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Abschiebehaft – Verwahrung vor der Abschiebung

Besteht das Risiko, dass eine Abschiebung verhindert werden könnte, wird gerichtlich eine Abschiebehaft angeordnet, um die Abschiebung einer Person sicherzustellen. Alle Informationen zur Abschiebehaft erhalten Sie in diesem Artikel.

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Abschiebehaft ist ein gerichtlich angeordneter Freiheitsentzug für Personen, die keinen erforderlichen Aufenthaltstitel haben und somit zur Ausreise verpflichtet sind.
  • Es gibt drei Formen der Abschiebehaft: die Sicherungshaft, die Vorbereitungshaft und die ergänzende Vorbereitungshaft.
  • Abschiebungshäftlinge müssen getrennt von Straftätern inhaftiert werden. Hierfür gibt es spezielle Abschiebungshafteinrichtungen.
  • Ein Fachanwalt für Asylrecht steht Ihnen bei allen Fragen zur Abschiebungshaft zur Seite.

Was versteht man unter Abschiebehaft in Deutschland?

Der Begriff Abschiebehaft, auch Abschiebungshaft, findet im juristischen Gebiet des Ausländerrechts Gebrauch. Hierbei handelt es sich um einen gerichtlich angeordneten Freiheitsentzug, der in Zusammenhang mit einer Abschiebung (§ 58 AufenthG) steht.

Definition Abschiebung: Eine Abschiebung, auch Rückführung genannt, ist die Vollstreckung der Ausreisepflicht einer Person, die nicht die jeweilige Staatsbürgerschaft des Landes besitzt, aus dem sie abgeschoben werden soll.

Besitzt ein Ausländer aus einem Nicht-EU-Staat keinen erforderlichen Aufenthaltstitel für Deutschland, ist er zur Ausreise verpflichtet. Dies gilt insbesondere bei:

  • Zeitablauf des Aufenthaltsrechts;
  • durch Ausweisung (Entzug des Aufenthaltsrechts und Wiedereinreiseverbot) oder
  • durch Verlust der Aufenthaltsgestattung nach Ablehnung eines Asylantrags.

Kommt der Ausländer dieser Ausreise nicht freiwillig nach, wird die Ausreise durch Abschiebung durchgesetzt. Um die Abschiebung eines in Deutschland befindlichen Ausländers sicherzustellen, kann ein Richter eine Abschiebehaft anordnen. Wichtig: Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebehaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

Abschiebehaft: § 62 AufenthG


(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. […] Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. […]

Sind Sie oder Personen aus Ihrem Familien- oder Bekanntenkreis von einer Haftanordnung betroffen? Sie können innerhalb eines Monats nach Verhängung der Abschiebehaft Beschwerde beim Amtsgericht einreichen. Wichtig dabei ist qualifizierter Rechtsbeistand.

Bei allen individuellen Fragen rund um das Thema Abschiebung und Abschiebehaft beraten Sie unsere Partner-Anwälte und Rechtsexperten sofort und kompetent in einer telefonischen KLUGO Rechtsberatung.

Durchführung: Welche Formen der Abschiebehaft gibt es?

Wurde ein Antrag auf Freiheitsentziehung begründet und gerichtlich angeordnet, folgt die Durchführung der Abschiebehaft. Insgesamt gibt es drei Formen der Abschiebehaft, die im Folgenden detailliert erläutert werden.

Formen der Abschiebehaft – Infografik
Formen der Abschiebehaft – Infografik

Die Sicherungshaft ist die übliche Form der Abschiebehaft. Wurde eine Abschiebung von einem Richter angeordnet, muss unter Umständen eine Sicherung der Abschiebung gewährleistet sein. Dies ist gemäß § 62 Abs. 3 AufenthG möglich, wenn Fluchtgefahr besteht, der Ausländer aufgrund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.

Ob Fluchtgefahr besteht, wird gemäß § 62 Abs. 3a Nr. 1–6 AufenthG in folgenden Situationen widerleglich vermutet. Der Ausländer:

  • ist aufgrund einer unerlaubten Einreise ausreisepflichtig.
  • ist zum festgesetzten Ausreisezeitpunkt unentschuldigt nicht am angegebenen Ort.
  • hat eine Abschiebeanordnung erhalten, welche nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
  • oder die Ausreisepflicht ist abgelaufen und der Ausländer hat ohne Meldung an die Ausländerbehörde seinen Aufenthaltsort gewechselt.
  • oder besteht der begründete Verdacht, dass der Ausländer vor der Abschiebung flüchtet (Fluchtgefahr).
  • oder der Ausländer erklärt, dass er sich der Abschiebung entzieht oder er hat sich in der Vergangenheit bereits einer Abschiebung entzogen.

Die Sicherungshaft darf für einen Zeitraum von maximal sechs Monaten angeordnet werden. Wird die Abschiebung in diesem Zeitraum durch den Betroffenen verhindert, kann die Sicherungshaft um weitere zwölf Monate verlängert werden.

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Ihnen droht eine Abschiebehaft und sie verfügen über keine finanziellen Mittel für einen Anwalt? Mithilfe eines Beratungshilfescheines können auch bedürftige Personen die außergerichtliche Vertretung und Beratung durch einen Anwalt und Rechtsexperten für Asylrecht in Anspruch nehmen.

