Das solltest du wissen Wie Sozialplan & Interessenausgleich dir bei Kündigung eine Abfindung verschaffen

Ein Sozialplan und ein Interessenausgleich mildern finanzielle Nachteile für Arbeitnehmer bei Betriebsänderungen.

Sozialpläne legen Abfindungen mithilfe von Formeln, Punkteverfahren oder Tabellen fest. Jedoch sind Online-Rechner hier oft nutzlos, und Fehler können passieren. Es ist sinnvoll, die Berechnung von einem Rechtsexperten prüfen zu lassen, um eventuell eine höhere Abfindung zu erhalten.

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Steht eine Kündigungswelle im Unternehmen bevor, tauchen Begriffe wie Sozialplan, Interessenausgleich, Abfindung und Kündigung auf. Was genau bedeutet das für dich als Arbeitnehmer, und wie kannst du insbesondere von einem Sozialplan profitieren? Entdecke, was ein Sozialplan für dich leisten kann und was du bei einer Kündigung beachten solltest.

von KLUGO
09.05.2025
8 Min Lesezeit

Sozialplan & Interessenausgleich: Bei Kündigung Abfindung erhalten ☝️ Das Wichtigste in Kürze

  • Sozialplan: Ein Sozialplan regelt die Ausgleichs- und Unterstützungsmöglichkeiten für Arbeitnehmer bei größeren Entlassungen oder erheblichen Betriebsänderungen.

  • Interessenausgleich: Ein Interessenausgleich konzentriert sich darauf, geplante Maßnahmen des Arbeitgebers (Betriebsschließungen oder Umstrukturierungen) mit dem Betriebsrat abzustimmen.

  • Sozialplan und Abfindung: Häufig werden Abfindungen in Sozialplänen geregelt.

  • Rechtliche Grundlagen: Sozialpläne und Interessenausgleich werden nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat verhandelt.

  • Verhandlungen und Rolle des Betriebsrats: Der Betriebsrat verhandelt faire Bedingungen mit dem Arbeitgeber für die Arbeitnehmer, die ihrerseits aktiv den Kontakt zu ihrem Betriebsrat suchen sollten.

  • Steuerliche Aspekte: Abfindungen sind steuerpflichtig, allerdings oft ermäßigt, besteuert durch spezielle Regelungen.

Was du wissen solltest Interessenausgleich und Sozialplan bei Kündigung

Interessenausgleich und Sozialplan werden bei umfassenden Veränderungsprozessen von Unternehmen zeitgleich erstellt, wenn umfassende Veränderungsprozesse geplant werden. Dies können sein:

  • Massenentlassungen: Große Anzahl von Mitarbeitern wird entlassen, oft bedingt durch wirtschaftliche Schwierigkeiten oder Umstrukturierungen.

  • Betriebsstilllegung: Vollständige Schließung eines Unternehmensstandortes oder -betriebs.

  • Fusionen und Übernahmen: Unternehmenszusammenschlüsse führen oft zu Rationalisierungen und Personalabbau.

  • Verlagerung von Betriebsstätten: Verlagerung der Produktion oder Dienstleistungen an andere Standorte.

  • Restrukturierungen: Umfassende organisatorische Änderungen, die den Personalbedarf erheblich beeinflussen.

Interessenausgleich: Definition & Zeitpunkt der Erstellung

Ein Interessenausgleich konzentriert sich darauf, die geplanten Maßnahmen des Arbeitgebers mit dem Betriebsrat abzustimmen. Dabei werden die betriebswirtschaftlichen Gründe und die Notwendigkeit der Maßnahmen diskutiert und Lösungen gefunden, die sowohl den betrieblichen Anforderungen gerecht werden als auch die Interessen der Beschäftigten berücksichtigen.

Ein Interessenausgleich muss durchgeführt werden, wenn …

  • das Unternehmen Betriebsänderungen umsetzen möchte, wie beispielsweise Standortschließungen, Produktionsänderungen oder eine Fusion von Unternehmen (die geplante Betriebsänderung ist mit wesentlichen Nachteilen für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft verbunden),

  • ein Betriebsrat existiert,

  • im Betrieb mehr als 20 wahlberechtigte Mitarbeiter sind.

