Rechtsthemen

Blog
Über uns
Business
Abfindung bei Kündigung wegen Insolvenz
THEMEN

Kündigung bei Insolvenzverfahren: Anspruch auf Abfindung?

STAND 25.11.2022 | LESEZEIT 8 MIN

Wenn ein Unternehmen in die Insolvenz geht, verlieren häufig auch die Arbeitnehmer ihren Job. Hier steht nun die Hoffnung im Raum, zumindest Anspruch auf eine Abfindung zu haben. Grundsätzlich haben Arbeitnehmer auch im Falle einer Unternehmensinsolvenz Anspruch auf eine Abfindung – allerdings nur unter bestimmten Umständen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Auch im Insolvenzfall besteht Anspruch auf eine Abfindung.
  • Ob sich die Anforderung durchsetzen lässt, hängt von den Finanzen des Unternehmens ab.
  • Abfindungsansprüche können als Insolvenzforderung oder Masseforderung geltend gemacht werden.
  • Bei Masseforderungen wird Ihre Abfindung bevorzugt ausgezahlt, im Falle einer Insolvenzforderung erfolgt die Zahlung aus dem verbliebenen Betriebsvermögen – geteilt mit allen anderen Gläubigern.

Besteht bei einem Insolvenzverfahren Anspruch auf Abfindung?

Arbeitnehmer haben auch dann Anspruch auf eine Abfindung, wenn die Kündigung im Unternehmen aufgrund einer Insolvenz erfolgt. Aber: Ein Insolvenzverfahren geht immer mit einer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Unternehmens einher. Damit die Abfindung für Arbeitnehmer auch im Insolvenzfall gezahlt werden kann, müssen also entsprechende Finanzen vorhanden sein. Weitere Besonderheiten gelten für die Abfindung in Kleinbetrieben.

Es ist nicht üblich, dass Abfindungszahlungen durch Arbeitgeber oder Insolvenzverwalter im Falle eines Insolvenzverfahrens gezahlt werden. Das Unternehmen steht ohnehin finanziell bereits schlecht dar und jede zusätzliche Belastung – und dazu zählt auch eine Abfindungszahlung – gilt es zu vermeiden.

Die Wahrscheinlichkeit, eine Abfindung bei einer Kündigung wegen eines Insolvenzverfahrens zu erhalten, ist größer, wenn der Anspruch nach Eintritt in das Insolvenzverfahren entstanden ist und er zu den sogenannten Masseverbindlichkeiten zählt."
Jan Reilbach
Rechtsanwalt

Ob für Arbeitnehmer Anspruch auf eine Abfindung im Insolvenzverfahren besteht, hängt davon ab, ob die Forderung zu den Insolvenzforderungen oder den Masseforderungen zählt.

Grundsätzlich besteht auch im Falle einer Insolvenz Anspruch auf eine Abfindungszahlung. Das hängt allerdings maßgeblich davon ab, aus welchen Gründen die Arbeitnehmer gekündigt wurden.

Welchen Unterschied gibt es zwischen Masseforderung und Insolvenzforderung beim Abfindungsanspruch?

Ob der Abfindungsanspruch im Falle eines Insolvenzverfahrens besteht, hängt davon ab, wann der Anspruch entstanden ist. So unterscheidet man zwischen sogenannten Insolvenzforderungen und Masseforderungen:

  • Insolvenzforderung: Wurde die Kündigung vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgesprochen, handelt es sich um eine sogenannte Insolvenzforderung. Je nach Anzahl der Gläubiger und verbliebenem Vermögen im Betrieb gibt es keine Garantie auf Zahlung der Abfindung. Wenn überhaupt, bekommen Sie lediglich einen prozentualen Anteil aus dem Restvermögen.
  • Masseforderung: Wurde die Kündigung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgesprochen, fällt der Abfindungsanspruch in die sogenannten Masseforderungen. Der Insolvenzverwalter ist also dazu verpflichtet, die Abfindung umgehend an die Arbeitnehmer auszuzahlen.