Die zweite Form der Abschiebung ist die Vorbereitungshaft (§ 62 Abs. 2 AufenthG). Hält sich ein Ausländer entgegen eines bestehenden Einreise- und Aufenthaltsverbots in Deutschland auf und kann zudem über eine Abschiebung nicht sofort entschieden werden, wird der Betroffene in vielen Fällen auf richterliche Anordnung in Haft genommen. Die Vorbereitungshaft sollte maximal sechs Wochen andauern.

Grundsätzlich wird zwischen zwei Formen der Abschiebehaft unterschieden. Besteht die Möglichkeit, dass sich ein von Abschiebung betroffener Ausländer z. B. durch Flucht der Abschiebung entzieht, kommt dieser in Sicherungshaft. Wurde dagegen noch nicht final über den weiteren Verlauf entschieden, kommt der Betroffene vorerst in die Vorbereitungshaft, die eine Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten sollte.

Ergänzende Vorbereitungshaft nach § 62c AufenthG – Gesetzesänderung Dez. 2020

Im Dezember 2020 wurde, neben der eben erklärten zwei Formen der Abschiebehaft (Sicherungs- und Vorbereitungshaft) eine dritte Form ergänzt. Die ergänzende Vorbereitungshaft nach § 62c AufenthG ermöglicht die Inhaftierung von Personen, die sich unerlaubt auf dem Gebiet der Bundesrepublik aufhalten und entsprechend abgeschoben werden sollen. Vor der Gesetzesänderung waren Ausländer aufgrund ihres Asylantrags nicht vollziehbar ausreisepflichtig. Gemäß dem neuen Gesetz dürfen Ausländer seit Dezember 2020 auf richterliche Anordnung inhaftiert werden, wenn von ihnen zusätzlich eine erhebliche Gefahr für Dritte oder die innere Sicherheit ausgeht. Darüber hinaus dürfen Ausländer trotz Asylantrag inhaftiert werden, insofern ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 AufenthG festgesetzt wurde.

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Betroffene können gemäß 426 Abs. 2 FamFG einen Antrag auf Aufhebung einer Abschiebehaft stellen. Der Antrag wird vor Gericht geprüft.

Abschiebehaft: Wie wird man währenddessen untergebracht?

Personen, die sich in Abschiebehaft befinden, wurden nicht aufgrund einer Straftat inhaftiert. Gemäß der EU-Rückführungsrichtlinie dürfen Abschiebehäftlinge somit nicht in gleichen Haftanstalten wie Straftäter untergebracht werden. Für Abschiebehäftlinge gibt es spezielle Abschiebehaftanstalt, in denen die Rechte der Betroffenen gewahrt werden können.

Aufgrund häufig vorkommender sprachlicher Barrieren und einem Mangel an sozialer Unterstützung, erfahren die Abschiebehäftlinge dennoch häufig nicht, was mit ihnen geschieht. Abschiebehäftlinge sind daher in besonderem Maße von externer Unterstützung abhängig.

Zwar werden Abschiebehäftlinge inhaftiert, jedoch gilt diese Art der Haft nicht als Strafe. Daher können Betroffene bei einer Abschiebehaft nachträglich keinen Anspruch auf Haftentschädigung erhalten. Ggf. ist ein Schadensersatz im Rahmen der Amtshaftung auf zivilrechtlichem Wege möglich.

Wie kann Ihnen ein KLUGO Partner-Anwalt oder Rechtsexperte weiterhelfen?

Unterstützung von Experten ist bereichsübergreifend von großem Wert und insbesondere dann wichtig, wenn das Rechtsproblem zur existenziellen Bedrohung wird. Ein KLUGO Partner-Anwalt oder Rechtsexperte kann Sie bei Problemen mit der Ausländerbehörde unterstützen und womöglich eine Abschiebehaft verhindern. Auch wenn Sie in die Abschiebehaft geraten sind, kann der Anwalt Ihnen möglicherweise helfen, einen Schadenersatz für die Zeit in Verwahrung vor Gericht durchzusetzen.

FAQ – Abschiebehaft

Eine Abschiebehaft ist ein gerichtlich beschlossener Freiheitsentzug, der in Zusammenhang mit einer Abschiebung steht. Sie kommt zu Einsatz, wenn sich der Betroffene ohne Aufenthaltstitel einer verpflichtenden Ausreise verweigert.

Es gibt insgesamt drei Arten der Abschiebehaft: Wurde vor Gericht noch nicht final über eine Abschiebung entschieden, kommt der Betroffene in die sog. Vorbereitungshaft. Besteht die Gefahr, dass der Betroffene flüchtet oder erklärt er, dass er sich einer Abschiebung widersetzt, kommt er in die Sicherungshaft (Sicherstellung der Durchführung einer Abschiebung). Seit Dezember 2020 gibt es darüber hinaus die ergänzende Vorbereitungshaft. Diese wird angeordnet, wenn vom Betroffenen eine Gefahr für Dritte oder die innere Sicherheit ausgeht.

Abschiebungshäftlinge werden getrennt von Strafhäftlingen inhaftiert. Hierfür gibt es spezielle Abschiebungshafteinrichtungen.

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Dann nutzen Sie einfach die KLUGO Erstberatung. Die Erstberatung ist ein Telefongespräch mit einem zertifizierten Anwalt aus unserem Netzwerk.

Beitrag juristisch geprüft von der KLUGO-Redaktion

Der Beitrag wurde mit großer Sorgfalt von der KLUGO-Redaktion erstellt und juristisch geprüft. Dazu ergänzen wir unseren Ratgeber mit wertvollen Tipps direkt vom Experten: Unsere spezialisierten Partner-Anwälte zeigen auf, worauf es beim jeweiligen Thema ankommt.