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Abfindung: Anspruch und Sonderfälle
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Anspruch auf Abfindung: Wann besteht er?

STAND 03.07.2023 | LESEZEIT 8 MIN

Wird ein Arbeitsvertrag gekündigt oder aufgelöst, steht immer auch die Frage nach einer Abfindung im Raum. Doch Arbeitgeber zahlen nur ungern eine Abfindung – der Anspruch muss häufig rechtlich durchgesetzt werden.

Das Wichtigste in Kürze

  • In der Regel besteht für den Arbeitnehmenden kein Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung.
  • Arbeitgeber bieten freiwillige Abfindungen häufig im Rahmen eines Aufhebungsvertrags oder einer betriebsbedingten Kündigung an.
  • Ein Anspruch auf Abfindung kann sich auch aus einem betrieblichen Sozialplan, einem Tarifvertrag oder aus einem individuellen Arbeitsvertrag ergeben.
  • Einige Unternehmen leisten auch freiwillige Abfindungszahlungen aufgrund von Abwicklungs- oder Aufhebungsverträgen.
  • Die Höhe der Abfindung lässt sich über einen Abfindungsrechner herausfinden.
  • Die Abfindung muss wie eine Lohnzahlung versteuert werden.
Grundsätzlich hat ein Arbeitnehmer keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung. Der Arbeitgeber kann aber zur Abwendung vorhandener Risiken im Zusammenhang mit der Kündigung dem Arbeitnehmer einen Abfindungsvergleich anbieten. Der Arbeitnehmer akzeptiert dann die ausgesprochene Kündigung und scheidet aus dem Betrieb aus – im Gegenzug zahlt der Arbeitgeber ihm eine Abfindung."
Jochen Dotterweich
Rechtsanwalt

So gehen Sie vor, um Ihren Abfindungsanspruch herauszufinden

Möchten Sie Ihren Abfindungsanspruch berechnen, so sollten Sie einen Blick auf das gesamte Arbeitsverhältnis werfen. Der Anspruch steigt mit der Dauer, die Sie im Unternehmen verbracht haben. Pro Beschäftigungsjahr ist hier von einem halben Monatsgehalt auszugehen.

Dabei handelt es sich jedoch nur um einen Richtwert. Sie können auch direkt in die Verhandlung mit Ihrem Arbeitgeber gehen, um eine höhere Abfindungszahlung auszuhandeln.

Eine gute Grundlage für diese Verhandlung ist natürlich eine nicht rechtmäßige Kündigung. Hat Ihr Arbeitgeber Ihnen gekündigt, obwohl kein ausreichender Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht, oder stehen Sie unter einem besonderen rechtlichen Kündigungsschutz, so können Sie gegen die Kündigung vorgehen. Sind Sie dagegen mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses einverstanden, so können Sie eine hohe Abfindungszahlung aushandeln. Für die Verhandlungen können Sie einen Fachanwalt für Arbeitsrecht kontaktieren, der Sie bei der Berechnung unterstützt und so die höchstmögliche Abfindung für Sie erstreitet.

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Prüfen Sie auch Ihren Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag! In einigen Fällen ist der Abfindungsanspruch bereits darin geregelt. Grundsätzlich ausgeschlossen werden kann die Abfindung über den Arbeitsvertrag allerdings nicht.

Habe ich grundsätzlich Anspruch auf eine Abfindung?

In der Regel besteht für den Arbeitnehmenden kein Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung. Werden Sie jedoch aufgrund betriebsbedingter Gründe entlassen, kann sich unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch ergeben. Das gilt auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufgelöst wird und Sie im Gegenzug eine Abfindung fordern.

Wann besteht ein Anspruch auf Abfindung?

Wann genau ein Anspruch besteht, ist in § 1a KSchG geregelt. Grundsätzlich rechtfertigt lediglich eine betriebsbedingte Kündigung einen Anspruch auf Abfindung. Mit der Regelung des § 9 KSchG kommt zumindest noch ein Sonderfall hinzu, der ebenfalls eine Abfindung rechtfertigt.

Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes

Sie wurden entlassen, die Kündigung fällt allerdings unter das Kündigungsschutzgesetz? Um vom Kündigungsschutzgesetz geschützt zu werden, müssen sie seit mindestens sechs Monaten im Betrieb beschäftigt sein. Ferner muss der Betrieb über mehr als zehn Mitarbeiter verfügen, die in Vollzeit arbeiten – kleinere Betriebe sind nicht vom besonderen Kündigungsschutz des Kündigungsschutzgesetzes erfasst. Hier gilt die Sonderregelung einer Abfindung in Kleinbetrieben.

