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Arztbesuch während der Arbeitszeit
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Arztbesuch während der Arbeitszeit: Das gilt es zu beachten

STAND 27.11.2020 | LESEZEIT 3 MIN

Unsere Gesundheit ist das höchste Gut. Dafür nehmen die Menschen jedes Jahr Vorsorgeuntersuchungen und Pflichttermine beim Arzt wahr. Manche Arbeitgeber fordern von ihren Mitarbeitern, sich außerhalb der Arbeitszeit um ihre gesundheitlichen Belange zu kümmern. Doch nicht immer gibt es freie Termine zu Wunschzeiten. Darf der Arbeitgeber solche Forderungen überhaupt stellen? Was ändert sich für Arbeitnehmer mit der Umstellung auf Homeoffice?

Das Wichtigste in Kürze

  • § 616 BGB gibt Aufschluss darüber, ob Arbeitnehmer während der Arbeitszeit zum Arzt gehen dürfen und trotzdem ihr Arbeitsentgelt bekommen, wenn sie nicht bereits arbeitsunfähig sind.
  • Danach gilt, dass der Arbeitnehmer weiterhin Anspruch auf die Vergütung hat, wenn "er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird.“ Folglich kommt es auf die Dringlichkeit des Arztbesuchs an.
  • Wichtig zu beachten ist, dass die Regelung aber nur dann gilt, wenn sie nicht arbeitsvertraglich oder tarifvertraglich ausgeschlossen wurde.
  • Wurde die Regelung ausgeschlossen, dürfen Arbeitnehmer, wenn kein anderer Termin außerhalb der Arbeitszeit verfügbar ist, dennoch zum Arzt gehen, sie müssen hierfür aber ggf. Urlaub, Gleitzeit oder Freizeitausgleich nehmen.

Wann dürfen Arbeitnehmer während der Arbeitszeit zum Arzt?

Bei akuten Erkrankungen dürfen Arbeitnehmer direkt einen Arzt aufsuchen. Das können plötzlich auftretende Schmerzen sein, die das Weiterarbeiten verhindern. Vor allem während der Corona-Pandemie sind auftretende Erkältungserscheinungen ein Grund, sofort den Arztbesuch wahrzunehmen.

Auch einige nicht akute Erkrankungen erlauben es dem Arbeitnehmer, sich während der Arbeitszeit eine Freistellung für den Arztbesuch zu beschaffen. Darunter versammeln sich Untersuchungen und ärztliche Tests, die unter die sogenannte medizinische Notwendigkeit fallen. Die morgendliche Uhrzeit zur Blutabnahme auf nüchternen Magen kann der Arbeitnehmer nicht beeinflussen und muss für diese vom Arbeitgeber eine Freistellung für den Arztbesuch erhalten. Diese medizinische Notwendigkeit wurde bereits 1984 in einem Urteil vom Bundesgerichtshof verankert. Das Urteil besagt auch, dass die Wahl des Arztes beim Patienten und nicht im Einflussbereich des Arbeitgebers liegt.

Alle weiteren Arztbesuche gelten als Privatangelegenheit und dürfen nicht während der Arbeitszeit geplant sein. Wenn sich kein Termin außerhalb der Arbeitszeit finden lässt, sollte das Gespräch mit dem Vorgesetzten gesucht werden. In einer individuellen Regelung wird festgehalten, ob der Arbeitnehmer die Fehlzeiten beispielsweise zu einem anderen Zeitpunkt nacharbeitet. In einem Schichtsystem kann mit einem Kollegen getauscht werden.

Bietet das Unternehmen Gleitzeit oder flexible Arbeitszeiten an, muss der Arbeitgeber keine Freistellung für den Arztbesuch genehmigen, wenn dieser vor oder nach der Kernarbeitszeit möglich ist.

Hat der Arbeitnehmer Anspruch auf bezahlte Freistellung für Arztbesuche

Wenn die Krankheitssymptome während der Arbeitszeit akut auftreten und ein Arztbesuch unmittelbar während der Arbeitszeit notwendig ist, weil dieser nicht zu einer anderen Zeit möglich ist, erhält der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber eine bezahlte Freistellung. Das heißt, der Arbeitgeber muss den Betroffenen für die Zeit des Arztbesuches bezahlen. Allerdings muss keine Freistellungen für Routineuntersuchungen ohne akute Erkrankungen erteilt werden.

Kehrt der Arbeitnehmer ohne Krankschreibung zum Arbeitsplatz zurück, benötigt er für eine bezahlte Freistellung die Bestätigung des Arztes. Sie beschenigt dann bestenfallsan, dass der Besuch der Arztpraxis notwendig war.

Die Bestätigung sollte folgende Punkte beinhalten:

  • Name des Arbeitnehmers
  • Arbeitszeit des Arbeitnehmers
  • Notwendigkeit des Arztbesuches
  • Behandlungszeit (Anfangs- und Endzeit)

Für diese Bestätigung kann der Arzt eine Gebühr vom Betroffenen verlangen. Wird der Arbeitnehmer vom Arzt hingegen krankgeschrieben, greift der gesetzliche Anspruch auf Lohnfortzahlung für maximal sechs Wochen

Freistellung für Arztbesuch – was ändert sich im Homeoffice?