Inhalte eines Interessenausgleichs

Folgende Inhalte enthält der Interessenausgleich:

  • Zeitpunkt der Betriebsänderung

  • Anzahl der Mitarbeiter, die gekündigt werden

  • Auswahlkriterien für Umschulung, Versetzung oder Entlassung von Mitarbeitern

  • Festlegung der zu kündigenden Mitarbeiter

  • Festsetzen der Kündigungstermine

  • Freistellungen von Mitarbeitern bei Betriebsstilllegung

  • Regelungen zur Kurzarbeit

Sozialplan: Was regelt er?

Der Sozialplan wird zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber verhandelt und dokumentiert, welche Maßnahmen ergriffen werden, um die wirtschaftlichen Nachteile für die Arbeitnehmer zu mindern. Der Sozialplan regelt:

  • Abfindungen: Finanzielle Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes, die je nach Unternehmen und Sozialplan variieren kann.

  • Weiterbildungs- und Umschulungsprogramme: Unterstützung bei der Qualifikation für neue berufliche Chancen durch bspw. Kostenerstattung.

  • Hilfestellung bei Arbeitsvermittlung: Unterstützung bei der Suche nach neuen Beschäftigungsmöglichkeiten. Beispielsweise bezahlte Freistellung für Vorstellungsgespräche bzw. Übernahme der Bewerbungskosten.

  • Finanzielle Überbrückungshilfen: Zuschüsse oder Sonderzahlungen zur Stabilisierung während der Übergangszeit, bspw. zum Arbeitslosen- oder Kurzarbeitergeld.

  • Finanzielle Hilfe bei Versetzung: Lohnausgleich, Umzugshilfen und Fahrtkostenerstattung.

  • Härtefallklauseln: Für Schwerbehinderte, rentennahe Mitarbeiter und Arbeitnehmer mit Kindern.

  • Betriebliche Altersvorsorge oder Altersteilzeit: Festlegung von bestimmten Regelungen.

  • Individuelle Beratungsangebote: Psychologische oder juristische Beratung zur Bewältigung der Veränderungen.

💡 KLUGO Tipp: Im Sozialplan werden auch längere Kündigungsfristen vereinbart, die Betroffenen mehr Zeit für die Jobsuche lassen.

Sozialplan-Abfindung

Die Abfindung ist oft ein zentraler Bestandteil des Sozialplans. Sie dient dazu, den finanziellen Verlust durch den Arbeitsplatzverlust auszugleichen. Während es keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung gibt, wird sie häufig im Sozialplan vereinbart. Die Höhe der Abfindung richtet sich nach verschiedenen Kriterien wie der Dauer der Betriebszugehörigkeit, dem aktuellen Gehalt und dem Alter der Mitarbeiter.

⚠️ Wichtig: Dein Arbeitgeber ist an die Regelungen im Sozialplan gebunden und verpflichtet, diese einzuhalten. Wenn sich dein Arbeitgeber bspw. weigert dir eine Abfindung zu zahlen oder dir nur einen Teil dessen auszahlt, kannst du eine Klage vor dem Arbeitsgericht einreichen. Unsere KLUGO Partner-Anwälte für Arbeitsrecht können dir dabei helfen.

Kriterien für die Berechnung der Abfindung

Sozialplan-Abfindungen werden jeweils individuell festgelegt. Bei ihrer Berechnung werden Kriterien berücksichtigt, die auch für eine Sozialauswahl gelten:

  • Alter des Mitarbeiters

  • Länge der Betriebszugehörigkeit

  • Unterhaltsverpflichtungen

  • Schwerbehinderungen

👉 Die Berechnung der Abfindung erfolgt je nach Vereinbarung nach Abfindungsformel oder Punkteverfahren.

Berechnung nach Abfindungsformel

Der Abfindungsgrundbetrag lässt sich nach folgender Formel berechnen:

Bruttomonatsgehalt x 0,5 x Betriebszughörigkeit = Abfindungshöhe

💡 KLUGO Tipp: Hast du ein Arbeitsjahr angebrochen und über 6 Monate gearbeitet, wird es auf ein Jahr aufgerundet.

👉 Beispiel: Wenn du 4 Jahre und 8 Monate in einem Betrieb beschäftigt bist, kannst du die Berechnung mit 5 Jahren durchführen.

Berechnung nach Punkteverfahren

Bei Abfindungen nach Punkteverfahren wird eine zuvor festgelegte Höchstsumme an die Auszuzahlenden prozentual verteilt.

