STAND 24.10.2022 | LESEZEIT 4 MIN
Der Gesetzgeber räumt Kleinbetrieben bei Personalentscheidungen eine höhere Flexibilität ein. Warum haben Arbeitnehmer in Kleinbetrieben einen geringeren Kündigungsschutz? Steht Arbeitnehmern eine Abfindung zu? Macht eine Kündigungsschutzklage im Kleinbetrieb Sinn? Diese und weitere Fragen klären wir im Folgenden.
Grundsätzlich gelten die Vorschriften des deutschen Arbeitsrechts, das in verschiedenen Gesetzen verankert ist, für alle Arbeitnehmer. Die Ausgestaltung der Arbeitnehmerrechte kann sich für Arbeitnehmer jedoch unterscheiden – je nachdem, ob sie in einem größeren Unternehmen oder in einem Kleinbetrieb beschäftigt sind.
Arbeitnehmer eines Kleinbetriebs haben bspw. keinen besonders starken Kündigungsschutz. Seit dem 1. Januar 2004 gilt dieser nur in Betrieben mit mehr als zehn vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern (§ 23 KSchG). Damit sind Kleinbetriebe flexibler und können sich dem Arbeitsmarkt schneller anpassen. Arbeitnehmer können aber beruhigt sein, die amerikanische „hire and fire“-Mentalität gilt in Deutschland trotzdem nicht. Auch für Arbeitnehmer in Kleinbetrieben ist ein Mindestschutz zu beachten.
Im Kleinbetrieb kann eine Abfindung in der Regel nur durchgesetzt werden, wenn Sie Sonderkündigungsschutz haben (z. B. wegen Schwangerschaft, Elternzeit, Schwerbehinderung, Betriebsratstätigkeit oder Bestellung als Datenschutzbeauftragte:r), bei formalen Mängeln der Kündigung oder bei arbeitsvertraglicher oder tarifvertraglicher Vereinbarung. Auch in diesen Fällen sind häufig kurze Fristen zu beachten."Jan Reilbach
Der Begriff „Kleinbetrieb“ hat im Arbeitsrecht eine große Bedeutung. Denn der Kündigungsschutz des KSchG findet in Kleinbetrieben keine Anwendung. Wann ein Betrieb als Kleinbetrieb gilt, ist in § 23 Satz 3 KSchG definiert.
(1) […] In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; […]
Teilzeitbeschäftigte zählen in die Berechnung der Mitarbeiterzahl eines Unternehmens nur anteilig mit. In die Berechnung fließen sie wie folgt ein:
Auch Arbeitnehmer, deren Beschäftigungsverhältnis aus gesetzlichen Gründen ruht – wie z. B. Elternzeit oder Mutterschutz – sind bei der Berechnung zu berücksichtigen.
Nein, Auszubildende sowie Praktikanten und geschäftsführende Gesellschafter werden bei der Berechnung der Mitarbeiteranzahl in Betrieben nicht berücksichtigt. Beschäftigt ein Betrieb also acht vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer und zusätzlich vier Auszubildende, gilt der Betrieb trotz zwölf Arbeitnehmern als Kleinbetrieb.
Arbeitnehmer eines Kleinbetriebs haben i. d. R. keinen besonders starken Kündigungsschutz. Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) gilt nur für Betriebe mit mehr als zehn Arbeitnehmern und ist für Kleinbetriebe nicht anwendbar. Dennoch sind Arbeitnehmer in Kleinbetrieben nicht der Willkür des Arbeitgebers ausgesetzt.
Der Arbeitgeber muss sich auch bei einer Kündigung in Kleinbetrieben an grundsätzliche Regeln halten. Kündigungen dürfen z. B. nicht treuwidrig, also widersprüchlich, oder missbräuchlich ausgesprochen werden.
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Gemäß § 1a KSchG kann ein Arbeitnehmer bei einer Kündigung, die aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse ausgesprochen wurde, eine Abfindung verlangen. Voraussetzung dabei ist, dass vom Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage eingereicht wurde.
