
Wer muss wie viel zahlen? Elternunterhalt
Auf dieser Seite
In der Kindheit kümmern sich Eltern um ihre Kinder – und im Alter dreht sich diese Verantwortung um. Das ist die Grundidee des Elternunterhaltes. Wenn Elternteile pflegebedürftig werden und die Kosten für die Heimunterbringung nicht aus eigenen finanziellen Mitteln stemmen können, sind Kinder ab einem bestimmten Jahreseinkommen unterhaltspflichtig. Wie sich der Elternunterhalt berechnet, erfährst du hier.
Elternunterhalt Das Wichtigste in Kürze
Können Elternteile Pflege nicht allein bezahlen, übernimmt zunächst das Sozialamt, dann wird die Unterhaltspflicht von Kindern geprüft.
Nach dem Urteil des OLG München vom 6. März 2024 liegt der angemessene Selbstbehalt für unterhaltspflichtige Kinder zwischen 5.000 Euro bis 5.500 Euro monatlich (Az.: 2 UF 1201/23 e).
Dies entspricht einem Brutto-Jahreseinkommen von etwa 100.000 Euro.
Die Entscheidung hat weitreichende Auswirkungen auf die Berechnung des Selbstbehalts und die Verpflichtungen von Kindern beim Elternunterhalt.
Kontaktiere einen Anwalt für Familienrecht, der deinen individuellen Fall prüft.
Was ist der Elternunterhalt?
Viele Menschen müssen ab einem bestimmten Zeitpunkt ein Alters- oder Pflegeheim als Wohnsitz wählen. Wenn die eigene Rente, die Leistungen der Pflegeversicherung und ggf. erspartes Geld nicht ausreichen, können Betroffene einen Antrag auf Übernahme der Pflegekosten stellen. In diesem Fall übernimmt zunächst das Sozialamt die notwendigen Kosten für den Unterhalt der Eltern.
Diese Kosten kann das Sozialamt von Verwandten in gerader Linie, d. h. vom Ehepartner oder den Kindern der betroffenen Person zurückverlangen, denn diese sind gemäß § 1601 BGB unterhaltspflichtig. Schwiegerkinder sind nicht zur Zahlung von Unterhalt gegenüber ihren Schwiegereltern verpflichtet.
Wer ist zum Elternunterhalt verpflichtet?
Zum 1. Januar 2020 trat das Angehörigenentlastungsgesetz in Kraft. Seitdem besteht für Kinder erst dann eine Elternunterhaltspflicht, wenn sie mehr als 100.000 Euro im Jahr verdienen. Damit ist das gesamte Jahresbruttoeinkommen gemeint, das neben dem Gehalt oder dem Gewinn aus selbstständiger Arbeit auch Einkünfte aus Kapitalvermögen oder Vermietung und Verpachtung beinhaltet.
Da es sich hierbei um ein relativ hohes Einkommen handelt, gehen Sozialämter in der Regel davon aus, dass Verwandte von betroffenen Menschen nicht unterhaltspflichtig sind. Gibt es jedoch Hinweise, prüft das Sozialamt anhand des Einkommensteuerbescheids, wie hoch das Jahreseinkommen von Kindern ist. So wird Personen wie Ärzten, Juristen oder Firmeninhabern ein höheres Einkommen unterstellt. Bei der Berechnung des Elternunterhalts wird jedoch kein vorhandenes Vermögen der Kinder berücksichtigt.
Update Wesentliche Inhalte des Urteils des OLG München zum Elternunterhalt
Das OLG München hat entschieden, dass der angemessene Selbstbehalt für unterhaltspflichtige Kinder beim Elternunterhalt bei 5.500 Euro netto pro Monat liegt. Grundlage dieser Entscheidung ist das Angehörigen-Entlastungsgesetz, das Kinder erst ab einem Jahresbruttoeinkommen von über 100.000 Euro zur Zahlung von Elternunterhalt verpflichtet.
Was bedeutet das Urteil für die Zahlung des Elternunterhalts?
Keine Unterhaltspflicht für Kinder, deren Nettoeinkommen unter 5.500 Euro monatlich liegt – unabhängig von Miet- oder Kreditkosten.
Vereinfachte Berechnung des Selbstbehalts ohne Berücksichtigung weiterer finanzieller Belastungen, mit Ausnahme der privaten Altersvorsorge.
Rechtssicherheit für unterhaltspflichtige Kinder, da erstmals eine klare Einkommensgrenze für den Elternunterhalt festgelegt wurde.
Fazit: Das Urteil stärkt den finanziellen Schutz von Kindern gegenüber Forderungen des Sozialhilfeträgers und setzt neue Maßstäbe für die Berechnung des Elternunterhalts.
Wie wird der Elternunterhalt berechnet?
Die Berechnungsgrundlage für den Elternunterhalt stellt für Arbeitnehmer das durchschnittliche Jahreseinkommen aus den vergangenen zwölf aufeinanderfolgenden Monaten dar. Für Selbstständige ist das durchschnittliche Nettoeinkommen der letzten drei bis fünf Jahre maßgeblich, um den Unterhalt der Eltern zu berechnen.
