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Tipps zum Anwaltswechsel Anwalt wechseln: So gehst du vor

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Du kannst deinen Anwalt wechseln, wenn du unzufrieden bist – allerdings hängen die zusätzlichen Kosten von den Gründen für den Wechsel ab. Hier findest du alle Informationen, um die richtige Entscheidung für deine Situation zu treffen.

von KLUGO
09.04.2019
8 Min Lesezeit

Anwalt wechseln Das Wichtigste in Kürze

  • Du kannst jederzeit deinen Anwalt wechseln, auch ohne triftigen Grund (§ 675, § 627 Abs. 1 BGB).

  • Führe ein Gespräch mit deinem Anwalt, um Unzufriedenheit zu klären. Bei weiterem Unwohlsein kannst du einen neuen Anwalt wählen.

  • Hole dir eine Zweitmeinung, bevor du den Anwalt wechselst, wenn du Zweifel an der Strategie hast.

  • Kündige das Mandat schriftlich und stelle sicher, dass keine Fristen verpasst werden.

Häufige Gründe für einen Anwaltswechsel

Es gibt sowohl objektive als auch subjektive Gründe, die zu einem Anwaltswechsel führen können. Manchmal passt das Zwischenmenschliche einfach nicht, und der Mandant fühlt sich aus subjektiven Gründen unzufrieden. Wenn beide Seiten sich unverstanden fühlen, kann dies den juristischen Prozess negativ beeinflussen. Oft gibt es aber auch klare, nachvollziehbare Gründe, die einen Wechsel notwendig machen.

Unzuverlässigkeit des Anwalts

Ein Anwalt kann unzuverlässig sein, wenn:

  • Er dich nicht regelmäßig über die neuesten Entwicklungen in deinem Fall informiert.

  • Wichtige Fristen oder Termine verpasst werden.

  • Er nicht alle relevanten Fakten in seine Arbeit einfließen lässt.

Laut § 11 Abs. 1 der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) ist der Anwalt verpflichtet, das Mandat zügig zu bearbeiten und den Mandanten über alle wesentlichen Vorgänge und Maßnahmen unverzüglich zu unterrichten.

§ 11 Abs. 1 BORA

(1) Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, das Mandat in angemessener Zeit zu bearbeiten und den Mandanten über alle für den Fortgang der Sache wesentlichen Vorgänge und Maßnahmen unverzüglich zu unterrichten.

Kommunikationsprobleme

Da viele Mandanten nicht mit den Fachbegriffen und Abläufen des Rechtswesens vertraut sind, kann es zu Missverständnissen kommen, wenn der Anwalt zu technisch oder unverständlich spricht. Mögliche Kommunikationsprobleme sind:

  • Du kannst die Rechnungen oder das Vorgehen des Anwalts nicht nachvollziehen und erhältst keine Erklärung.

  • Dein Anwalt ist schwer zu erreichen und reagiert nicht auf E-Mails.

  • Entscheidungen, wie zum Beispiel ein Vergleich, werden ohne vorherige Absprache mit dir getroffen.

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Kosten für den Anwaltswechsel

Wenn du beweisen kannst, dass dein Rechtsanwalt grob fahrlässig gehandelt hat, kannst du das Mandat sofort kündigen. In diesem Fall darf der Anwalt nicht mehr für dich tätig werden, und du musst ihn für seine Leistungen nicht bezahlen. Der Wechsel ist dann kostenfrei möglich.

Möglichkeiten, ein Fehlverhalten nachzuweisen:

  • Setze deinem Anwalt schriftlich Fristen. Werden diese nicht eingehalten, hast du einen Nachweis für seine Versäumnisse.

  • Sammle Dokumente, die belegen, dass der Anwalt nicht in deinem Sinne gehandelt oder die Sachlage falsch dargestellt hat.