Nach § 1a des KSchG beträgt die Höhe der Abfindung 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Dabei zählen „angebrochene“ Jahre von mehr als sechs Monaten als volles Jahr.
Eine Abfindung für Arbeitnehmer in Kleinbetrieben wird eher selten ausgezahlt. Ein gesetzlicher Anspruch besteht nicht. Insbesondere bei langer Betriebszugehörigkeit wird jedoch häufig eine Abfindung gezahlt. Außerdem besteht eine Chance für den Arbeitnehmer, wenn er eine Kündigungsschutzklage einreicht.
Eine Kündigung kann in manchen Fällen sozial ungerechtfertigt sein. Missachtet der Arbeitgeber z. B. das Mindestmaß sozialer Rücksichtnahme – sprich: Er entlässt einen Arbeitnehmer, der in hohem Maße sozial schutzwürdig ist (Kinder, lange Betriebszugehörigkeit) statt eines deutlich weniger schutzwürdigen Arbeitnehmers – kann eine Kündigungsschutzklage Erfolg haben oder eine Abfindung erstritten werden. Auch eine Kündigung zur Maßregelung ist sozial ungerechtfertigt. Machen Sie Ihre Rechte geltend, z. B. durch einen Gewerkschaftsbeitritt oder einen Urlaubsantrag, darf Ihr Arbeitgeber Ihnen das nicht zum Nachteil machen. Ebenfalls unwirksam sind Kündigungen, die sittenwidrig oder diskriminierend sind.
Sowohl für Arbeitnehmer in größeren Unternehmen als auch für Arbeitnehmer in Kleinbetrieben gelten die im Bürgerlichen Gesetzbuch normierten arbeitsrechtlichen Kündigungsfristen oder die im Arbeitsvertrag vereinbarte Kündigungsfrist. Die gesetzlichen Kündigungsfristen sind in § 622 BGB nach Betriebszugehörigkeit gestaffelt wie folgt aufgelistet.
Beschäftigungsdauer im Unternehmen | Kündigungsfrist |
---|---|
unter 2 Jahren | 4 Wochen zum 15. oder zum Monatsende |
ab 2 Jahren | 1 Monat zum Monatsende |
ab 5 Jahren | 2 Monate zum Monatsende |
ab 8 Jahren | 3 Monate zum Monatsende |
ab 10 Jahren | 4 Monate zum Monatsende |
ab 12 Jahren | 5 Monate zum Monatsende |
ab 15 Jahren | 6 Monate zum Monatsende |
ab 15 Jahren | 6 Monate zum Monatsende |
ab 20 Jahren | 7 Monate zum Monatsende |
Allgemein gilt: Ist ein Arbeitnehmer kürzer als zwei Jahre dem Betrieb zugehörig, gilt eine Kündigungsfrist von vier Wochen entweder zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats. Eine fristlose Kündigung dagegen muss innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis des wichtigen Grundes ausgesprochen werden (§ 626 Abs. 2 BGB).
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn […] die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. […]
Innerhalb von drei Wochen kann jeder Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben. Das Spezielle bei Arbeitnehmern in Kleinbetrieben: Reicht ein Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage in einem Kleinbetrieb ein, muss er die Gründe für die Unwirksamkeit einer Kündigung beweisen. Hier kann sich der Arbeitnehmer an dem vom Arbeitgeber dargelegten Kündigungsgrund orientieren.
Ist eine Kündigung rechtswidrig, sollte sich ein Arbeitnehmer in jedem Fall mit einer Kündigungsschutzklage wehren. Ein Rechtsbeistand ist dabei sehr empfehlenswert.
Neben dem Verbot von sittenwidrigen, missbräuchlichen oder maßregelnden Kündigungen müssen alle Arbeitgeber – auch von Kleinbetrieben – den Sonderkündigungsschutz berücksichtigen. Einen besonderen Kündigungsschutz haben vor allem Schwangere und Mütter, schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Arbeitnehmer, Personen, die Pflegezeit in Anspruch nehmen und Auszubildende.
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