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Widerruf von Anschlussfinanzierungen
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Der Widerruf von Anschlussfinanzierungen soll möglich werden

Nach dem verbraucherfreundlichen Urteil zum Widerrufsjoker vom 26.03.2020, geht es jetzt in einem weiteren Verfahren um den Widerruf von Anschlussfinanzierungen (Prolongation). Hier könnte der EuGH für eine nächste Sensation für Verbraucher sorgen. Per Post, Telefon oder E-Mail geschlossene Anschlusszinsvereinbarungen zu Verbraucherkrediten sollen widerrufen werden können.

Worum geht es bei Anschlussfinanzierungen?

Die Finanzierung von Bauvorhaben wird regelmäßig über ein Baudarlehen geregelt. Dies umfasst allerdings nicht die komplette Baufinanzierung, sondern üblicherweise einen Zeitraum zwischen fünf und 20 Jahren. Kommt das Baudarlehen zum Ende, verbleibt fast immer eine Restschuld, die es noch zu tilgen gilt. Die Anschlussfinanzierung setzt an genau diesem Punkt an und ermöglicht durch einen weiteren Kredit die lückenlose Finanzierung des Bauvorhabens.

Im Unterschied zum ursprünglichen Darlehen ist die Anschlussfinanzierung losgelöst von der Zinsbindung des ersten Kredits – der Abschluss erfolgt dann mit neuer, aktueller Zinsbindung.

Kann die Anschlussfinanzierung widerrufen werden?

Strittig war in der Vergangenheit oft, ob die Anschlussfinanzierung ein komplett neues Darlehen darstellt oder lediglich das ursprüngliche Baudarlehen verlängert. Besonders relevant wurde dies bei der sogenannten Anschlussfinanzierung im Fernabsatz: Hier war es nämlich über Jahre hinweg Usus, dass Banken lediglich telefonisch oder postalisch eine Anschlussfinanzierung mit den Kreditnehmern vereinbarten. Ein persönlicher Termin vor Ort war dabei nicht erforderlich.

Ob eigenständiges Finanzgeschäft oder lediglich Verlängerung eines bereits bestehenden Finanzgeschäftes: Die Unterscheidung wirkt sich insbesondere auf die Widerrufsmöglichkeit des Darlehensvertrages aus. Nicht ohne juristische Folgen, denn: Häufig standen sich hier Darlehensnehmer und Banken vor Gericht gegenüber.

Der Bundesgerichtshof (kurz: BGH) hat deshalb in einem höchstrichterlichen Urteil vom Januar 2019 festgehalten, dass Anschlussfinanzierungen nicht unter den Begriff der Finanzdienstleistung nach § 312b des Bürgerlichen Gesetzbuches kurz: BGB) fallen. Die Richter in Karlsruhe sahen hierin lediglich eine Verlängerung der ursprünglichen Finanzierung ohne eigenen Rechtscharakter.

Für die Verbraucher hatte das Konsequenzen: Da die Anschlussfinanzierung im Fernabsatz nicht als eigenständige Finanzdienstleistung galt, mussten Darlehensnehmer auch nicht über ihre Widerrufsrechte belehrt werden.

EuGH stellt sich gegen die Rechtsprechung des BGH

Mit dem sensationellen Urteil des Europäischen Gerichtshofes (kurz: EuGH) vom 26.03.2020 zum Widerrufsjoker hatten sich die Richter aus Luxemburg bereits ganz klar auf die Seite der Verbraucher gestellt. Und auch im aktuellen Verfahren deutet alles auf eine verbraucherfreundliche Rechtsprechung hin, denn: Hier hat Generalanwältin Eleanor Sharpston im Schlussantrag bereits gefordert, dass auch Anschlusszinsvereinbarungen im Fernabsatz einem Widerruf zugeführt werden können. Der Fall liegt dem EuGH vor, um sicherzustellen, dass die Richtlinie 2002/65/EG juristisch korrekt durch die nationalen Vorschriften und Urteile ausgelegt wird.

Im Ausgangsfall hatte die Darlehensnehmerin gegen den Darlehensgeber geklagt. Drei Anschlussfinanzierungen hatte sie über Fernkommunikationsmittel mit der Sparkasse Südholstein abgeschlossen und war dabei nicht über ihr Widerrufsrecht aufgeklärt worden. Dies ergibt sich aus Sicht der Klägerin aber aus der Anwendung der §§ 312b Abs (1), 312d Abs. (1), (2) a.F. BGB.

Was sollten Verbraucher jetzt tun?

Es bleibt abzuwarten, ob die Richter dem Schlussantrag der Generalanwältin folgen werden. Dies ist aber nach richtiger Einschätzung anzunehmen. Für Verbraucher würde das bedeuten, dass sie nach dem Aufleben des Widerrufsjokers für Kreditverträge jeder Art nun auch bei Darlehensverträgen profitieren könnten, die im Rahmen der Anschlussfinanzierung im Fernabsatz vereinbart wurden.

Klar ist aber: Entscheidet der EuGH zugunsten der Verbraucher, sind von dem Urteil auch hier zahlreiche Verträge betroffen. Dies setzt aber voraus, dass der Vertrag zur Anschlussfinanzierung tatsächlich im Fernabsatz abgeschlossen wurde – und nicht in der Filiale des Darlehensgebers.

Das Thema Widerruf von Finanzierungsgeschäften ist für Verbraucher von großer Relevanz. Sie sehen sich aber mit einem breit aufgestellten Darlehensgeber konfrontiert und haben daher häufig Schwierigkeiten, den Widerruf durchzusetzen. Unterstützung ist dabei von großem Wert: Erfahrene Juristen helfen Ihnen gerne im Rahmen einer Erstberatung. Hier erhalten Ratsuchende bei KLUGO alle notwendigen Informationen und Tipps für den individuellen Beratungsbedarf.

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Beitrag juristisch geprüft von der KLUGO-Redaktion

Der Beitrag wurde mit großer Sorgfalt von der KLUGO-Redaktion erstellt und juristisch geprüft. Dazu ergänzen wir unseren Ratgeber mit wertvollen Tipps direkt vom Experten: Unsere spezialisierten Partner-Anwälte zeigen auf, worauf es beim jeweiligen Thema ankommt.