STAND 05.05.2023 | LESEZEIT 10 MIN
Lange Zeit war unklar, welche Ansprüche VW-Fahrer nach dem Dieselskandal gegenüber dem Hersteller geltend machen können. Urteile des Europäischen Gerichtshof und des Bundesgerichtshofs haben nun Licht ins Dunkel gebracht.
Durch die Abgasmanipulationen bis 2014 sind auch heute noch Millionen Diesel-Fahrzeuge mangelhaft. Viele Autokäufer wurden bewusst getäuscht und haben nicht erhalten, was ihnen vertraglich zugesichert wurde. Es folgte eine weltweite Klagewelle. In vielen Fällen fielen die Urteile im Dieselskandal bereits positiv für die Betroffenen aus.
Gerade in Deutschland tat sich die Rechtsprechung aber schwer damit, den Autokäufern eine Entschädigung zuzugestehen. Schadensersatzklagen hatten bisher einen eher überschaubaren Erfolg – durchaus bestand aber ein Anspruch auf Nachbesserung, Nachlieferung oder Rücktritt vom Kaufvertrag. Mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshof wurden nun auch die gerichtlichen Chancen auf Schadenersatz deutlich verbessert. Begründet wird dies vor allem mit dem immensen Wertverlust der Diesel-Fahrzeuge. Aber: Wer seine Ansprüche nicht rechtzeitig nach dem Bekanntwerden des VW Dieselskandals geltend machte, hat aufgrund der Verjährung nun möglicherweise keinen Anspruch mehr.
Nachdem der VW Dieselskandal im Jahr 2015 ans Licht kam, startete das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) umgehend einen Rückruf von rund 2,4 Millionen Dieselfahrzeugen in ganz Deutschland. Üblich ist dies normalerweise nur bei einem Sicherheitsmangel – doch das KBA beharrte darauf, dass es sich bei der verwendeten Software um eine unzulässig verbaute Technik handelt, sodass ein Rückruf auch hier gerechtfertigt sei. Gesetzlich beruft sich die KBA dafür auf die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 mit dem Namen „Über die Typengenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge“.
Von dieser Rückrufaktion waren alle VW Modelle – inklusive der Modelle von Tochterunternehmen wie Audi, Skoda und Seat – betroffen. Alle Diesel-Motoren, die in Deutschland vom VW-Rückruf betroffen waren, gehörten zur Baureihe EA 189, erfüllten die Abgasnorm Euro 5 und wurden zwischen 2009 und 2014 in Neuwagen der Marke und der Tochterunternehmen verbaut.
Käufer von Dieselfahrzeugen mit Schummel-Software haben ein Recht auf Schadensersatz im Dieselskandal und die Ansprüche gegen den Händler ergeben sich aus der Sachmängelgewährleistung. Ansprüche gegen den Hersteller folgen aus dem Deliktsrecht gemäß § 823 BGB und Ansprüche wegen „sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung“ entstehen nach § 826 BGB.
Spätestens seit den Urteilen des EuGH und des BGH im Jahr 2023 stehen die Chancen auf Schadensatz im VW Dieselskandal sehr gut, sofern die Ansprüche nicht bereits verjährt sind.
Möchten Sie dennoch eine Klage gegen VW anstreben, gehen Sie wie folgt vor:
Betroffene vom VW Dieselskandal haben Anspruch auf Schadensersatz. Die Höhe hängt jedoch davon ab, wie hoch der ursprüngliche Kaufpreis war und wie viele Kilometer Sie inzwischen mit Ihrem Kraftfahrzeug gefahren sind.