Kostenfreier Wechsel nicht ohne triftigen Grund

Wenn du lediglich ein „ungutes“ Gefühl hast oder die Zusammenarbeit nicht harmonisch verläuft, kannst du den Anwalt trotzdem wechseln. Allerdings musst du ihn für bereits erbrachte Leistungen bezahlen. Ist der Gerichtsprozess schon weit fortgeschritten oder steht beispielsweise eine Scheidung kurz vor dem Abschluss, solltest du sorgfältig abwägen, ob ein Wechsel in dieser Phase sinnvoll ist.

Anwalt wechseln bei Kostenübernahme durch Dritte

Wenn die Verfahrens- und Gerichtskosten durch eine Rechtsschutzversicherung oder eine öffentliche Behörde übernommen werden, ist ein Anwaltswechsel schwieriger. In solchen Fällen müssen triftige Gründe vorliegen, damit die Versicherung oder Behörde die Kosten für einen zweiten Anwalt übernimmt.

Anwaltswechsel bei Verfahrenskostenhilfe

Hast du Prozesskostenhilfe bewilligt bekommen, ist ein Wechsel des Anwalts grundsätzlich möglich. Allerdings gibt es hier strenge Vorgaben:

  • Ein Anwaltswechsel ist nur dann zulässig, wenn auch jemand ohne Prozesskostenhilfe in der gleichen Situation wechseln würde.

  • Es muss ein nachweisbarer triftiger Grund vorliegen.

Da solche Gründe oft schwer nachzuweisen sind, übernimmt die Staatskasse in der Regel nur die Kosten für den ursprünglich beauftragten Anwalt. Solltest du das Mandat an einen anderen Anwalt übertragen, ohne dass ein triftiger Grund vorliegt, verlierst du den Anspruch auf weitere Prozesskostenhilfe.

Anwaltswechsel bei Rechtsschutzversicherung

Rechtsschutzversicherungen übernehmen häufig die Kosten für Anwälte, etwa bei Streitigkeiten nach Autounfällen oder Mietkonflikten. Ein Anwaltswechsel ist hierbei nicht vorgesehen, es sei denn, es gibt zwingende Ausnahmen:

  • Pflichten des Anwalts: Kann der Anwalt seine Pflichten nicht mehr erfüllen, darfst du ihn wechseln.

  • Mandatsniederlegung: Sollte der Anwalt seine Zulassung verlieren, die Kanzlei schließen oder das Mandat niederlegen (aus Gründen, die nicht bei dir liegen), übernimmt die Rechtsschutzversicherung weiterhin die Kosten.

Obliegenheitsverletzungen als Sonderfall

Falls dein Anwalt das Mandat niederlegt und dabei Obliegenheitsverletzungen seitens des Mandanten als Grund angibt, könnte die Versicherung die Kostenübernahme verweigern.

Obliegenheitsverletzungen: Versicherungsverträge regeln bestimmte Verhaltenspflichten, die der Versicherungsnehmer vor und nach einem Schadenfall einhalten muss. Werden diese verletzt, spricht man von einer Obliegenheitsverletzung, was in einer gerichtlichen Auseinandersetzung negative Folgen haben kann.

KLUGO Tipp:

Die Versicherung muss dir eine Obliegenheitsverletzung nachweisen. Gelingt dies nicht zweifelsfrei, ist die Versicherung weiterhin verpflichtet, die Kosten nach einem Anwaltswechsel zu übernehmen.

Anwalt wechseln So gehst du in der Berufungsphase vor

Wenn du mit dem Ausgang eines Prozesses unzufrieden bist und die Ursache dafür in der Leistung deines Anwalts siehst, kann es sinnvoll sein, für die Berufung oder Revision den Anwalt zu wechseln.

Das ist grundsätzlich möglich, erfordert jedoch schnelles Handeln: Nach der Strafprozessordnung muss die Berufung in Deutschland innerhalb einer Woche nach Urteilsverkündung eingelegt werden. Wenn ein neuer Anwalt die Berufung übernehmen soll, solltest du so schnell wie möglich einen passenden Anwalt finden – besonders, wenn der Wechsel nicht schon vor der Urteilsverkündung geplant war.

Um unnötige Kosten zu vermeiden, achte darauf, dass dein bisheriger Anwalt keine kostenpflichtige Prüfung der Erfolgsaussichten der Berufung durchführt.

