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Wegerecht: Welche Rechte und Pflichten bestehen?

STAND 14.08.2023 | LESEZEIT 4 MIN

Um auf das eigene Grundstück zu gelangen, müssen Sie ein fremdes Grundstück betreten oder überqueren? Obwohl das Wegerecht in Deutschland klare Vorgaben dazu macht, sind die Rechte und Pflichten den Beteiligten häufig unklar. Das führt dazu, dass das Wegerecht schnell zum Streitpunkt wird. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) gibt ausführlich Antwort zu den offenen Fragen bei der Klärung des Wegerechts.

Das Wichtigste in Kürze

  • Geteilte Grundstücke sind der häufigste Grund für ein Wegerecht.
  • Das Wegerecht beinhaltet unter Umständen auch ein Zufahrtsrecht.
  • Um Streit zu verhindern, gehört das Wegerecht ins Grundbuch.
  • Ein Wegerecht kann den Grundstückswert reduzieren.
  • Juristen unterscheiden zwischen begünstigtem und belastetem Grundstück.
  • Alternative Begriffe sind das herrschende und das dienende Grundstück.
  • Es gibt sowohl privatrechtliche als auch öffentlich-rechtliche Wegerechte.

Was wird unter Straßen- und Wegerecht verstanden?

Die vollständige gesetzliche Bezeichnung des umgangssprachlich verwendeten Begriffs des Wegerechts lautet in Grundbucheinträgen meist Geh- und Fahrweg auf fremden Grund. Der Gesetzgeber hat in den §§ 1018 ff. BGB das Wegerecht mit Rechten und Pflichten aller Beteiligten genau definiert.

Das Straßen- und Wegerecht bezeichnet im engeren Sinne hingegen das Recht zur Benutzung öffentlicher Straßen, Wege und Plätze. Im weiteren Sinne wird der Begriff aber häufig verwendet, wenn es um das Wegerecht auf fremden Grundstücken geht, und zwar unabhängig davon, ob sie in privater oder öffentlicher Hand sind.

Das Wegerecht existiert bereits seit dem 13. Jahrhundert, als die Landesherren die alleinige Verfügungsgewalt über die verkehrswichtigen Straßen hatten. 1880 erstritten die Grafenwälder Bürger in der Nähe von Bottrop in einem ungewöhnlichen Gerichtsverfahren gegen den damaligen Herzog das Wegerecht nach Kirchhellen, um rechtzeitig zur Kirche im Dorf zu gelangen.

Die Streitfrage ist manchmal nur indirekt mit dem Wegerecht verknüpft. So wie bei einem Nachbarschaftsstreit über die Kehrpflicht im Rahmen des Wegerechtes. Das Gericht entschied mit Urteil vom 1.6.2010, Az. 19 U 273/08, dass das in diesem konkreten Fall enthaltene Wegerecht keine Kehrpflicht auf fremdem Grund enthält. Dem Urteil vorausgegangen war ein jahrelanger Streit, bis hin zu einem Berufungsverfahren.

In welchen Fällen spielt das Wegerecht eine Rolle?

Häufig wird das Wegerecht jahre- oder sogar jahrzehntelang stillschweigend und ohne Probleme von den Beteiligten hingenommen. Kommt es dann zum Verkauf einer Immobilie oder wird ein Grundstück für den Bau geteilt, entstehen häufig Streitigkeiten.

Grund ist oftmals die mit dem gewährten Wegerecht einhergehende Wertminderung des Grundstücks, das das Wegerecht einräumt. Es kann auch sein, dass Eigentümer einer geerbten Immobilie nichts von einem grundbuchlich eingetragenen Wegerecht wussten und nach dem Tod des Erblassers nicht mit der Regelung einverstanden sind.

Wie wird das Wegerecht ins Grundbuch eingetragen?

Das Wegerecht gehört zu den Rechten im Bereich einer Dienstbarkeit, man spricht auch von einer Grunddienstbarkeit. Das bedeutet, ein Grundstück darf in einzelnen Beziehungen benutzt werden, beispielsweise, um über den Weg auf ein anderes Grundstück zu gelangen. Das Wegerecht muss als Grunddienstbarkeit ins Grundbuch eingetragen werden, nur dann können Betroffene sich darauf berufen.

Auch als mündlich geschlossener Vertrag in Form einer schuldrechtlichen Vereinbarung kann ein Wegerecht erteilt werden. Allerdings nur mit Notar ins Grundbuch eingetragen werden, wenn es als Grunddienstbarkeit definiert wird. Der schuldrechtliche Vertrag erlischt mit Verkauf, der Grundbucheintrag bleibt auch bei einem Immobilienverkauf bestehen.

Es kann auch vorkommen, dass das Wegerecht eine Baulast ist, zumindest dann, wenn sich Städte und Gemeinden ein Wegerecht einräumen lassen. Die Baulast begründet eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung eines Grundstückseigentümers gegenüber einer Baubehörde. Der Eintrag dieses Wegerechtes erfolgt im Baulastenverzeichnis, das öffentlich einsehbar ist. Beispielhaft sind hier Zufahrtswege für Feuerwehr und Rettungswagen zu nennen.

Ziel einer solchen Baulast ist die Sicherung eines öffentlichen Zwecks durch die Belastung eines Grundstücks. Die gegenüber der Bauaufsichtsbehörde vereinbarte Baulast durch den Grundstückseigentümer ist eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung, die nicht notariell beurkundet werden muss. Die Einzelheiten regeln die jeweiligen Landesbaubehörden.

Welche Rechte und Pflichten bringt das Wegerecht mit sich?