Der jeweilige Prozentsatz wird durch folgende Faktoren bestimmt:

  • Betriebszugehörigkeit in Jahren

  • Alter des Mitarbeiters

  • Unterhaltsverpflichtungen

  • Schwerbehinderungen

Der Betriebsrat vergibt je nach Kriterium eine festgelegte Punktzahl. Daraufhin werden die Punkte aller Mitarbeiter addiert und die Abfindungssumme durch die Gesamtpunkte dividiert. Somit steht der jeweilige Wert des einzelnen Punktes fest und damit auch die jeweilige Abfindungshöhe je Mitarbeiter.

Bemessungskriterien für Sozialplan Abfindungen

Bei einer Sozialplan-Abfindung werden persönliche Faktoren und die Lebenssituation der betroffenen Mitarbeiter berücksichtigt.

Es spielen dabei folgende Faktoren eine Rolle:

  • Position des Mitarbeiters im Unternehmen

  • Vermittlungschancen des Mitarbeiters auf dem Arbeitsmarkt

  • Alter und Nähe zum Renteneintritt

  • Familienstand des Mitarbeiters und Unterhaltsverpflichtungen für Kinder

  • Schwerbehinderung des Mitarbeiters

  • Länge der Betriebszughörigkeit und Beschäftigungsdauer

⚠️ Wichtig: Beim Sozialplan erhält jeder gekündigte Mitarbeiter eine Abfindung, die einheitlich berechnet wurde. Es gibt jedoch Ausnahmefälle.

Sonderfälle für bestimmte Arbeitnehmergruppen

Für bestimmte Arbeitnehmergruppen gelten Sonderregelungen, die somit eine individuelle Abfindung ermöglichen.

  • Mitarbeiter in Führungspositionen: Mitarbeitern in Führungspositionen steht keine Abfindung aus dem Sozialplan zu.

  • Mitarbeiter in Rentennähe: Durch ein Urteil des BAG vom Juli 2019 (Az.: 1 AZR 842/16) dürfen Arbeitgeber die verfügbaren Mittel so einsetzen, dass die Mitarbeiter am meisten davon profitieren, die am meisten darauf angewiesen sind. Es ist somit zulässig, dass ältere Mitarbeiter eine gekürzte oder sogar gar keine Sozialplan-Abfindung erhalten, wenn ...

    • der Eintritt in die Rente frühzeitig und mit Abschlägen möglich ist.

    • Mitarbeiter mit Überbrückungsleistungen wie z. B. Arbeitslosengeld I fließend in die Rente übergehen können.

  • Schwerbehinderte Mitarbeiter: Beschäftigte mit Schwerbehinderung, die eine Schwerbehindertenrente erhalten, dürfen gemäß einem Urteil des BAG (1 AZR 938/13) nicht benachteiligt und mit einer reduzierten Abfindung abgespeist werden.

⚠️ Wichtig: Arbeitnehmer sollten bei einer Sozialplan-Abfindung die Bemessungskriterien prüfen und somit eine möglicherweise falsche Einordnung in einen Sonderfall, der ihre Ansprüche reduziert. Ein Rechtsexperte kann in der Erstberatung eine erste Einschätzung dazu geben.

Steuerliche Aspekte

Abfindungen sind steuerpflichtig, wobei jedoch spezielle steuerliche Regelungen gelten, die oft eine ermäßigte Besteuerung ermöglichen (Fünftel Regelung). Es ist ratsam, sich bezüglich der steuerlichen Auswirkungen beraten zu lassen, um keine unangenehmen Überraschungen zu erleben. (Im Beitrag zu "Abfindung versteuern" findest du weitere Infos)

⚠️ Wichtig: Sozialabgaben fallen bei einer Abfindung nicht an, wenn im Aufhebungsvertrag oder in der Kündigung eine Formulierung wie „Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes“ aufgeführt ist.

Wie kann ich eine höhere Abfindung erhalten?

Zwar sind die Abfindungshöhen einheitlich geregelt, doch kann ein Anwalt den Sozialplan prüfen, deine individuelle Situation berücksichtigen und durch geschickte Verhandlungen eine möglicherweise höhere Abfindung aushandeln. In der KLUGO Erstberatung kannst du erste Hinweise erhalten, ob du einen Anwalt und Rechtsexperten für dein Rechtsproblem beauftragen solltest.

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