Um die Höhe des Elternunterhaltes zu berechnen, werden von dem Jahreseinkommen folgende Kosten abgezogen:
berufsbedingte Aufwendungen wie etwa Fahrtkosten
Kosten für die allgemeine Krankenvorsorge, die private Krankenversicherung und krankheitsbedingte Aufwendungen wie etwa für eine Brille oder Physiotherapie
Kredittilgungen, bspw. für Wohneigentum (nur bis zur Höhe des angerechneten Wohnvorteils, s. BGH, 18.01.2017, Az. XII ZB 118/16)
private Altersvorsorgekosten bis zu 5 % des Bruttoeinkommens (BGH, 28.07.2010, Az. XII ZR 140/07)
Aufwendungen für regelmäßige Besuche des betroffenen Elternteils (BGH, 17.10.2012, Az. XII ZR 17/11)
Zudem wird Kindern bei der Elternunterhaltsberechnung ein Schonvermögen zugestanden. Das können Wohneigentum und ein Anteil der eigenen Altersvorsorge sein.
Die folgenden Kosten können bei der Berechnung des Elternunterhalts nicht abgezogen werden:
Beiträge für Hausrats- und Haftpflichtversicherungen
Rundfunkgebühren
Miete und Mietnebenkosten in Höhe von 700 € monatlich für Alleinstehende, 600 € monatlich für Familien
Von diesem bereinigten Nettoeinkommen wird nun noch der Selbstbehalt abgezogen, dem das Kind für den eigenen Lebensunterhalt zur Verfügung gestellt werden muss. Diese Grundsicherung bleibt bei der Berechnung des Elternunterhaltes unangetastet.
Bis zum Inkrafttreten des Angehörigenentlastungsgesetzes lag dieser Selbstbehalt laut der Düsseldorfer Tabelle sowie den Unterhaltsleitlinien der verschiedenen Oberlandesgerichte bei mindestens 2.000 Euro inklusive 700 Euro Warmmiete. Waren die Kinder verheiratet, standen dem Ehepartner weitere 1.600 Euro pro Monat zur Verfügung. So lag der sogenannte Familienselbstbehalt bis 2020 bei 3.600 Euro.
Seit 2020 wird in der Düsseldorfer Tabelle keine exakte Angabe zur Höhe des Selbstbehaltes gemacht. Er muss lediglich angemessen sein, liegt aber in der Praxis regelmäßig bei 2.000 Euro.
Dieser Selbstbehalt wird auf das Jahr hochgerechnet und von dem verminderten Nettoeinkommen abgezogen. Von der Restsumme muss die Hälfte als Elternunterhalt für die Deckung der Pflegeheim-Kosten gezahlt werden.
Eine abweichende Berechnung für den Unterhalt der Eltern kann es geben, wenn die unterhaltspflichtige Person im Ausland lebt. Dann werden die potenziell höheren Lebenshaltungskosten im Ausland bei der Berechnung des Elternunterhaltes berücksichtigt.
Beispiel zur vereinfachten Berechnung:
Eine Person hat ein Monatseinkommen von 10.000 Euro (120.000 Jahresbruttoeinkommen).
Folgende Kosten sind abzugsberechtigt:
Private Krankenkasse: 600 Euro monatlich (7.200 Euro im Jahr)
Private Altersversorgung: 600 Euro monatlich. Da sie nur 5 % ihres Vorjahresbruttoeinkommens (120.000 Euro) absetzen kann, sind es jährlich 6.000 Euro
Kosten für Arbeitsweg: 2.376,5 Euro (20 Kilometer täglicher Hin- und Rückweg x 0,42 Euro x 220 (Arbeitstage) = 2.376,5 Euro)
Nach Abzug dieser Posten liegt das unterhaltsrelevante Einkommen bei 104.423,50 Euro.
Da das unterhaltsrelevante Einkommen über 100.000 Euro liegt, muss die Person Elternunterhalt zahlen. In Elternunterhalt-Rechnern lässt sich schnell errechnen, ob man selbst unterhaltspflichtig ist.
Von dem Betrag 104.423,50 Euro werden monatlich 2.000 Euro Selbstbehalt abgezogen (2.000 x 12 = 24.000), sodass ein Berechnungsbetrag von 80.423,50 Euro übrigbleibt. Von dieser Restsumme muss die Person die Hälfte als Elternunterhalt bezahlen. Das bedeutet in diesem Beispiel, dass der Elternunterhalt bei 40.211,75 Euro im Jahr liegt. Das ergibt einen monatlichen Elternunterhalt von 3.351 Euro.
In welchen Fällen muss kein Elternunterhalt gezahlt werden?
Grundsätzlich muss kein Elternunterhalt gezahlt werden, wenn das Jahreseinkommen unter 100.000 Euro liegt. Liegt das Jahreseinkommen über 100.000 Euro, muss ein besonderer Härtefall vorliegen. Das kann der Fall sein, wenn der Elternteil sich schwerer Verfehlungen gegen das Kind schuldig gemacht hat, z. B. bei Bedrohung, sexuellem Missbrauchs oder anderen körperlichen Übergriffen.
Wenn der Elternteil sich selbst nie um das Kind gekümmert und auch keinen Unterhalt gezahlt hat, kann das Anrecht auf Elternunterhalt verwirkt sein. Auch wenn der Elternteil seine Armut selbst verursacht hat („sittliches Verschulden“), z. B. durch eine Spiel- oder Drogensucht – und sich einer Therapie verweigert –, kann sich das Kind weigern, Elternunterhalt zu zahlen. Grundsätzlich liegen die Hürden sehr hoch.
Wenn du in dieser Situation bist, lass dich zu deinen Möglichkeiten in einem unverbindlichen Gespräch von einem Anwalt für Familienrecht beraten.