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Fahrgastrechte der Bahn: Was ändert sich 2023 mit der neuen Verordnung?

STAND 26.06.2023 | LESEZEIT 3 MIN

Zum 7. Juni 2023 ist eine neue EU-Verordnung für Fahrgastrechte in Kraft getreten, die auch bei der Deutschen Bahn zu veränderten Regelungen führt. Mit der Eisenbahn-Verkehrsverordnung (EVO) setzt Deutschland die EU-weite Reform der Fahrgastrechte in deutsches Recht um. Erfahren Sie hier, welche Änderungen sich für die Fahrgastrechte der Bahn ergeben.

Das Wichtigste in Kürze

  • Keine Entschädigung bei Verspätungen und Zugausfällen durch außergewöhnliche Umstände (z. B. Extremwetterlagen, Notfälle im Zug, Kabelbrand, Personen im Gleis).
  • Antrag auf Entschädigungen müssen innerhalb von drei Monaten eingereicht werden (bisher zwölf Monate).
  • Bei min. 100 Minuten Verspätung können Fahrten auf Züge eines anderen Anbieters umgebucht werden.
  • Fahrgäste können nun Hilfe beim Um- und Aussteigen innerhalb von 24 Stunden anfordern.

Neue Frist für Entschädigungsforderungen

Das neue Fahrgastrecht betrifft vor allem die Themen Zugausfälle und Verspätungen. Wenn ein Zug ausfällt beziehungsweise enorme Verspätungen hat, konnten Fahrgäste bisher innerhalb eines Jahres eine Entschädigung beantragen. Diese Frist wurde inzwischen auf drei Monate verkürzt. Was zunächst nach einem herben Service-Verlust für Fahrgäste klingt, dürfte in der Umsetzung keine großen Auswirkungen haben. Denn bereits jetzt beantragen nahezu alle betroffenen Fahrgäste ihre Entschädigung innerhalb von drei Monaten.

Weiterhin gelten die folgenden Entschädigungsstufen:

  • Verspätung von 60 Minuten: Erstattung von 25 Prozent des Ticketpreises
  • ab 120 Minuten: Erstattung von 50 Prozent des Ticketpreises

Wann erhalten Fahrgäste keine Entschädigung mehr?

Bisher haben Fahrgäste bei allen Arten von erheblichen Verspätungen und Zugausfällen den Fahrtpreis prozentual erstattet bekommen. Mit der Neuregelung müssen sie jetzt keine Entschädigungen mehr zahlen, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen. Dazu gehören Notfälle wie Extremwetter. Aber auch, wenn Verspätungen und Zugausfälle auf das Verschulden einzelner Fahrgäste zurückzuführen sind, gibt es keine Entschädigung.

Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn sich Personen im Gleisbett befinden, Kabel gestohlen oder angezündet werden oder es einen Notfall im Zug gibt. Da aktuell die meisten Verspätungen und Zugausfälle bei der Deutschen Bahn selbstverschuldet sind, dürften die Auswirkungen dieser Neuregelung moderat sein. Unverändert bleibt, dass die Bahn bei erheblichen Verspätungen für kleine Mahlzeiten und Erfrischungen zu sorgen hat.

Durchgangsfahrt: Voraussetzung für Entschädigung

Wer aufgrund von Verspätungen oder Zugausfällen den Anschlusszug verpasst, erhält nur bei Durchgangsfahrten eine Entschädigung. Als Durchgangsfahrten gelten Tickets, die beim selben Anbieter, erworben wurden. Wer sich seine Streckenverbindung selbst zusammenstellt, hat nur Entschädigungsansprüche für den ausgefallenen bzw. verspäteten Zug, nicht aber auf weitere Zwischenfälle, die daraus resultieren.

Zugverspätung: Was sind meine Optionen?

Zu den neuen Fahrgastrechten der Bahn gehören die Möglichkeiten, auf Verspätungen und Zugausfälle zu reagieren.

Option 1: Den Zug umbuchen

Wenn ein Zug mehr als 60 Minuten Verspätung hat, kann eine kostenlose Umbuchung vorgenommen werden. Mit den neuen Fahrgastrechten kann die Bahn auch eine Umbuchung auf einen Zug eines anderen Bahnunternehmens vornehmen.

Die Bahn hat nach der planmäßigen Abfahrt maximal 100 Minuten Zeit, um dem betroffenen Fahrgast eine angemessene Reisealternative mitzuteilen. Passiert dies nicht, kann der Fahrgast die Weiterreise selbst organisieren und der Bahn die entstehenden Kosten in Rechnung stellen. Die eigene Organisation der Weiterreise ist auch vor dem Ablauf der 100 Minuten möglich, wenn der Betroffene sich das Einverständnis der Bahn eingeholt hat.

Option 2: Übernachtung

Mit den neuen Fahrgastrechten der Bahn ändert sich nichts daran, dass die Bahn für einen Ersatzverkehr sorgen muss, wenn Fahrgäste an einem Bahnhof stranden und nicht weiterfahren können. Die Kosten für Transport und maximal drei Übernachtungen muss das Bahnunternehmen übernehmen. Liegt die planmäßige Ankunftszeit zwischen 0 Uhr und 5 Uhr und ist eine Verspätung von 60 Minuten absehbar, dürfen Fahrgäste mit dem Taxi zum Zielbahnhof fahren. Diese Regelung gilt auch, wenn die letzte planmäßige Verbindung des Tages ausfällt und der Zielbahnhof bis 0 Uhr auf keinem anderen Weg erreicht werden kann.

Welche Auswirkungen hat die EU-Verordnung auf das Deutschlandticket?

Laut der Verordnung ist das Deutschlandticket ein „erheblich ermäßigtes Beförderungsentgelt“. Demgemäß dürfen Nutzende auch bei Verspätungen von mehr als 20 Minuten nicht auf den Fernverkehr umsteigen. Als Ausnahme gilt nur, wenn der Fahrgast sein Ziel nur mit dem ICE vor 0 Uhr erreichen kann oder er zwischen null und fünf Uhr morgens mit einer Verspätung von mindestens einer Stunde ankommt. Zudem haben Fahrgäste mit dem Deutschlandticket keinen Erstattungsanspruch, wenn sie den gebuchten ICE nicht erreichen, weil die Regionalbahn Verspätung hat.

Welche Besonderheiten gibt es für Menschen mit Behinderung?

Zu den Änderungen im Fahrgastrecht der Bahn gehört die Verkürzung der Mitteilungspflicht: Bisher mussten Personen, die Unterstützung beim Ein- und Aussteigen benötigen, diesen Umstand 48 Stunden im Voraus mitteilen. Diese Anmeldefrist wurde auf 24 Stunden verkürzt.

Sind Sie Fahrgast der Bahn und von Verspätungen und Ausfällen betroffen? Dann können Sie ganz einfach und direkt auf der Webseite der Deutschen Bahn Ihre Fahrgastrechte durchsetzen.

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Dann nutzen Sie einfach die KLUGO Erstberatung. Die Erstberatung ist ein Telefongespräch mit einem zertifizierten Anwalt aus unserem Netzwerk.

Beitrag juristisch geprüft von der KLUGO-Redaktion

Der Beitrag wurde mit großer Sorgfalt von der KLUGO-Redaktion erstellt und juristisch geprüft. Dazu ergänzen wir unseren Ratgeber mit wertvollen Tipps direkt vom Experten: Unsere spezialisierten Partner-Anwälte zeigen auf, worauf es beim jeweiligen Thema ankommt.