Kaufpreis | 50.000 km gefahren | 100.000 km gefahren | 150.000 km gefahren |
---|---|---|---|
10.000 € | 8.333 € | 6.667 € | 5.000 € |
15.000 € | 12.500 € | 10.000 € | 7.500 € |
20.000 € | 16.667 € | 13.333 € | 10.000 € |
25.000 € | 20.833 € | 16.667 € | 12.500 € |
30.000 € | 25.000 € | 20.000 € | 15.000 € |
35.000 € | 29.167 € | 23.333 € | 17.500 € |
40.000 € | 33.333 € | 26.667 € | 20.000 € |
45.000 € | 37.500 € | 30.000 € | 22.500 € |
50.000 € | 41.667 € | 33.333 € | 25.000 € |
55.000 € | 45.833 € | 36.667 € | 27.500 € |
60.000 € | 50.000 € | 40.000 € | 30.000 € |
65.000 € | 54.167 € | 43.333 € | 32.500 € |
70.000 € | 58.333 € | 46.667 € | 35.000 € |
75.000 € | 62.500 € | 50.000 € | 37.500 € |
80.000 € | 66.667 € | 53.333 € | 40.000 € |
85.000 € | 70.833 € | 56.667 € | 42.500 € |
90.000 € | 75.000 € | 60.000 € | 45.000 € |
95.000 € | 79.167 € | 63.333 € | 47.500 € |
100.000 € | 83.333 € | 66.667 € | 50.000 € |
Diese Schadensersatz-Tabelle für den VW Dieselskandal gilt für alle betroffenen Modelle. Eine Ausnahme bilden allerdings Wohnmobile, die meist ohnehin eine geringere Tacho-Leistung aufweisen als herkömmliche Kraftfahrzeuge. Hier nutzen Gerichte häufig das Alter des Wohnmobils als Berechnungsgrundlage.
Wer sich dazu entschließt, das betroffene Fahrzeug zu behalten, kann auch einen pauschalen Schadensersatz von VW verlangen. In diesen Fällen muss der Schaden allerdings konkret berechnet werden, die grobe Auflistung in der Tabelle kann dabei nicht zurate gezogen werden. In der Regel liegt die Schadensersatzsumme dann bei ca. 5-15 % des Kaufpreises.
Grundsätzlich verjähren auch im VW Dieselskandal die Ansprüche auf Entschädigungszahlungen. Wann die Verjährung eintritt, hängt aber von verschiedenen Faktoren ab. So kann die Verjährungsfrist bei drei bis zehn Jahren liegen, abhängig vom jeweiligen Motormodell. Über vereinzelte Motormodelle hat der Bundesgerichtshof bisher noch nicht abschließend entschieden. Weitere Informationen dazu, wann im VW Dieselskandal eine Verjährung eintritt, erhalten Sie in diesem Beitrag.
Eine Vielzahl an Kunden hat das eigene Dieselfahrzeug zwischenzeitlich von VW nachrüsten lassen und das vom Hersteller bereitgestellte Software-Update installieren lassen. Allerdings klagen im Anschluss zahlreiche Fahrer über die negativen Auswirkungen, die durch das Update entstanden sind:
Weder VW noch das KBA bestätigen diese Probleme. Das könnte allerdings auch daran liegen, dass das Software-Update vor seiner Veröffentlichung nie im normalen Straßenverkehr getestet wurde, sondern lediglich auf dem Prüfstand.
Um die Betriebserlaubnis des Autos nicht zu gefährden, ist das Aufspielen des Software-Updates verpflichtend. Dazu muss jedoch kein gesonderter Termin gemacht werden, es genügt schon, dies im Rahmen der nächsten Hauptuntersuchung durchführen zu lassen.
Lassen Sie das Software-Update nur unter Vorbehalt aufspielen, damit Ihre Ansprüche gegen den Autokonzern bestehen bleiben. So sind Sie auch dann rechtlich auf der sicheren Seite, wenn es nach dem Update erneut zu Fehlern oder Mängeln kommt, die damit im Zusammenhang stehen.
Ja, der Bundesgerichtshof hat bereits im Jahr 2021 entschieden, dass geschädigte VW-Kunden trotz Software-Update Anspruch auf Schadensersatz geltend machen können. Im Rahmen des Urteils stellte der Bundesgerichtshof explizit klar, dass der Kundenschaden durch ein Software-Update allein nicht beseitigt wird. Der eigentliche Schaden für die VW-Kunden liegt schließlich nicht in den erhöhten Abgaswerten, sondern in einem herbeigeführten Vertragsabschluss, der unter den gegebenen Bedingungen vom Kunden nicht gewollt wurde. Das Verhalten von VW stufte der BGH als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung ein. Auch ein Software-Update kann dies nicht nachträglich ändern, begründet der BGH.