Handelt es sich bei Ihrer Kündigung um eine betriebsbedingte Kündigung, die also aus betrieblichen Gründen ausgesprochen wurde, so ist möglicherweise ein Anspruch auf Abfindung gegeben. Kündigt Ihnen der Arbeitgeber also aus betrieblichen Gründen und gibt innerhalb dieser den Hinweis auf eine Abfindung, können Arbeitnehmende eine Abfindung erhalten. Allerdings besteht der Anspruch nur, wenn der Arbeitnehmende im Gegenzug die Frist zur Kündigungsschutzklage verstreichen lässt. Hier sollte jeder Sachverhalt immer individuell betrachtet werden.

Befindet sich das Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten oder ist eine Umstrukturierung zum Erhalt des Unternehmens nötig, so handelt es sich um eine gute Grundlage für die Forderung einer Abfindung. Anders sieht es dagegen aus, wenn die Kündigung nicht auf betriebsbedingte Gründe zurückzuführen ist. Werden Sie aufgrund von Fehlverhalten am Arbeitsplatz gekündigt, zum Beispiel weil Sie Ihre Vorgesetzten beleidigt oder angegriffen haben, sieht zumindest der Gesetzgeber keine Abfindungszahlung vor.

Massenentlassungen

Von einer Massenentlassung spricht man, wenn innerhalb eines Unternehmens eine bestimmte Anzahl an Mitarbeitern innerhalb eines Zeitraums von 30 Tagen mehrere Beschäftigte entlassen werden. In einem Unternehmen mit mehr als 20 und weniger als 60 Angestellten müssen in dieser Zeit mindestens 5 Arbeitnehmer entlassen werden, damit von einer Massenentlassung die Rede ist. In einem Unternehmen mit mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern müssen mindestens 10 von 100 oder insgesamt mehr als 25 Arbeitnehmer entlassen werden, in einem Unternehmen mit mindestens 500 Arbeitnehmern müssen mindestens 30 Arbeitnehmer entlassen werden. Eine Massenentlassung rechtfertigt jedoch nicht automatisch eine Abfindung.

Eine Kündigung aufgrund von Massenentlassungen ist immer eine betriebsbedingte Kündigung, da der Kündigungsgrund nicht bei den entlassenen Personen direkt (verhaltens- bzw. personenbedingt) liegt. Häufig sind Massenentlassungen wirtschaftlicher Natur und dienen der finanziellen Verbesserung des Unternehmens. Vor einer solchen Kündigung muss eine Sozialauswahl stattfinden, bei der u. a. die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, mögliche Unterhaltspflichten und eine Schwerbehinderung einfließen.

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Massenentlassungen allein sind kein Grund für eine Abfindung. Diese kann jedoch gefordert werden, wenn die Sozialauswahl bei der Entlassung außer Acht gelassen wurde.

Wann zahlt der Arbeitgeber freiwillig eine Abfindung?

Obwohl es von Ausnahmefällen abgesehen keinen Anspruch auf Abfindung gibt, ist der Arbeitgeber dennoch häufig bereit, diese zu zahlen. Meist sind Abfindungen das Ergebnis von individuellen Verhandlungen zwischen Arbeitgeber oder Arbeitgeberin und Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerin. Es gibt auch Fälle, bei denen durchaus ein Anspruch auf eine Abfindung besteht. Dies gilt bei Sozialplanabfindungen, Nachteilausgleichsabfindungen und Abfindungen nach § 1a KSchG (siehe oben). Zusätzlich können weitere vertragliche Abfindungsansprüche in Frage kommen. Vertraglich geregelte Ansprüche gibt es meistens bei leitenden Angestellten.

Dennoch sind Arbeitgeber trotz des nicht vorhandenen Anspruchs von Arbeitnehmenden oft bereit, eine Abfindung zu zahlen. Mag widersprüchlich sein, ist letztendlich aber einfach zu erklären. Werden Arbeitnehmende gekündigt, haben diese die Möglichkeit, eine Kündigungsschutzklage zu erheben. Das Gericht entscheidet dann, ob ein Arbeitnehmender rechtmäßig gekündigt wurde oder nicht. Befindet das Gericht die Kündigung für unrechtmäßig und unwirksam, gilt das Arbeitsverhältnis als nie beendet und wird fortgesetzt. Gerade zu Beginn kann meist noch nicht abgesehen werden, wie der Prozess ausgehen wird. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass ein solcher Prozess Monate oder sogar Jahre dauert. Aus diesem Grund erscheint es sinnvoll, dass die Parteien im ersten Schritt versuchen, den Streit durch Verhandlungen und Abfindung einvernehmlich zu lösen.

