Kündigungsarten im Arbeitsrecht Verdachtskündigung: Wann ist sie möglich?
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Eine Kündigung trifft die meisten Menschen wie ein Schock. Besonders frustrierend ist es, wenn jemand nur aufgrund eines Verdachts gekündigt wird. Du fragst dich vielleicht, ob man wirklich wegen einer Sache gekündigt werden kann, für die ein Strafgericht möglicherweise 'im Zweifel für den Angeklagten' entscheiden würde. Leider ist das möglich. Ein dringender Verdacht auf eine erhebliche Pflichtverletzung kann ausreichen, um eine Kündigung auszusprechen.
Verdachtskündigung Das Wichtigste in Kürze
Ein Arbeitgeber hat das Recht, eine Verdachtskündigung auszusprechen.
Bei einer Verdachtskündigung handelt es sich meistens um eine außerordentliche Kündigung.
Du solltest dich gegen die Anschuldigungen der Verdachtskündigung verteidigen.
Innerhalb von zwei Wochen nach Aussprache der Kündigung kannst du eine Kündigungsschutzklage einreichen.
Wann ist eine Verdachtskündigung möglich?
Für eine Kündigung reicht zunächst ein bloßer Verdacht aus, dass du eine erhebliche Pflichtverletzung begangen hast. Ob diese Pflichtverletzung tatsächlich stattgefunden hat, ist dabei nicht relevant. Entscheidend ist vielmehr, dass dein Verhalten das Vertrauen in dich so stark beschädigt hat, dass eine Weiterführung des Arbeitsverhältnisses für deinen Arbeitgeber unzumutbar ist.
Ein dringender Verdacht liegt vor, wenn sich aus konkreten objektiven Tatsachen ergibt, dass eine erhebliche Pflichtverletzung naheliegt. Der Verdacht muss sich geradezu aufdrängen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn du der einzige Mitarbeiter bist, der Zugang zu bestimmten Räumen, Schränken oder Dateien hat. Dagegen sind rein subjektive Wahrnehmungen nicht relevant.
Beispiel: Verdachtskündigung wegen Arbeitszeitbetrug
Ein Arbeitnehmer eines Jobcenters wurde aufgrund des Verdachts des Arbeitszeitbetrugs gekündigt. Er hatte sich bis zu 90 Minuten früher per PC von zu Hause eingestempelt und ist erst später im Büro erschienen. Die Arbeitgeberin wurde auf dieses „Auffällige Buchungsverhalten“ aufmerksam und führte Stichproben zur Anwesenheit durch. Daraufhin erhielt der Arbeitnehmer eine Kündigung. Das LAG Mecklenburg-Vorpommern gab der Arbeitgeberin, also dem Jobcenter in einem Urteil (Urt. v. 28.03.2023, Az. 5 Sa 128/22) recht. Bereits 2019 stellte das Bundesarbeitsgericht klar, dass der Verdacht einer Pflichtverletzung ebenfalls ein „Grund in der Person des Arbeitnehmers“ sein kann (Urt. 31.01.2019, Az. 2 AZR 426/18).
Beweislast bei einer Verdachtskündigung
Bei einer Verdachtskündigung muss dein Arbeitgeber den Kündigungsgrund beweisen. Er muss nachweisen, dass ein schwerwiegender Verdacht besteht, der die Kündigung rechtfertigt. Dazu gehört, dass er darlegen muss, welche Tatsachen zu diesem Verdacht geführt haben. Du hast das Recht, dich zu den Vorwürfen zu äußern und gegebenenfalls Beweise vorzulegen, die deinen Standpunkt unterstützen. In einem Kündigungsschutzverfahren kommt es dann darauf an, ob dein Arbeitgeber den Verdacht ausreichend belegen kann.
Was tun bei einer Verdachtskündigung? Deine Verteidigungsrechte
Du solltest, wenn möglich, den Beweis für deine Entlastung erbringen. Dein Arbeitgeber hat sogar die Pflicht, dich anzuhören. Das hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein in seinem Urteil vom 30.04.2019 betont. Die Anhörung kann sowohl schriftlich als auch persönlich stattfinden. Wichtig ist, dass du die Gelegenheit zur Stellungnahme bekommst.