Ansprüche gegen Händler und VW haben im Abgasskandal 2.0, den Motor EA 288 betreffend auch betroffene Besitzer von Fahrzeugen der Tochterfirmen SEAT, Skoda, Audi und Porsche. Aber auch Daimler, BMW und andere stehen unter Verdacht, Abschalteinrichtungen genutzt zu haben. Auch hier gilt: Bestätigen sich die Vorwürfe, können Betroffene im Dieselskandal ihre Ansprüche einklagen.Christian Heitmann
Folgende VW-Modelle und Modelle der Tochterkonzerne sind mit der verbotenen Software ausgestattet:
VW | Audi | Skoda | Seat |
---|---|---|---|
VW Beetle II | Audi A1 | Skoda Fabia | Seat Alhambra |
VW Golf VI | Audi A3 | Skoda Octavia II | Seat Altea |
VW Golf Plus | Audi A4 | Skoda Rapid | Seat Exeo |
VW Jetta V und Jetta VI | Audi A5 | Skoda Roomster | Seat Leon II |
VW Passat 1.6 TDI und 2.0 TDI | Audi A6 | Skoda Superb II | Seat Toledo IV |
VW Polo 1.2 TDI und 1.6 TDI | Audi A7 | Skoda Yeti | |
VW Scirocco III | Audi A8 | ||
VW Sharan I und Sharan II | Audi Q3 | ||
VW Tiguan | Audi TT | ||
VW Amarok | |||
VW Caddy III und Caddy IV |
In allen Kraftfahrzeugen, die vom VW Dieselskandal betroffen sind, wurde der Motor mit Typbezeichnung „EA 189“ verbaut. Es handelt sich dabei um alle Motoren mit diesen Bezeichnungen:
Allerdings handelt es sich nur um Dieselmotoren, die unter die Abgasnorm Euro 5 fallen. Alle Modelle, die mit der neuen Euro 6 Zulassung ausgestattet wurden, sind nicht vom VW Dieselskandal betroffen. Das gilt natürlich auch für alle benzinbetriebenen Kraftfahrzeuge von VW sowie Erd- und flüssig gasbetriebene Fahrzeuge der Marke.
Welche Rechtswege Betroffene wählen, hängt davon ab, ob sie ihren Diesel nachrüsten oder loswerden wollen. Auch nach einem Software-Update ist Schadensersatz noch möglich und sinnvoll, auch angesichts drohender Diesel-Fahrverbote. Gerichtsverfahren gegen den Konzernriesen VW sind zwar aufwendig, aber auch vielversprechend. Nach Angaben des ADAC fielen im Dieselskandal von rund 1100 vorliegenden Urteilen etwa zwei Drittel zugunsten der Dieselfahrzeug-Käufer aus.
Eine Klage gegen VW hat gerade vor dem Hintergrund der aktuellsten Rechtsprechungen zum Thema gute Erfolgsaussichten. Dies liegt auch daran, dass die Gerichte sich bisher äußerst verbraucherfreundlich gezeigt haben. Nachdem durch den Europäischen Gerichtshof und den Bundesgerichtshof die verbraucherfreundlichen Urteile gestärkt und sogar ausgebaut wurden, erscheint eine Klage gegen VW nun noch sinnvoller als zuvor.
Prinzipiell sollten Sie als Verbraucher den Schaden, der durch eine bewusste Täuschung seitens VW entstanden ist, nicht auf sich sitzen lassen - immerhin geht es hier um hohe Summen. Mit einer Klage gegen den Hersteller sind Dieselbesitzer in der Situation, zumindest finanziell einen Ausgleich zu erfahren. Erfahren Sie in unserer Erstberatung, welcher Rechtsweg für Sie die meisten Vorteile bietet. Verfügen Sie über eine Rechtsschutzversicherung, sind mögliche Kosten für den Klageweg in der Regel abgedeckt. Klären Sie dies im Vorfeld direkt mit Ihrer Versicherung.
Sammelklagen im ursprünglichen Sinne, wie man sie vor allem aus den USA kennt, existieren in Deutschland nicht. Das liegt daran, dass unsere Rechtsprechung das juristische Prinzip der Betroffenheit einer ganzen Gruppe nicht anerkennt. Alternativ können sich betroffene Kunden aber einer Stiftung anschließen, die die Interessen deutscher Betroffener vertritt und so in deren Namen Schadensersatzforderungen geltend macht. Das Problem: Für Betroffene fallen zwar bei einem solchen Vorgehen in der Regel keine Kosten an, allerdings wird ein Teil des Gewinnes im erfolgreichen Klagefall einbehalten. Die Gewinnbeteiligung liegt in der Regel zwischen 15 und 35 Prozent. Es ist daher sinnvoll, selbst eine Klage gegen VW anzustreben – vor allem dann, wenn Sie über eine Rechtsschutzversicherung verfügen, die die Kosten für Sie trägt.