Häufig entscheiden sich Arbeitgeber für eine freiwillige Zahlung einer Abfindung. Dies geschieht oft in Verbindung mit einem Aufhebungsvertrag. Das Ziel des Arbeitgebers bei einer Abfindungszahlung ist die Vermeidung einer Kündigungsschutzklage.

Als Arbeitnehmer sollten Sie gut überlegen, ob Sie sich auf einen Aufhebungsvertrag einlassen. Zwar erhalten Sie dadurch eine Abfindung, müssen aber mit negativen Konsequenzen wie einer Anrechnung der Abfindung auf das Arbeitslosengeld sowie einer dreimonatigen Sperre bei der Zahlung des Arbeitslosengeldes rechnen. Alternativ kommt auch eine Kündigungsschutzklage infrage, um so das Arbeitsverhältnis aufrechtzuerhalten. Lassen Sie die Stärke des Kündigungsschutzes und die Dauer der betrieblichen Zugehörigkeit in Ihre Entscheidung mit einfließen!

Wie hoch wird der Abfindungsanspruch ausfallen?

Sofern Sie als Arbeitnehmer freiwillig auf eine Kündigungsschutzklage verzichten und das Angebot einer Abfindung akzeptieren, können Sie eine Abfindungshöhe von einem halben Bruttomonatsverdienst pro Beschäftigungsjahr erwarten. In diese Berechnung fließen auch Krankheitszeit (auch dann, wenn Krankengeld gezahlt wurde), Elternzeit sowie Teilzeitbeschäftigungsperioden mit ein. Sofern bereits mehr als ein halbes Jahr eines angebrochenen Jahres verstrichen ist, wird das angefangene Jahr auf ein volles Jahr aufgerundet. Anteilig werden außerdem Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld hinzugerechnet. Als Grundlage der Berechnung dient immer das monatliche Einkommen vor Abzug der Steuern und Sozialversicherungsabgaben.

Anspruch auf Abfindung – Infografik
Anspruch auf Abfindung – Infografik

Möchten Sie Ihre Abfindung detailliert errechnen, so können Sie dazu unseren KLUGO Abfindungsrechner nutzen. Prüfen Sie in diesem Zuge auch, ob Sie die Steuer für die Abfindungszahlung senken können, indem Sie von der Fünftelregelung Gebrauch machen.

So hilft Ihnen ein KLUGO Partner-Anwalt weiter

Sie haben eine Kündigung erhalten und sind unsicher, ob Ihnen eine Abfindung zusteht? Sie möchten einen Aufhebungsvertrag mit Ihrem Arbeitgeber schließen und dafür eine Abfindung erhalten, den Vertrag aber zunächst prüfen lassen? Sie sind sich nicht sicher, ob die Abfindungshöhe korrekt ist oder ob Ihnen möglicherweise sogar mehr zusteht? In all diesen Fällen ist ein Fachanwalt für Arbeitsrecht für Sie der richtige Ansprechpartner. Im Rahmen der anwaltlichen Beratungen erfahren Sie genau, welche Ansprüche Sie haben und wie Sie diese am besten durchsetzen können.

Nutzen Sie die KLUGO Erstberatung, um eine erste Einschätzung zum Sachverhalt von unseren Rechtsexperten zu erhalten. Ob Sie im Anschluss von einem KLUGO Partner-Anwalt bei Abfindung vertreten werden möchten, um Ihre Abfindungsansprüche durchzusetzen, entscheiden Sie natürlich selbst.

FAQ – Anspruch auf Abfindung

Ein grundsätzlicher Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung besteht nicht.

Lediglich betriebsbedingte Kündigungen, unrechtmäßige Kündigungen mit Recht auf eine Kündigungsschutzklage und Aufhebungsverträge, die einvernehmlich geschlossen werden, können unter Umständen eine Abfindungszahlung rechtfertigen.

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Dann nutzen Sie einfach die KLUGO Erstberatung. Die Erstberatung ist ein Telefongespräch mit einem zertifizierten Anwalt aus unserem Netzwerk.

Beitrag juristisch geprüft von der KLUGO-Redaktion

Der Beitrag wurde mit großer Sorgfalt von der KLUGO-Redaktion erstellt und juristisch geprüft. Dazu ergänzen wir unseren Ratgeber mit wertvollen Tipps direkt vom Experten: Unsere spezialisierten Partner-Anwälte zeigen auf, worauf es beim jeweiligen Thema ankommt.