Zweitmeinung statt Anwaltswechsel: Deine Möglichkeiten

Wenn du mit den Leistungen deines Anwalts unzufrieden bist, kann es sinnvoll sein, eine Zweitmeinung bei einem anderen Rechtsanwalt einzuholen. Manchmal liegt das Problem in der Kommunikation, etwa wenn dein Anwalt komplizierte juristische Begriffe nicht verständlich erklären kann. In solchen Fällen reicht es oft, einen zweiten Experten zu Rate zu ziehen – ein Anwaltswechsel ist dann vielleicht gar nicht notwendig.

Hast du Zweifel an der Strategie deines Anwalts? Besonders bei Verfahren, die große finanzielle oder persönliche Bedeutung haben, wie Scheidungen oder Sorgerechtsstreitigkeiten, kann eine juristische Zweitmeinung wichtige Klarheit schaffen.

Das Einholen einer Zweitmeinung ist eine beratende Tätigkeit. Die Kosten richten sich nach der tatsächlich erbrachten Leistung des zweiten Anwalts.

Falls du eine Rechtsschutzversicherung hast, beachte, dass die Kosten für eine Zweitmeinung in der Regel nicht übernommen werden.

§ 34 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG)

Ist im Fall des Satzes 2 der Auftraggeber Verbraucher, beträgt die Gebühr für die Beratung oder für die Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens jeweils höchstens 250 Euro; § 14 Abs. 1 gilt entsprechend; für ein erstes Beratungsgespräch beträgt die Gebühr jedoch höchstens 190 Euro.

So gehst du beim Anwaltswechsel richtig vor

Eine der häufigsten Situationen, in denen ein Anwalt konsultiert wird, ist die Scheidung. Ein solcher Prozess bringt oft emotionale und finanzielle Herausforderungen mit sich. Dein Anwalt sollte deine individuelle Situation ernst nehmen und deine Interessen bestmöglich vertreten.

Grundsätzlich hast du gemäß §§ 675, 627 Abs. 1 BGB jederzeit das Recht, das Mandat zu kündigen – und dafür ist nicht einmal ein besonderer Grund erforderlich. Der Grundsatz der freien Anwaltswahl gilt immer.

Wenn du deinen Anwalt aufgrund von Unzufriedenheit wechseln möchtest, mache dir zunächst die Gründe für deinen Wechsel bewusst. Falls der Wechsel notwendig ist, suche dir rechtzeitig einen neuen Anwalt, der deine Interessen vertritt. Der Übergang sollte nahtlos sein, um keine Fristen in laufenden Verfahren zu verpassen.

Checkliste: So wechselst du deinen Anwalt

  • Klärendes Gespräch führen: Sprich mit deinem Anwalt, setze ihm klare Fristen und vereinbare Ziele.

  • Neuen Anwalt suchen: Falls keine Besserung eintritt, kontaktiere einen neuen Anwalt und vereinbare ein Erstgespräch, um die Situation zu besprechen.

  • Mandat entziehen: Kündige das Mandat beim bisherigen Anwalt schriftlich, z. B. per E-Mail oder Post.

  • Nahtloser Übergang: Stelle sicher, dass dein neuer Anwalt sofort mit dem Verfahren weitermachen kann, damit keine Fristen versäumt werden

Sonderfall Scheidung:

Falls der Scheidungsbeschluss bereits verlesen wurde und du mit dem Ergebnis nicht zufrieden bist, kannst du innerhalb eines Monats Beschwerde einlegen. Vermutest du, dass die Leistung deines bisherigen Anwalts zu einem ungünstigen Ergebnis geführt hat, solltest du schnell handeln und einen neuen Anwalt beauftragen, um die Frist für die Beschwerde einzuhalten.

Wenn du Fragen zum Anwaltswechsel hast oder eine juristische Zweitmeinung benötigst, wende dich an KLUGO. Unsere erfahrenen Partner-Anwälte und Rechtsexperten stehen dir zur Seite und unterstützen dich bei deinem Anliegen.

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