegangen, dass der Arbeitnehmer vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat und somit selbst Schuld an der Kündigung ist.

Eigenkündigung statt verhaltensbedingter Kündigung?

Arbeitgeber räumen unter Umständen die Möglichkeit ein, dass der Arbeitnehmer selbst kündigen kann. Dies geschieht, wenn eine verhaltensbedingte Kündigung nicht rechtssicher ist. Wichtig: Arbeitnehmer sollten sich auf diesen Vorschlag nur dann einlassen, wenn sie eine neue Stelle in Aussicht haben. Außerdem sollte ein betroffener Arbeitnehmer in jedem Fall die Kündigung überprüfen lassen.

klugo tipp

Bewahren Sie Ruhe und handeln Sie nicht zu vorschnell. Nutzen Sie in jedem Fall die gesetzliche Frist von drei Wochen aus – diese steht Ihnen für eine Kündigungsschutzklage zu.

Gibt es eine Abfindung trotz verhaltensbedingter Kündigung?

Arbeitnehmer können nach einer verhaltensbedingten Kündigung sowohl gerichtlich als auch außergerichtlich eine Abfindung verhandeln. In eine Kündigungsschutzklage kann das Begehren auf Abfindung ebenfalls aufgenommen werden. Wird eine Kündigung für unwirksam erklärt, kann im Rahmen eines Vergleichs eine Abfindung bezahlt werden. Aber Achtung: Das Arbeitsverhältnis wird daraufhin dennoch beendet.

Wie kann Ihnen ein KLUGO Partner-Anwalt weiterhelfen?

Wenn Sie verhaltensbedingt gekündigt wurden oder die Vermutung haben, in naher Zukunft eine Kündigung zu erhalten, helfen wir Ihnen gerne im Rahmen einer Erstberatung weiter. Die KLUGO Partner-Anwälte und Rechtsexperten können Ihnen nicht nur im Falle einer Kündigung helfen, sondern auch dabei einen Abfindungsanspruch durchzusetzen.

Sie haben eine Rechtsfrage?

Dann nutzen Sie einfach die KLUGO Erstberatung. Die Erstberatung ist ein Telefongespräch mit einem zertifizierten Anwalt aus unserem Netzwerk.

Beitrag juristisch geprüft von der KLUGO-Redaktion

Der Beitrag wurde mit großer Sorgfalt von der KLUGO-Redaktion erstellt und juristisch geprüft. Dazu ergänzen wir unseren Ratgeber mit wertvollen Tipps direkt vom Experten: Unsere spezialisierten Partner-Anwälte zeigen auf, worauf es beim jeweiligen Thema ankommt.