Die Teilnahme an einer Musterfeststellungsklage gegen VW war für Betroffene ebenfalls möglich. Allerdings hat der erste Verhandlungstermin dazu bereits stattgefunden. Eine weitere Anmeldung zum Verfahren ist daher nicht mehr möglich.
Wenn Sie vom VW Abgasskandal betroffen sind und Ihre rechtlichen Ansprüche gegen VW geltend machen möchten, sollten Sie dies nicht im Alleingang tun. Ein Anwalt im Dieselskandal hilft Ihnen dabei, den bürokratischen Dschungel zu überwinden und zu Ihrem Recht zu kommen. Um eine erste Einschätzung zum Sachverhalt zu erhalten, können Sie die KLUGO Erstberatung nutzen. Wir verbinden Sie mit einem Fachanwalt für Verkehrsrecht, der Ihnen die verschiedenen Optionen erläutert. Im Anschluss entscheiden Sie selbst, ob Sie die weitere Unterstützung des Rechtsexperten in Anspruch nehmen möchten.
Spätestens seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs ist klar: Betroffene vom VW Dieselskandal haben Anspruch auf Schadensersatz. Wie hoch dieser ausfällt und ob sich eine Klage lohnt, hängt jedoch immer vom Einzelfall ab.
Grundsätzlich erhalten Sie nicht automatisch einen Neuwagen, wenn Sie Ihren vom VW Abgasskandal betroffenen Wagen zurückgeben. Sie bekommen stattdessen den Kaufpreis erstattet, abzüglich einer Nutzungsentschädigung. Die Höhe der Nutzungsentschädigung hängt davon ab, wie viele Kilometer von der zu erwartenden Gesamtlaufleistung bereits gefahren wurden.
Von der Übermittlung der Klageschrift bis hin zum Urteil eines deutschen Gerichtes liegen derzeit ca. neun Monate. Die Prozessdauer unterscheidet sich jedoch von Gericht zu Gericht und kann daher nicht exakt benannt werden. Zudem stehen noch finale Entscheidungen des Bundesgerichtshofs aus – Gerichte in niedrigeren Instanzen fällen häufig erst im Anschluss ein finales Urteil.
Grundsätzlich erhalten Sie nicht automatisch einen Neuwagen, wenn Sie Ihren vom VW Abgasskandal betroffenen Wagen zurückgeben. Sie bekommen stattdessen den Kaufpreis erstattet, abzüglich einer Nutzungsentschädigung. Die Höhe der Nutzungsentschädigung hängt davon ab, wie viele Kilometer von der zu erwartenden Gesamtlaufleistung bereits gefahren wurden.
In der Regel werden die Kosten für eine Klage gegen VW von der Rechtsschutzversicherung übernommen. Ist dies bei Ihnen nicht der Fall oder haben Sie keine solche Versicherung, müssen Sie die Gerichtsgebühren und Kosten für den Anwalt sowie mögliche Zeugen oder Gutachten zunächst vorstrecken. Ist die Klage erfolgreich, muss jedoch die unterlegene Partei (VW-Konzern) diese Kosten nachträglich erstatten.
Trotz Verjährung besteht im VW Dieselskandal möglicherweise ein Restschadensanspruch. Betroffene müssen bei der Geltendmachung ihre Autos zurückgeben. Die bereits zurückgelegten Kilometer werden dabei vom Anspruch abgezogen.
Ist der Schadensersatzanspruch im VW Dieselskandal verjährt, haben Sie möglicherweise dennoch gute Chancen. Der BGH hat entschieden, dass auch nach der Verjährungsfrist noch ein Restschadensanspruch verbleibt. Halten Sie Rücksprache mit einem Fachanwalt für Verkehrsrecht, um diesen geltend zu machen.
Dann nutzen Sie einfach die KLUGO Erstberatung. Die Erstberatung ist ein Telefongespräch mit einem zertifizierten Anwalt aus unserem Netzwerk.
Beitrag juristisch geprüft von der KLUGO-Redaktion
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