Es gibt viele denkbare Situationen, in denen es zu Unklarheiten beim Wegerecht kommen kann. Dazu zählen beispielsweise der Immobilienverkauf, die Grundstücksbewertung, die Errichtung einer abschließbaren Einfahrt von der Straße oder die Teilung bzw. Finanzierung eines Grundstücks.

Wir haben hier nur ein paar der Rechte und Pflichten zusammengetragen. Ihre persönlichen Fragen zum Wegerecht beantwortet gerne einer unserer Anwälte für Immobilienrecht.

Zu den Rechten durch das Wegerecht gehören:

  • Das Anhalten und dauerhafte Parken gehört nicht zum Wegerecht, kann aber als Recht individuell in die notarielle Vereinbarung aufgenommen werden.
  • Wird eine angemessene Nutzungsentschädigung für den Eigentümer des dienenden Grundstücks vereinbart, so kann diese Zahlung jährlich erfolgen.
  • Der Eigentümer des dienenden Grundstücks kann auf das Wegerecht verzichten.
  • Wird das Wegerecht freiwillig vereinbart, hat der Eigentümer des dienenden Grundstücks keinen Rechtsanspruch auf die Zahlung einer Geldrente oder eines Einmalbetrages. Allerdings kann eine Nutzungsentschädigung festgelegt werden.

Zu den Pflichten durch das Wegerecht gehören:

  • Die Beteiligten können individuelle Pflichten wie etwa die Instandhaltung der Zuwege oder den Räumdienst zur Verkehrssicherheit im notariellen Wegerecht integrieren.
  • Die Zuwege sind möglichst schonend zu nutzen, § 1020 BGB. Das bedeutet, dass das Eigentum auf dem dienenden Grundstück weder beschädigt noch beeinträchtigt wird.
  • Wurde eine Geldrente vereinbart, dann muss dieses Nutzungsentgelt für das Wegerecht vom Eigentümer des herrschenden Grundstücks gemäß der Vereinbarung gezahlt werden.
  • Liegt ein Grundstück hinter einem anderen und ist ausschließlich über dieses zu erreichen, darf der Eigentümer des an der Straße gelegene Grundstücks das Wegerecht nicht verweigern. Stichwort: Notwegerecht.

Wann wird ein Wegerecht zum Gewohnheitsrecht?

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 24. Januar 2020, Az. V ZR 155/18, entschieden, dass ohne schuldrechtliche Vereinbarung kein Anspruch auf ein Wegerecht besteht, das schon jahrelang oder sogar jahrzehntelang als Gewohnheitsrecht ausgeübt wurde. Damit können sich Grundstückseigentümer heute nicht mehr auf ein Gewohnheitsrecht berufen.

Was ist der Unterschied zwischen Wegerecht und Fahrrecht?

Das Wegerecht wird in Wegerecht und Fahrrecht unterteilt. Das Wegerecht beinhaltet lediglich die Erreichbarkeit. Das Geh- und Fahrrecht hingegen beinhaltet das Gehen und Fahren über ein dienendes Grundstück. Nicht enthalten ist im Fahrrecht jedoch das Anhalten und dauerhafte Parken eines Fahrzeuges.

Kann das Wegerecht erzwungen werden?

Gibt es keine andere Möglichkeit, über einen öffentlichen Weg auf ein Grundstück zu gelangen, dann kann das Notwegerecht greifen. Die Notsituation ist rechtlich betrachtet dafür die Voraussetzung. Der § 917 BGB sieht vor, dass notfalls sogar per Duldungsklage gegen den Nachbarn das Wegerecht gerichtlich durchgesetzt werden kann. Für den Ausgleich erhält dieser eine Entschädigung in Form einer Geldrente.

Beim Notwegerecht ist zu beachten, dass nicht nur das Gehen oder Fahren enthalten ist, sondern gegebenenfalls auch das Reiten oder der Viehtrieb zu gestatten ist.

So hilft Ihnen ein KLUGO Partner-Anwalt weiter

Verweigert der Nachbar das Wegerecht, führt in der Regel kein Weg an einem Anwalt vorbei. Selbsthilfe dürfen Sie auf keinen Fall ausüben. Als sogenannte Grunddienstbarkeit muss das Wegerecht im Grundbuch unter Abteilung II, Lasten und Beschränkungen, eingetragen werden. Ein KLUGO Partner-Anwalt beantwortet Ihnen Ihre Fragen zum Wegerecht und klärt, ob Sie bzw. Ihr Nachbar Anspruch auf ein gesetzliches Wegerecht besitzt oder nicht.

Sie erhalten außerdem Einsicht in die möglicherweise auf Ihrem Grundstück lastenden Wegerechte. Das ist insbesondere vor dem Kauf einer Immobilie wichtig, da dieser Eintrag den Wert des Grundstücks mindert. Weiterhin erhalten Sie Unterstützung, wenn der Nachbar das Wegerecht verweigert oder Sie das Wegerecht nicht erteilen möchten.

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Dann nutzen Sie einfach die KLUGO Erstberatung. Die Erstberatung ist ein Telefongespräch mit einem zertifizierten Anwalt aus unserem Netzwerk.

Beitrag juristisch geprüft von der KLUGO-Redaktion

Der Beitrag wurde mit großer Sorgfalt von der KLUGO-Redaktion erstellt und juristisch geprüft. Dazu ergänzen wir unseren Ratgeber mit wertvollen Tipps direkt vom Experten: Unsere spezialisierten Partner-Anwälte zeigen auf, worauf es beim jeweiligen Thema ankommt.