Grundsätzlich ändert sich im Homeoffice nichts. Auch im Homeoffice gilt das Weisungsrecht des Arbeitgebers. Damit sind Arbeitnehmer an die offiziellen Bürozeiten des Unternehmens gebunden. Sie dürfen aus dem Homeoffice heraus zu genau den gleichen Konditionen einen Arztbesuch während der Arbeitszeit wahrnehmen wie während des Aufenthaltes im Unternehmen: bei akuten Erkrankungen sowie bei medizinisch notwendigen Terminen.

Bevor der Erkrankte seinen Arztbesuch während der Homeoffice-Zeit wahrnimmt, muss er den Arbeitgeber kontaktieren. Ein Anruf genügt zwar in der Regel aus, wir empfehlen, die Information schriftlich, beispielsweise per E-Mail, an den Arbeitgeber oder Vorgesetzten zu senden.

Auch aus dem Homeoffice heraus kann der Arbeitgeber eine Bestätigung der Notwendigkeit des Arztbesuches von der Praxis verlangen. Wenn keine Krankschreibung vorliegt, sollte die Arbeit zu Hause so schnell wie möglich wiederaufgenommen werden. Der Weg nach Hause ist zwar Bestandteil der Freistellung für den Arztbesuch, jedoch mit strengen Auflagen verbunden. Umwege für Besorgungen sind nicht erlaubt. Als Richtlinie für die Wegzeit kann sich der Arbeitgeber die Fahrzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln heranziehen.

Es gilt zu beachten: Auch wenn es sich beim Arztbesuch nicht um eine Freizeitbeschäftigung handelt, gilt die Abwesenheit als Pausenzeit und fällt nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Gelten Sonderregelungen zu Arztbesuchen während der Arbeitszeit für Teilzeitbeschäftigte, Schwangere oder bei einer Langzeittherapie?

Je nach individueller Situation des Arbeitsverhältnisses kommen verschiedene Regelungen zum Tragen.

Höhere Hürden für Arztbesuche während der Arbeitszeit bei Teilzeitbeschäftigung

Teilzeitbeschäftigte haben kürzere Arbeitszeiten als Vollzeitbeschäftigte. Ihnen gelingt es dadurch leichter, Arzttermine außerhalb der Arbeitszeiten zu erhalten. Natürlich greift bei akuter Erkrankung während der Arbeitszeit das gleiche Recht für Teilzeitbeschäftigte und sie haben Anspruch auf bezahlte Freistellung für den Arztbesuch während der Arbeitszeit. Das gilt auch für die Arbeit im Homeoffice.

Schutz der Schwangeren geht vor Arbeitszeiten

Schwangere unterliegen einem besonderen Schutz. Arbeitgeber müssen schwangere Arbeitnehmerinnen für alle Untersuchungen rund um die Schwangerschaft bezahlt für Arztbesuche freistellen.

Darunter zählen unter anderem:

  • regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen
  • Ultraschalluntersuchungen
  • Beratungstermine
  • Screenings und Tests

Auch bei Langzeittherapien steht die Gesundheit des Arbeitnehmers im Vordergrund

Der Arbeitnehmer muss für seine Therapietermine vom Arbeitgeber bei vollem Gehalt freigestellt werden. Je länger die Therapie dauert und je mehr Termine zusammenkommen, desto mehr Auflagen kann der Arbeitgeber vorgeben. Schließlich erhöht sich die Stundenanzahl des Arbeitsausfalls. Der Arbeitnehmer ist angehalten, Therapietermine außerhalb der Arbeitszeiten wahrzunehmen. Dialysepatienten sind als Langzeittherapiepatienten von dieser Auflage ausgenommen.

Generell gilt für einen geplanten Arztbesuch während der Arbeitszeit, diesen möglichst auf die Randzeiten der Arbeitszeit zu legen. Nur wenn es Arbeitnehmern nicht möglich ist, ihren Arztbesuch während der Arbeitszeit direkt auf den Beginn oder kurz vor Dienstschluss zu legen, darf der Termin auch mitten in die Arbeitszeit gelegt werden. Im Vorfeld muss der Arbeitgeber informiert und die Fehlzeit so kurz wie möglich gehalten werden.

Wenn Sie in Ihrer aktuellen Situation oder speziell zu Corona Fragen zum Arztbesuch während der Arbeitszeit oder im Homeoffice haben, erhalten Sie in der telefonischen Erstberatung bei KLUGO gezielte Antworten. Auch der gemeinsame Blick in den Arbeitsvertrag kann helfen. Neben den gesetzlichen Regelungen gibt es in vielen Arbeitsverträgen zusätzliche Vereinbarungen.

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Beitrag juristisch geprüft von der KLUGO-Redaktion

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