Damit im Rahmen einer Betriebsinsolvenz eine Abfindung gezahlt werden kann, sollte der Anspruch im günstigsten Fall erst nach Eintritt des Insolvenzverfahrens entstanden sein. Ist dies nicht der Fall, kann in der Regel nicht mit einer Abfindungszahlung gerechnet werden.

Wie hoch die Chancen auf Auszahlung der Abfindung sind, hängt davon ab, ob der Abfindungsanspruch bei Insolvenz zu den Insolvenzforderungen oder den Masseforderungen zählt. Nur bei den Masseforderungen ist es wirklich realistisch, dass Sie Ihre Abfindung erhalten.

In welchen Fällen ist eine Abfindungszahlung bei Betriebsinsolvenz möglich?

Wurde Ihnen aufgrund der Insolvenz gekündigt, so haben Sie durchaus Anspruch auf eine Abfindungszahlung. Nur die Insolvenz in der Kündigung als Grund aufzuführen, ist rechtlich jedoch nicht zulässig. Weitere Gründe, die einen Austritt aus dem Unternehmen rechtfertigen, können die Kündigung jedoch rechtswirksam machen. In einem solchen Fall handelt es sich dann um eine betriebsbedingte Kündigung.

Anspruch auf Abfindung bei Insolvenz – Infografik
Anspruch auf Abfindung bei Insolvenz – Infografik

Abfindung bei einer betriebsbedingten Kündigung

Diese Fälle rechtfertigen eine betriebsbedingte Kündigung des Arbeitnehmers:

  • Rationalisierungsmaßnahmen: z. B. dann, wenn Abteilungen zusammengelegt oder aus dem Unternehmen gestrichen werden
  • Umstrukturierungsmaßnahmen: z. B. dann, wenn künftig Freelancer oder andere Unternehmen mit diesen Geschäftsbereichen betraut werden, auch als Outsourcing bezeichnet
  • Stilllegungsmaßnahmen: z. B. dann, wenn bestimmte Abteilungen des Unternehmens gänzlich schließen müssen, um Kosten einzusparen

Eine Kündigung ist aber in solchen Fällen auch nur dann möglich, wenn die zu entlassenden Mitarbeiter an keiner anderen Stelle des Unternehmens beschäftigt werden können. Außerdem ist die Grundlage der Kündigung immer eine zuvor zu treffende korrekte Sozialauswahl.

Trifft auf Ihre Kündigung keiner dieser Fälle zu und Sie werden dennoch entlassen, haben Sie auch im Falle einer Insolvenz Anspruch auf eine Abfindung. Damit dieser Anspruch durchgesetzt werden kann, müssen Sie beim zuständigen Arbeitsgericht innerhalb einer dreiwöchigen Frist nach Kündigungszugang eine Kündigungsschutzklage einreichen. Durch das Gericht wird im Anschluss geprüft, ob die Kündigung rechtmäßig war und ob Sie Anspruch auf eine Abfindungszahlung haben. Sie könnten alternativ mit Ihrem Arbeitgeber sprechen und anbieten, die Kündigungsschutzklage zurückzuziehen, wenn Sie im Gegenzug eine Abfindung erhalten.

klugo tipp

Wenn Sie im Falle einer betriebsbedingten Kündigung Ihren Anspruch auf Abfindung durchsetzen möchten, müssen Sie in der Regel vor dem zuständigen Arbeitsgericht klagen. Dazu reichen Sie innerhalb einer Frist von drei Wochen nach Zugang der Kündigung eine Kündigungsschutzklage ein.