Der Arbeitgeber muss den Verdacht konkret darlegen, damit du stichhaltige Argumente liefern kannst, die den Verdacht möglicherweise entkräften. Du bist nicht verpflichtet, sofort zu antworten. Insbesondere bei komplizierten Sachverhalten solltest du ausreichend Zeit haben, um deine entlastenden Argumente vorzubringen. Es ist auch sinnvoll, bereits an dieser Stelle einen Fachanwalt für Arbeitsrecht hinzuzuziehen. KLUGO vermittelt dir bei Bedarf sofort einen Anwalt oder Rechtsexperten, der dir bei allen rechtlichen Fragen zur Seite steht.
Mitspracherecht des Betriebsrats bei Verdachtskündigungen
Wenn ein Betriebsrat existiert, hat er bei einer Verdachtskündigung – wie bei jeder anderen Kündigung – ein Mitspracherecht. Der Arbeitgeber muss in dieser Anhörung den Verdacht so darlegen, dass der Betriebsrat sich ohne weitere Nachforschungen ein eigenes Bild machen kann. Es müssen sowohl belastende als auch entlastende Fakten benannt werden. Falls der Betriebsrat nicht zustimmt, ist die Verdachtskündigung gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam.
Frist zur Aussprache der Verdachtskündigung
Bei einer Verdachtskündigung handelt es sich in der Regel um eine außerordentliche Kündigung. Daher muss gemäß § 626 Abs. 2 BGB eine Kündigungserklärungsfrist von zwei Wochen eingehalten werden. Dein Arbeitgeber hat zwei Wochen Zeit, um die Kündigung zu erklären, und zwar ab dem Zeitpunkt, an dem er von allen relevanten Tatsachen erfährt, die zur Kündigung führen könnten.
§ 626 BGB Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund
Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
Die Frist beginnt jedoch nicht zu laufen, wenn lediglich eine Vermutung vorliegt; es müssen konkrete, objektive Tatsachen vorliegen. Innerhalb dieser zwei Wochen muss der Arbeitgeber sowohl dich als Arbeitnehmer als auch den Betriebsrat anhören. Hält der Arbeitgeber die Frist nicht ein, ist die Kündigung unwirksam. Verzögerungen auf deiner Seite, zum Beispiel durch Krankheit oder wenn du einen Anwalt konsultieren möchtest, können die Frist jedoch verlängern.
In der Erstberatung von KLUGO erhältst du erste Antworten auf deine Rechtsfragen rund um das Thema Verdachtskündigung. Sollte darüber hinaus Beratungsbedarf bestehen, kannst du den Anwalt und Rechtsexperten im Anschluss für eine ausführliche Beratung im Arbeitsrecht beauftragen.
Muss der Arbeitgeber vor einer Verdachtskündigung eine Abmahnung aussprechen?
Du wirst wahrscheinlich geschockt sein, wenn eine Kündigung plötzlich ausgesprochen wird. Der Begriff „Abmahnung“ wird oft im Zusammenhang mit Kündigungen verwendet. Sowohl bei einer ordentlichen als auch bei einer fristlosen Kündigung musst du in der Regel die Möglichkeit bekommen, ein bestimmtes Fehlverhalten zu ändern. Eine Abmahnung ist jedoch bei einer fristlosen Kündigung nicht notwendig, wenn es sich um eine schwerwiegende Störung des Vertrauensverhältnisses handelt, wie zum Beispiel bei Diebstahl. Bei einer Verdachtskündigung liegt fast immer ein solch schwerwiegender Verdacht vor, der eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Zudem dient eine Abmahnung dazu, dich bei nachgewiesenem Fehlverhalten vor den Konsequenzen zu warnen, was bei einem bloßen Verdacht nicht möglich ist. Daher ist eine Abmahnung im Falle einer Verdachtskündigung nicht erforderlich.