Abfindung nach einem Aufhebungsvertrag

Wurden Arbeitnehmer nach der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens dazu aufgefordert, einen Aufhebungsvertrag mit Abfindung zu unterzeichnen, so ist die Kündigung ebenfalls rechtmäßig – denn Sie haben der Kündigung explizit zugestimmt. Ist dies der Fall, fällt der Anspruch auf Abfindungszahlungen unter die sogenannten Masseverbindlichkeiten. Masseverbindlichkeiten müssen gemäß § 53 InsO bevorzugt ausgezahlt werden. Damit wird Ihr Anspruch höher eingestuft als der Anspruch anderer Gläubiger. Sie sind nicht von einer prozentualen Abfindung vom übrigen Betriebsvermögen abhängig, sondern haben Anspruch auf die im Aufhebungsvertrag vereinbarte Summe. Aber Achtung: Lassen Sie sich auf einen Aufhebungsvertrag mit Ihrem Arbeitgeber ein, wird Ihnen möglicherweise zunächst das Arbeitslosengeld gekürzt und eine Sperrzeit eingeräumt. Wägen Sie daher ab, ob ein Aufhebungsvertrag oder eine Kündigung die bessere Wahl ist.

Die Auszahlung der Abfindung als Masseverbindlichkeit findet im Falle einer Insolvenz nicht mehr durch Ihren Arbeitgeber statt, sondern wird direkt durch den Insolvenzverwalter an Sie ausgezahlt. Der Insolvenzverwalter muss Ihnen die Abfindung in voller Höhe auszahlen. Falls der Insolvenzverwalter die Auszahlung aus finanziellen Gründen verweigert, können Sie Ihren Anspruch vor dem zuständigen Arbeitsgericht einklagen. Hierbei ist es sinnvoll, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht an Ihrer Seite zu haben, der sich mit den Besonderheiten eines Abfindungsanspruches im Insolvenzfall auskennt.

Wann ist keine Abfindungszahlung bei Insolvenz möglich?

Haben Sie den Aufhebungsvertrag schon vor Beginn des Insolvenzverfahrens vereinbart und bisher noch keine Auszahlung erhalten? Dann stehen die Chancen, die Abfindungszahlung noch zu erhalten, sehr schlecht. In diesem Fall zählt Ihr Abfindungsanspruch nicht zur Masseverbindlichkeit, sondern wird als herkömmliche Insolvenzforderung betrachtet – also als einer von zahlreichen Ansprüchen innerhalb der Insolvenzmasse. Ihre Forderungen befinden sich nun auf einer langen Liste mit zahlreichen weiteren Gläubigern, die ebenfalls Zahlungen des Unternehmens einfordern. Damit erhalten Sie aus dem verbliebenen Vermögen des Unternehmens einen prozentualen Anteil, ebenso wie alle anderen Gläubiger.

Wenn die Abfindungszahlung vor der Insolvenz des Betriebes vereinbart wurde, ist Ihr Arbeitgeber mit großer Sicherheit nicht mehr dazu in der Lage, Ihre Abfindungszahlung zu begleichen. Lediglich ein prozentualer Anteil aus dem Restvermögen kann noch an Sie ausgezahlt werden.

Wie können Sie trotz Zahlungsunfähigkeit des Arbeitnehmers doch noch eine Abfindung erhalten?

Achten Sie im Unternehmen auf Anzeichen für eine drohende Insolvenz. Das können zum Beispiel verspätete oder ausbleibende Lohnzahlungen sein, aber auch vermehrte Forderungen durch Lieferanten oder Dienstleister. Sofern Sie bereits Anzeichen für eine drohende Insolvenz wahrnehmen können, fordern Sie von Ihrem Arbeitgeber beim Unterzeichnen eines Aufhebungsvertrages oder im Falle einer betriebsbedingten Kündigung die frühzeitige Auszahlung der Abfindung ein.

Ist das nicht möglich, können Sie sich im Aufhebungsvertrag eine sogenannte Rücktrittsklausel einräumen lassen: Sofern die vereinbarte Abfindungszahlung nicht rechtzeitig erfolgt, haben Sie damit das Recht, vom Aufhebungsvertrag zurückzutreten. Damit gelten Sie wieder offiziell und rechtswirksam als Angestellter des Unternehmens und haben dementsprechend auch Anspruch auf Lohn- oder Gehaltszahlungen.

Alternativ vereinbaren Sie mit Ihrem Arbeitgeber eine sogenannte Ausstiegsklausel, die Sie dazu berechtigt, jederzeit und ohne Angabe von Gründen das Arbeitsverhältnis zu beenden. In diesem Fall steht Ihnen ab dem Zeitpunkt der Kündigung die vertraglich vereinbarte Abfindung zu.

klugo tipp

Damit Sie im Falle einer Insolvenz nicht auf Ihre Abfindung verzichten müssen, sollten Sie schon vor dem Unterzeichnen von Aufhebungsvertrag oder der Kündigung Rücksprache mit einem Fachanwalt für Arbeitsrecht halten. So sind Sie im Zweifelsfall auf der sicheren Seite und können Ihren Anspruch auf Abfindungszahlungen bei Insolvenz durchsetzen.

So hilft Ihnen ein KLUGO Partner-Anwalt weiter, wenn Sie Ihre Abfindungsansprüche bei Insolvenz durchsetzen möchten

Sie möchten Ihren Abfindungsanspruch trotz Insolvenz Ihres Arbeitgebers durchsetzen? Dann sollten Sie zunächst von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen lassen, ob Sie Anspruch auf eine Abfindungszahlung haben und wie die Chancen stehen, diese Zahlung tatsächlich zu erhalten. Zunächst sollten Sie prüfen, ob Ihr Abfindungsanspruch aus den Masseforderungen oder den Insolvenzforderungen des Unternehmens beglichen wird. Hier hilft Ihnen ein erfahrener KLUGO Partner-Anwalt oder Rechtsexperte für Arbeitsrecht weiter, der sich auf Abfindungsansprüche spezialisiert hat.

Jetzt Hilfe vom Rechtsexperten erhalten

Erstberatung erhalten

Wenn Sie sich für eine umfassende Beratung durch unsere Rechtsexperten interessieren, können Sie ganz einfach die telefonische Erstberatung von KLUGO nutzen. Hier verbinden wir Sie mit unseren Partner-Anwälten, spezialisiert auf Ihr Themengebiet, damit Sie eine erste Einschätzung zum Sachverhalt erhalten. Im Anschluss entscheiden Sie natürlich selbst, ob Sie eine umfassende Beratung durch unsere Rechtsexperten in Anspruch nehmen möchten.

FAQ: Abfindung bei Insolvenz

Eine Insolvenz allein ist kein Kündigungsgrund. Ob Anspruch auf eine Abfindung besteht, hängt daher von anderen Faktoren ab.

Sie können sich mit Ihrem Arbeitgeber auf einen Aufhebungsvertrag einigen, der eine Abfindungszahlung enthält. Wurden Sie nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens regulär gekündigt, können Sie die Abfindungszahlung vor dem zuständigen Arbeitsgericht einklagen.

Das hängt von den Umständen ab. Fällt Ihre Forderung zu den Masseforderungen, steht Ihnen die Abfindungssumme in voller Höhe zu. Fällt Ihre Forderung allerdings zu den Insolvenzforderungen, werden Sie nur einen prozentualen Anteil am verbliebenen Betriebsvermögen erhalten.

Wenn Ihre Forderung zu den Masseforderungen zählt, ist der Insolvenzverwalter dazu verpflichtet, die Abfindung in voller Höhe umgehend an Sie auszuzahlen. Bei Insolvenzforderungen ist dies nicht der Fall.

Sie haben eine Rechtsfrage?

Dann nutzen Sie einfach die KLUGO Erstberatung. Die Erstberatung ist ein Telefongespräch mit einem zertifizierten Anwalt aus unserem Netzwerk.

Beitrag juristisch geprüft von der KLUGO-Redaktion

Der Beitrag wurde mit großer Sorgfalt von der KLUGO-Redaktion erstellt und juristisch geprüft. Dazu ergänzen wir unseren Ratgeber mit wertvollen Tipps direkt vom Experten: Unsere spezialisierten Partner-Anwälte zeigen auf, worauf es beim jeweiligen Thema ankommt.